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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Namen zu verbinden.« Er zog aus dem hinteren Teil der Akte zwei fotokopierte Formulare heraus. »Hier ist ein Arztbericht, der das bestätigt. Farbenasthenopie. Er gilt als teilweise sehbehindert.« Er sah zu Caffery auf. »Ah. Das schien Ihnen Sorgen gemacht zu haben.«
    Caffery strich sich erschöpft übers Gesicht. »Nein, nein. Keine Sorgen. Es hat das Leben nur ein bißchen schwerer gemacht.« Er streckte Bliss die Hand entgegen. »Danke für Ihre Hilfe, Mr. Bliss, tut uns leid, Ihnen Mühe gemacht zu haben.«
    »Aber das war doch keine Mühe, keineswegs.« Bliss sprang auf und ergriff Cafferys Hand. Es war ein warmer, leicht feuchter Händedruck. »Zögern Sie nicht, wenn Sie noch mehr Fragen haben. Wendy wird Ihnen helfen, wenn ich nicht da bin. Ich habe ab morgen meinen Jahresurlaub.«
    »Danke«, sagte Caffery teilnahmslos. »Irgendein besonderer Anlaß?«

    »Ja, in der Tat.« Bliss setzte sich hinter seinen Schreibtisch, streckte die Arme aus, verschränkte die Finger und ließ die Glieder knacken. »Mein Geburtstag!«

44. KAPITEL
    N achdem Detective Inspector Caffery gegangen war, lehnte sich Bliss in seinem Stuhl zurück und starrte lange auf die Tür. Obwohl er neues Zutrauen gefaßt hatte, beschwingt war und vor Erregung summte, plagte ihn zuweilen plötzlich eine unerklärliche Angst. Die Besuche von Detective Caffery machten die Sache nicht besser. Wenn diese Angst ihn packte, war er wütend auf Harteveld, daß er ihn in diese Lage gebracht hatte.
    »Aber andererseits, Harteveld« , murmelte er vor sich hin, »an wen sonst hättest du dich wenden können, wenn du mit einem durchgebumsten toten Mädchen dagesessen bist?«
    »Du bist der einzige Mensch, der mir helfen kann. Das Undenkbare ist geschehen.«
    Es war Dezember gewesen, als Harteveld in den frühen Morgenstunden zu ihm kam, den Cobra in die Garage fuhr und Bliss die menschengroße Puppe im Kofferraum zeigte. Ein dickes Mädchen.
    »Schottin. Sie kommt aus Glasgow, glaube ich.«
    Von Kopf bis Fuß in Klarsichtfolie eingewickelt.
    »Ich habe sonst nichts gefunden, worin ich sie einpacken konnte, ich will keine Spuren im Wagen.«
    »Hast du sie gebumst ?«
    Geld wechselte den Besitzer, die Puppenfrau wurde auf sein Bett gelegt. Harteveld drückte Bliss die Hände, er wand sich unter der Berührung, scheußlich .
    »Du bist der einzige, der es versteht.« Harteveld zuckte. »Ich weiß, daß du das kannst, weil ich, ehrlich gesagt, dazu nicht in der Lage bin.«

    Nachdem Harteveld gegangen war, schloß Bliss die Tür, ging in der Wohnung auf und ab, kaute an der Innenseite seiner Backe und trank Cherry Brandy. Eine Weile redete er mit sich selbst und sagte stockend sinnloses Zeug vor sich hin.
    Sie lag im Schlafzimmer, mit dem Gesicht nach unten, wie Harteveld sie abgeworfen hatte, ihre Hände waren unter dem Bauch gefaltet, ihr Gesicht unter der Folie war verschmiert und platt gedrückt. Die Folie gefiel ihm, ihm gefiel die Art, wie sie davon zusammengehalten wurde. Selbst wenn sie am Leben gewesen wäre, hätte sie sich nicht wehren können. Er leckte sich über die Lippen, und auf seiner Stirn stand leichter Schweiß, als er zum Bett hinüberging und begann, sie auszuwickeln, ihre Arme aufzufalten, sie umzudrehen und genauer in Augenschein zu nehmen.
    Sie hatte eine Tätowierung auf dem Unterarm. Auf der Vorderseite war die Totenblässe nur leicht ausgeprägt, aber der Hauptteil des Blutes war in die Rückseite der Schenkel, ins Gesäß und die Schultern gesunken. Harteveld mußte sie einige Zeit auf dem Rücken liegengelassen haben.
    »So ist’s recht. Du legst einfach ein wenig die Beine hoch.« Er bohrte den Finger in die zerstochenen Schenkel und lächelte. »Du großtittige Sau.«
    Ein ungeheuer belebendes Gefühl stieg aus seiner Magengrube auf. Die Sache erinnerte ihn an die Universität, an die erste freudvolle Erfahrung, daß Tote sich nicht wehren können, wenn sie gestoßen, gedrückt, beleidigt, bespuckt und gebumst werden. Er konnte sich auf ihr Gesicht, in ihren Mund, auf ihr Haar ergießen. Sie würde sich gegen nichts wehren. Eine große Puppe mit saftigem Mund, die ganz allein ihm zur Verfügung stand.
    Doch dann fiel ihm erschauernd ein, daß sie bereits benutzt worden war, Harteveld hatte alle diese Dinge bereits mit ihr getan. Es waren vielleicht Spuren von ihm zurückgeblieben. Er eilte ins Badezimmer, um eine Schüssel, ein Stück Wright’s Kernseife und einen Waschlappen zu holen. Jonis Fotografie,
die, hundertfach

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