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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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streckten, verblüfft von dem Lärm, die Köpfe heraus. »Ich werde beweisen, daß Sie die falsche Person im Visier haben, Superintendent Maddox, ich werde beweisen, daß sie nicht einmal schwarz ist!«
    Aber Maddox ging weiter. Der Tieflader legte den Gang ein, und Geminis GTI, über den eine weiße Plane gelegt worden war, paradierte wie ein indischer Hochzeitszug durch die Straßen von Deptford.
     
    Das Pub war leer. Ein Schäferhund, der den Kopf auf die Pfoten gelegt hatte, schlief neben einem Gasbrenner und öffnete ein Auge, als Caffery die Bar betrat. Betty, die Barfrau, die eine tief ausgeschnittene Nylonspitzenbluse trug und um deren Hals eine große Brille an einer Kette hing, machte sich nicht die Mühe, ihn zu begrüßen. Sie drückte ihre Zigarette aus und stand, die Hand mit den lackierten Fingernägeln leicht auf die Bierhähne gelegt, einfach da und wartete, daß er das Wort ergriff.
    Caffery zückte seinen Ausweis. »Der Bulle wieder.«
    »Ja, ich erinnere mich. Wollen Sie was trinken oder nicht?«
    »Ja. Ein …« Es gab keinen unverschnittenen Malt in diesem Pub. »Ein Bells.« Er suchte in den Taschen nach Kleingeld.
»Wie läuft das Geschäft?«
    »Sehen Sie sich um. Die Reporter sind hier eingefallen und haben die Hälfte der Freier vertrieben.«
    »Haben Sie mit ihnen gesprochen?«
    Betty schnaubte, und ihre langen Türkisohrringe zitterten. »Ich hab’ ihr dreckiges Geld nicht nehmen wollen, ich wünschte, nichts von alledem wäre je passiert.«
    »Das wünschen wir uns alle.« Caffery setzte sich auf den Hocker. »Betty, erinnern Sie sich an den Jungen, den wir hier vernommen haben?«
    »Den jungen Farbigen? Der, der abgehauen ist?«
    »Ja.«
    »Das ist Gemini. Die geben ihren Kindern vielleicht komische Namen, was? Hör’n Sie.« Sie winkte ihn mit ihrer blaugeäderten Hand näher heran. Es war sonst niemand im Pub, aber es schien ihr zu gefallen, daß Caffery sich nahe heranbeugte, um ihr Flüstern zu hören. »Dieser Gemini …« Sie legte die Hand um ihr Handgelenk. »Die Zeitungen behaupten, die Mädchen seien süchtig gewesen, wissen Sie, Drogen.«
    »Ja.«
    »Nun, Sie müssen sie ja irgendwo herkriegen, oder?« Sie tippte sich verschwörerisch an die Nase. »Und das ist alles, was ich sage.« Sie wischte mit einem Tuch ein Glas aus, hob es an die Augen und stellte es vor ihn hin. »Er tut so, als würde er sie bloß fahren, aber ich bin ja nicht blind, ich weiß, daß sie dann ihre kleinen, Sie wissen schon, ihre Geschäfte machen können.«
    »Kennt Joni ihn?«
    »Natürlich.« Betty zwinkerte ihm zu, und Caffery kam in den vollen Genuß ihrer Augenlider, die aufleuchteten wie der Bauch eines Eisvogels. »Sie wurde immer von Gemini gefahren. Sie und Pinky, wenn sie ihr Fahrrad nicht dabeihatte.«
    »Sie und wer ?«
    »Sie wurde Pinky genannt, als sie noch arbeitete.«
    »Rebecca«, murmelte er, seltsam verlegen ihretwegen.
    »Ja, genau. Sie ist jetzt Künstlerin. Sie sitzt mit ihren Farben
immer in dieser Ecke in der Bar, ist todernst bei der Sache und sagt den ganzen Nachmittag kein Wort.«
    Plötzlich sprang der Schäferhund auf und knurrte. Caffery sah sich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie die Tür zuging und der Schatten eines Mannes hinter der Milchglasscheibe verschwand.
    »Komm rein, mein Lieber, es ist offen«, rief Betty, warf sich das Tuch über die Schulter und kam hinter dem Tresen hervor. Sie öffnete die Tür, blieb einen Moment stehen, kaute an ihren Nägeln und starrte auf die Straße hinaus, bevor sie aufgab und die Tür wieder zufallen ließ.
    »Einer der Stammgäste. Er muß Sie gesehen und gedacht haben, Sie sind einer von der Zeitung.« Sie nahm sein Glas, wischte über die Bar und stellte es auf einen frischen Untersetzer. »Entweder das, oder er wußte, daß Sie ein Bulle sind.«
    Der Hund setzte sich neben den Heizofen, kratzte sich mit einem struppigen Hinterbein am Ohr und kniff vor Behagen die Augen zu.
     
    Als Caffery ging, waren die Straßen leer. Die Gehsteige waren trocken, aber von den Bäumen tropfte es noch, und aus den Ritzen zwischen den Pflastersteinen krochen Regenwürmer. Plötzlich bemerkte er einen Schatten auf dem Pflaster, der mit ihm Schritt hielt, und er hörte das leise Knirschen einer Fahrradgangschaltung. Er drehte sich um.
    »Tag, Detective.«
    Rebecca hielt an und stellte ein Bein auf den Gehsteig, um das Gleichgewicht zu halten. Sie trug braune Shorts, einen losen naturfarbenen Pullover, und ihr langes Haar war zu

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