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Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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begeistert von sich: ein großer Wurf. Ein mutiges Werk, das soziale Beobachtungsgabe, philosophische Tiefe und gesellschaftskritischen Mut vereinte zu einer erschreckend realistischen Vision des Deutschland 2020, mit der er den Verlustängsten der bürgerlichen Stände ein neues Ventil gab. Eine einzigartige Chance: Auflagenmillionär, Haltungsgott und Medienstar - endlich raus aus dem PR-Mief. Dorothea würde stolz auf ihn sein - sie hasste den Pöbel und sah ihn auch zu Höherem berufen. Die Welt sollte endlich mal sehen, was für ein Kerl er war.
    Mit diesem Text würde er heute glänzen, beim Brainstorming. Vielleicht konnte er das Papier in der Agentur verteilen oder wenigstens unauffällig liegen lassen, so als habe er es einfach nur vergessen. Alle würden sich darauf stürzen, sobald er verschwunden war. Er spürte, dass etwas Großes im Werden begriffen war.

    Es roch ein bisschen komisch, registrierte Lars benommen, als er aus einem Albtraum erwachte. Es könnte sein eigener Atem sein. Der Mundraum war mit Pelz ausgelegt, Restpelz vom Vorabend. Neulich hatte Lars ein Schamhaar in seinen Backenzähnen gefunden. Anhand von Länge, Stärke und Farbe hatte er versucht, herauszufinden, wem es gehören könnte. Der Kreis der Verdächtigen war relativ klein, viele Frauen trugen ja gar keine mehr.
    Lars schwitzte. Er war im Traum an einer Tankstelle gewesen und hatte mit dem Chef ein Personalgespräch geführt. In seinem Cabrio saß Sandra, am Steuer. Neben ihr lümmelte lässig Sandy, die aber aussah wie Jasmin. Sie hatte
einen Arm um Sandra gelegt, beide waren nackt. Sandra löste mit entschlossenem Blick die Bremse und setzte an, ihn und den Chef zu überfahren. Da war er aufgewacht, nass geschwitzt.
    Sein Herz pumpte schwer. Man konnte auch in seinem Alter einen Herzinfarkt kriegen, ohne Vorwarnung. Er dachte in letzter Zeit oft darüber nach, wenn er in seinem Gym auf dem Laufband stampfte. Die Leichtigkeit von früher war dahin. Und neulich hatte er links so komische Stiche. Links! Auf der gefährlichen Seite. Er durfte nicht mehr so oft ausgehen. Der steckte das alles nicht mehr so leicht weg, der verdammte Körper, Regeneration dauerte länger als früher.
    Die kleine, süße, blonde Cindy mit dem Bauchnabelpiercing an der Vitaminbar neben den Freihanteln hat ihn vorgestern gefragt, ob er nicht langsam mal mit Marathon anfangen wollte, das sei doch die beliebteste Sportart für Männer ab vierzig. Angelacht hatte sie ihn dabei mit ihren gebleachten Zähnen. Da wusste er, dass er sich seine Anbaggerversuche sparen konnte. Und auch die Brust nicht mehr so anspannen musste, wenn er an ihr vorbei ging. Lars rief in seinem Büro an, aber nur in der Zentrale, er konnte jetzt nicht mit Jasmin sprechen, noch nicht, auf keinen Fall. Er sagte in der Zentrale Bescheid, dass er überraschend noch einen Außentermin bekommen habe, er schaue später noch mal rein.
    Lars tat alles weh nach seinem kurzen Schlaf im Auto. Er fühlte sich alt und eingerostet. Er verabredete per SMS ein Doppeldate für den Abend: Doro und ihre Freundin Nicky. Danach checkte er die Anrufliste im Handy. Das tat er mindestens einmal täglich, sonst verlor er völlig den Überblick. So wie jetzt. Er hatte die Anrufe zwei Tage lang einfach vergessen, nur zwischendurch die SMS abgerufen.
Achtundvierzig Stunden ohne Kontrolle. Dabei konnte er sich kaum merken, was er vor acht Stunden getan hatte. Manchmal dachte er schon an Alzheimer. Die Klubnacht und der anschließende Quickie hatten dann alles komplett durcheinandergebracht, wie sollte er da jemals wieder durchblicken.
    Er ging die Liste durch. Au weia. Rita, Sandy, Jasmin und eine 0190-Nummer, angerufen letzte Nacht. Und zwar um 4 Uhr 12, 4 Uhr 18, 4 Uhr 32 und um 5 Uhr 12. Das Letzte war eine seiner Sexhotlines, das war egal, aber die anderen?! Hatte er mit ihnen gesprochen? Er konnte sich an nichts erinnern, völlig hacke. An die Gespräche mit Katrin und Nina davor schon. Danach: ein fürchterliches Loch. Um 5 Uhr 12, war er da nicht schon mit dieser, wie hieß sie noch, Sandra, unterwegs gewesen?
    Er checkte die Gesprächsdauer. Zweimal anscheinend sofort aufgelegt, beim dritten Anruf, dem bei Jasmin, vier Minuten geredet. Mit wem? Mit ihr? Oder ihrem Anrufbeantworter? Er wusste nicht, was er schlimmer finden sollte. Sie hatte sich heute Morgen im Büro zumindest nichts anmerken lassen.
    Sein Kopf fiel zurück. Und wer war überhaupt diese Sandy? Wer hatte ihre Nummer in seinem Handy

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