Der Wachsblumenstrauß
auch.«
»Wie bist du hergekommen?«
»Na ja, die Haustür stand offen, also bin ich reingegangen. Und da unten niemand war, bin ich eben raufgekommen. Aber wenn du meinst, warum ich überhaupt hier bin – ich bin heute morgen losgefahren, um zur Beerdigung zu gehen.«
»Ich habe dich aber nicht gesehen.«
»Die alte Kiste hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Benzinzufuhr war unterbrochen. Ich habe ein bisschen daran herumgebastelt, und dann hat sie wieder funktioniert. Da war’s dann zu spät für die Beerdigung, aber ich dachte, ich könnte trotzdem herkommen. Ich hab ja gewusst, dass du hier bist.«
Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Ich habe nämlich bei euch angerufen, und Greg hat mir gesagt, dass du hergefahren bist, sozusagen um alles in Besitz zu nehmen. Ich dachte, ich könnte dir helfen.«
»Wirst du nicht im Büro gebraucht?«, fragte Susan. »Oder kannst du dir nach Lust und Laune frei nehmen?«
»Eine Beerdigung war schon immer ein anerkannter Grund, um blauzumachen. Und diese Beerdigung ist noch dazu eine richtige. Außerdem sind die Leute von einem Mord immer fasziniert. Aber in Zukunft werde ich sowieso nicht mehr oft im Büro sein – als reicher Mann habe ich das nicht mehr nötig. Da werde ich Besseres zu tun haben.« Nach einer Pause fügte er grinsend hinzu: »Wie Greg.«
Susan betrachtete ihren Cousin nachdenklich. Sie hatte ihn bislang nur selten gesehen, und bei den wenigen Begegnungen hatte sie ihn nie richtig ausmachen können.
»Was ist der eigentliche Grund, warum du hergekommen bist, George?«, fragte sie.
»Vielleicht, um mich ein bisschen als Detektiv zu betätigen. Ich hab mir über die letzte Beerdigung, auf der wir waren, viel Gedanken gemacht. An dem Tag hat Tante Cora ja ziemlich für Aufruhr gesorgt. Ich würde gerne wissen, ob sie die Worte nur aus Jux und Tollerei in die Runde geworfen hat und aus schierer Lebensfreude, oder ob da wirklich etwas dahinter steckt. Was steht denn in dem Brief, in den du so vertieft warst, als ich reingekommen bin?«
Susans Antwort kam gedehnt. »Das ist ein Brief, den Onkel Richard ihr geschrieben hatte, nachdem er bei ihr zu Besuch gewesen war.«
Wie schwarz Georges Augen doch waren! Sie hatte immer gedacht, er habe braune Augen, aber sie waren schwarz, und schwarze Augen hatten etwas Undurchdringliches. Sie verbargen die Gedanken, die dahinter lagen.
»Steht was Interessantes drin?«, fragte George beiläufig.
»Eigentlich nicht…«
»Darf ich mal lesen?«
Er streckte die Hand aus. Nach kurzem Zögern reichte sie ihm das Blatt.
Er las den Brief leise und monoton murmelnd vor.
»Es hat mich gefreut, dich nach all den Jahren wi e der zu sehen… sahst sehr gut aus… hatte eine gute Heimreise und war bei der Rückkehr nicht allzu m ü de…«
Plötzlich wurde seine Stimme schärfer.
»Bitte erwähne niemandem gegenüber, was ich dir gesagt habe. Ich könnte mich täuschen.
Dein dich liebender Bruder Richard.«
Er sah zu Susan. »Was meint er damit?«
»Wer weiß? Er könnte sich damit bloß auf seine Gesundheit beziehen. Oder es könnte sich um Klatsch über einen gemeinsamen Bekannten handeln.«
»Natürlich, es könnte alles Mögliche sein. Es ist nicht eindeutig – aber es gibt zu denken… Was kann er Cora erzählt haben? Weiß jemand, was er ihr gesagt haben könnte?«
»Vielleicht Miss Gilchrist«, meinte Susan nachdenklich. »Ich glaube, sie hat mitgehört.«
»Ach ja, die Hausdame. Wo ist sie denn?«
»Im Krankenhaus. Mit Arsenvergiftung.«
George starrte sie an.
»Du machst Witze!«
»Nein. Jemand hat ihr einen vergifteten Hochzeitskuchen geschickt.«
George ließ sich auf einen Stuhl sinken und pfiff durch die Zähne.
»Es sieht ganz so aus, als hätte der gute Onkel Richard sich nicht getäuscht«, sagte er.
III
Am folgenden Vormittag stand Inspector Morton vor der Haustür. Er war um die vierzig und hatte eine ruhige, zurückhaltende Art, aber seine Augen blitzten hellwach.
»Ihnen ist klar, worum es hier geht, Mrs Banks?«, sagte er. Susan hörte den weichen Dialekt der Region heraus. »Dr. Proctor hat Ihnen schon von Miss Gilchrist berichtet. Die Krümel vom Hochzeitskuchen, die er mitgenommen hat, sind analysiert worden. Sie enthalten Spuren von Arsen.«
»Das heißt, jemand hat es darauf angelegt, sie zu vergiften?«
»Es scheint so. Miss Gilchrist kann uns nicht weiterhelfen. Sie wiederholt nur ständig, das wäre unmöglich – niemand
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