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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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Seite an Seite mit ihm die Schulfeier und alle anderen Partys besuchen. Rene gehörte zu ihr!
    « Das hat gar nichts zu heißen. Vielleicht sind sie nur gleichzeitig angekommen. » Nina war Jennys plötzlicher Stimmungsabfall nicht entgangen.
    Tatsächlich trennten sich Renes und Stefanies Wege unmittelbar nach ihrer Ankunft. Rene ging zu Konrad und Stefanie zu ihren Freundinnen. Doch Jenny spürte, dass sich etwas verändert hatte. Es war wie ein ranziger Geruch, der ihr in die Nase kroch.
    Sie steht auf ihn!
    Stefanie stand auf Rene. Aber stand Rene auch auf Stefanie? Eher hätte Jenny die Chinesische Mauer mit dem kleinen Finger umgestoßen, als sein Verhalten deuten zu können. Ein Junge voller Rätsel, voller Geheimnisse. Jenny seufzte niedergeschlagen. Langsam hatte sie sich an den Rand der Tanzfläche zurückgezogen und beobachtete Stefanie, die Rene nicht aus den Augen ließ.
    Nichts wie weg hier!
    Jenny stürzte zum Ausgang hinaus. Die Musik, zu der sie noch vor wenigen Minuten ausgelassen getanzt hatte, drang nur noch dumpf an ihr Ohr. Tränen schossen ihr in die Augen.
    Fang jetzt bloß nicht an zu heulen!
    Doch der Gedanke daran, dass Rene etwas von Stefanie wollen könnte, donnerte ihr wie ein Hammer gegen die Brust. Sie und Stefanie konnten unterschiedlicher nicht sein. Nicht nur, was das Äußerliche betraf. Stefanie war ruhig und schüchtern, was man von Jenny nicht gerade behaupten konnte. Ihre Lehrer jedenfalls nannten sie einstimmig frech und vorlaut. Stefanie, ein Einzelkind, kam aus gutem Hause. Sie trug immer die neuesten Klamotten und Accessoires. Jenny war ein Scheidungskind, hatte insgesamt drei Halbschwestern und nie Geld. Mit jedem weiteren Unterschied schwanden in Jennys Augen ihre Chancen bei Rene, sollte der sich auch nur im Entferntesten für Stefanie interessierte. Im Innern weinte Jenny ganze Seen. Was hatte dieser Junge ihr schon Bauchschmerzen verursacht. Er konnte sie glücklich machen wie niemand sonst und ebenso in den tiefsten, seelischen Abgrund reißen.
    Was bist du nur für eine dumme Gans, Jenny!
    Wie konnte sie auch nur eine Sekunde annehmen, dass sich ein Typ wie Rene jemals für sie interessieren würde? Er war einfach nur zu höflich, um sie abblitzen zu lassen.
    Kapier’s endlich!
    Inzwischen war Jenny fast schon wütend auf sich geworden, so sehr hatte sie sich in Rage gedacht.
    Nichts wie weg hier!
    Doch ihr Vater würde sie erst gegen zehn Uhr abholen.
    Obwohl ihre Eltern schon über zehn Jahre geschieden waren, und ihr Vater noch weiter entfernt von der Stadt wohnte, als sie mit ihrer Mutter, war er meist derjenige, der Jenny chauffierte.
    Es gab nur einen Haken an der Sache: Sie musste sich die ganze Fahrt über die Standpauken ihres Vaters anhören, die immer den gleichen Inhalt hatten. « Du bist zu schlecht in der Schule. Wie soll da was aus dir werden? », so fing immer alles an. « Wie läufst du denn rum? », ging es dann weiter. Manchmal zog er aber auch diesen Teil vor: « Das Milieu, in dem du dich aufhältst, das von deiner Mutter, ist einfach nichts für dich. » Früher folgte dann stets das Angebot, zu ihm und seiner Frau zu ziehen. Aber seit der Geburt von Jennys kleiner Halbschwester Christine vor über einem Jahr, war das kein Thema mehr. Jenny hätte sich sowieso nicht dazu durchringen können ihre beiden Schwestern Simone und die gerade mal fünfjährige Natascha bei ihrer Mutter zurückzulassen.
    Jenny lehnte an der Rückseite von einem der Betonpfeiler des Schulvordachs. Da hörte sie, wie die Eingangstür aufgestoßen wurde. Einen Moment lang wurden das Stimmengewirr und die Musik lauter, um dann wieder abzuebben, als die Tür sich schloss. Neugierig schob Jenny ihre Nase hinter dem Pfeiler hervor und sah Konrad. Er hatte einen seltsam angespannten Ausdruck auf dem Gesicht, wirkte aufgewühlt. Suchend schaute er sich um. Es war das erste Mal, dass Jenny eine Gefühlsregung an ihm wahrnahm. Zu spät merkte sie, dass sie ihren Kopf zu weit vorgereckt hatte und sein Blick früher oder später auf sie fallen musste. Als Konrad sie sah, zuckte er ebenso erschrocken zusammen wie sie. Es war ihr peinlich, dass sie sich gegenseitig beim Schnüffeln ertappt hatten. Abrupt blieb Konrad stehen und sah zu Boden. Langsam zog Jenny sich hinter den Betonpfeiler zurück und lehnte sich wieder mit dem Rücken dagegen.
    Zehn, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier, drei …
    Als sie ihre Nase erneut hinter ihrem Versteck vorschob, war Konrad verschwunden.

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