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Der Wachsblumenstrauß

Der Wachsblumenstrauß

Titel: Der Wachsblumenstrauß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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immer wirkte sie absolut selbstsicher. George blickte mit Interesse von ihr zu Rosamund, auf deren Gesicht ein vager, ziemlich distanzierter Ausdruck lag.
    »Wer wird deiner Meinung nach das Rennen machen, Tante Helen?«, fragte er. »Ich glaube, die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig. Susan ist wild entschlossen, aber Rosamund ist entzückend hartnäckig.«
    »Oder vielleicht doch lieber keine Kolibris«, sinnierte Rosamund. »Eine von den großen chinesischen Vasen würde sich wunderschön als Lampenständer machen, und dazu ein goldener Schirm.«
    »Das Haus ist voll von wunderschönen Sachen«, warf Miss Gilchrist beschwichtigend ein. »Der grüne Tisch würde in Ihrem neuen Salon wirklich großartig zur Geltung kommen, Mrs Banks. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Er ist bestimmt sehr wertvoll.«
    »Das wird natürlich von meinem Anteil am Vermögen abgezogen«, versicherte Susan.
    »Oh, Verzeihung… Ich wollte nicht…«, entschuldigte Miss Gilchrist sich verwirrt.
    »Er wird von unserem Anteil des Vermögens abgezogen«, erklärte Michael. »Und die Wachsblumen dazu.«
    »Sie passen so schön zum Tisch«, murmelte Miss Gilchrist. »Richtig künstlerisch. Einfach süß.«
    Niemand achtete auf ihre wohl gemeinten Banalitäten.
    »Susan will den Tisch haben.« Greg meldete sich mit seiner hohen, nervösen Stimme zu Wort.
    Unbehagen machte sich in der Runde breit, als hätte Greg mit seinem Einwurf einen neuen Umgangston angeschlagen.
    Helen griff rasch ein. »Und was möchtest du wirklich haben, George?«, erkundigte sie sich. »Vom Spode-Porzellan mal abgesehen.«
    George grinste, und die Spannung verflog.
    »Es war ein bisschen unverschämt von mir, den alten Timothy so zu reizen«, räumte er ein. »Aber er ist einfach unglaublich. Er ist so daran gewöhnt, seinen Willen zu bekommen, dass es regelrecht zur pathologischen Manie geworden ist.«
    »Man muss einem Invaliden doch einiges nachsehen, Mr Crossfield«, wandte Miss Gilchrist ein.
    »Ein verdammter alter Hypochonder ist der, sonst nichts«, widersprach George.
    »Genau«, pflichtete Susan bei. »Ihm fehlt nicht die Bohne, würde ich sagen. Was meinst du, Rosamund?«
    »Was?«
    »Ob Onkel Timothy etwas fehlt.«
    »Nein – nein, ich glaube nicht.« Rosamund antwortete geistesabwesend. »Es tut mir Leid«, meinte sie dann entschuldigend. »Ich habe mir gerade überlegt, welche Beleuchtung für den Tisch richtig wäre.«
    »Seht ihr?«, triumphierte George. »Unbeirrbar. Deine Gattin ist sehr gefährlich, Michael. Hoffentlich weißt du das.«
    »Das weiß ich sehr wohl.« Michael klang ein wenig erbittert.
    George schien sich köstlich zu amüsieren.
    »Die Schlacht um den Tisch! Runde zwei wird morgen ausgetragen – mit aller Höflichkeit – aber finsterer Entschlossenheit. Wir sollten Wetten abschließen. Ich setze auf Rosamund, die so süß und nachgiebig aussieht, aber in Wahrheit genau das Gegenteil ist. Ehemänner, nehme ich mal an, stehen auf der Seite ihrer Frauen. Miss Gilchrist? Sie halten zu Susan, das ist klar.«
    »Ach, Mr Crossfield, wirklich, ich würde nie wagen…«
    »Tante Helen?« George achtete gar nicht auf Miss Gilchrists halbherzige Einwände. »Deine Stimme hat den Ausschlag. Ach, äh, ich habe ganz vergessen – Monsieur Pontarlier?«
    »Pardon?« Hercule Poirot sah verständnislos drein.
    George überlegte, ob er zu einer längeren Erklärung ansetzen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Der alte Knabe hatte kein Wort verstanden von dem, was hier vor sich ging. »Nur ein Familienscherz«, sagte er.
    »Ja, ja, ich verstehe.« Poirot lächelte freundlich.
    »Deine Stimme hat also den Ausschlag, Tante Helen. Wessen Partei ergreifst du?«
    Helen lächelte.
    »Vielleicht hätte ich ihn gerne selbst, George.«
    Bewusst ging sie zu einem anderen Thema über und wandte sich an den ausländischen Gast.
    »Ich fürchte, das langweilt Sie alles ein wenig, Monsieur Pontarlier?«
    »Keineswegs, Madame. Ich betrachte es als Privileg, in Ihren Familienkreis aufgenommen zu werden…« Er deutete im Sitzen eine Verbeugung an. »Was ich gerne sagen möchte – ich kann mich nicht richtig ausdrücken – mein Bedauern, dass dieses Haus aus Ihren Händen in den Besitz von Fremden übergehen muss. Das ist zweifellos ein… großer Schmerz.«
    »Aber nein, überhaupt nicht«, versicherte Susan ihm.
    »Madame, Sie sind zu freundlich. Es wird für meine Verfolgten hier das Paradies sein, bitte glauben Sie mir. Ein Hort der Sicherheit! Des

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