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Der Vormacher

Der Vormacher

Titel: Der Vormacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferdinand Decker
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halte es nicht mehr aus.
    Emil! Jeder andere, nur nicht dieser karrieregeile Aufschneider, dieser Windbeutel, dieses Großmaul! Ich rapple mich auf, ich renne zur Tür hinaus, die Treppe hinab, nur weg aus diesem Haus, nur weg, ich springe ins Auto und fahre in die Nacht hinein. Vor meinen Augen sehe ich immer wieder dasselbe Bild, Emils behaarter Bauch, sein dummes, wollüstiges Gesicht, dann Theodora, vor ihm auf den Knien, vor Emil auf den Knien. Emils dunkles Stöhnen dröhnt in meinen Ohren, ich kann mich noch so oft darüber lustig machen, die Tatsache bleibt: Er fickt sie und ich nicht. Was Theodora sich wohl gedacht hat? Dachte sie, ich würde die ganze Nacht wegbleiben? Dachte sie, ich schliefe schon und würde nichts mitbekommen? Oder hat sie der Gedanke aufgegeilt, dass ich im Nebenzimmer liegen könnte, zum Mithören verdammt? Hat sie rausgekriegt, dass ich sie heimlich beobachtet habe, und will sie sich so an mir rächen? Oder glaubt sie gar, mir einen Gefallen zu tun, denkt sie, dass ich mir in meinem Zimmer, allein auf Johanns Hochbett, einen runterhole zu ihrer Orgie nebenan? Oder hat sie gar nicht darüber nachgedacht, wurde sie von ihrer Leidenschaft, wie es so schön heißt, übermannt, hat sie sich einfach gehen lassen? Ob sie ihm erst mal einen geblasen hat? Ich sehe ihn vor mir, Emil, verschwitzt, sicher ungewaschen, auf ihrer Bettkante, er drückt ihren zarten Kopf mit dem glatten, braunen Haar nach unten, er grunzt wohlig, während sie seinen dicken, hässlichen, wurstartigen Schwanz bearbeitet. Bestimmt hat er sie erst geküsst, hat er mit ihren Brüsten gespielt, vielleicht ist er ja ein besonders guter Liebhaber, ein ganz raffinierter Bettkünstler, ein Tantrameister, vielleicht besorgt er Theodora den Fick ihres Lebens. Eines steht fest: Ich bin kein Bettkünstler. Ich bin ein einsamer Irrer, der sich einbildet, die Frauen liefen ihm hinterher, dabei will keine etwas von mir wissen außer der armen alten, kranken Jana. Ich weiß nicht, was mich überkommt, aber plötzlich breche ich in Tränen aus. Irgendwo halte ich an, ich lege den Kopf aufs Lenkrad und heule, bis ich nicht mehr kann. Als ich mich wieder beruhigt habe, trockne ich mein Gesicht mit den Ärmeln ab. Das Schlimmste ist die Einsamkeit. Kein Freund, zu dem ich flüchten kann.
    Da erst wird mir klar, wohin ich gefahren bin. Ich stehe auf dem Parkplatz vor dem Büro. Die Uhr zeigt eins. Ich habe eine Idee. Ich gehe zu Fritz. Er ist bestimmt noch wach. Ich kann mich bei ihm aufs Sofa setzen, ich erzähle ihm alles, und dann betrinken wir uns. Und wirklich, als ich vor dem Imbiss stehe, sehe ich das Licht im ersten Stock, es schimmert durch die Rollladenschlitze. Die Klingelknöpfe sind unbeschriftet, aber die Haustür lässt sich aufdrücken. Das Licht im Hausflur springt von selbst an. Als ich vor der Wohnungstür stehe, zögere ich. Was wird Fritz von mir denken? Was sagt das über mich selbst, wenn ich zu einem beinahe Unbekannten gehe, um mich auszusprechen? Warum habe ich eigentlich keine Freunde? Bevor ich mich in diesen Gedanken verlieren kann, drücke ich die Klingel. Nichts passiert. Ein zweites Mal klingeln will ich nicht, vielleicht schläft er ja doch schon und hat das Licht aus Versehen angelassen. Als ich den Fuß wieder auf die Treppe gesetzt habe, öffnet sich die Tür einen Spalt.
    »Ja?« Kurz und misstrauisch. Es ist die Frau.
    »Ist Fritz da?«
    Der Spalt wird etwas breiter.
    »Ach, Sie sind das«, sagt sie. »Ja, Fritz ist da. Aber jetzt ist es gerade nicht so günstig.«
    Ich zucke erschrocken zusammen. Ihr rechtes Auge ist blau-schwarz angeschwollen. Darunter, auf der Wange, blutet sie aus einer langen Schramme. Da höre ich Fritz’ Stimme aus dem Hintergrund. Er lallt irgendetwas.
    »Äh …« Die Situation überfordert mich. »Soll ich vielleicht ein andermal wiederkommen?«
    »Gute Idee«, nickt sie spöttisch. »Kommen Sie einfach ein andermal wieder.«
    Sie schließt die Tür. Im selben Moment höre ich Möbel krachen. Fritz ruft etwas Unverständliches, es wird wohl Vietnamesisch sein. Die Frau schreit zurück. Wieder das Krachen. »Komm her, du Schlampe!«, schreit Fritz, diesmal in klarem Hochdeutsch.
    Zweifelnd verharre ich vor der Tür. Da geht das Licht aus. Ich taste mich die Treppe hinunter. Als ich unten angekommen bin, geht das Licht wieder an. Über mir ertönt ein weiterer Schrei, ich weiß nicht einmal, von wem. Eilig verlasse ich das Haus. Als ich im Auto sitze, den Schlüssel im

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