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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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dort auf der Straße. Traditionell waren die Stufen der Treppen von den Schülern entsprechend ihres Alters belegt. Im unteren Bereich, der direkt an den Schulhof grenzte, hielten sich die Schüler der Unterstufe auf. Den mittleren Bereich besetzte die Mittelstufe. Am Treppengipfel, direkt am Straßenrand, versammelte sich die Oberstufe. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite begann das Schulgelände der Wirtschafts- und Berufsfachschulen und in entgegengesetzter Richtung, auf der Rückseite des Gymnasiums, befand sich die Realschule.
    Meistens stand Jenny schon im mittleren Treppenbereich, wenn Rene kam. So auch an diesem Tag. Kaum tauchte er auf, lief alles nach einem bestimmten Schema ab: Jenny tat geschäftig, indem sie sich mit jemandem unterhielt, beobachtete Rene aber unablässig aus den Augenwinkeln, und sobald er zu ihr rüber schaute, grüßte oder winkte sie ihm, als habe sie ihn ganz zufällig entdeckt. Grundsätzlich grüßte Rene freundlich zurück und manchmal zwinkerte er ihr sogar zu, was dazu führte, dass Jenny für den Rest des Tages wie auf Wolken schwebte.
    Jenny hatte Rene gerade im Blickfeld und wartete auf einen Blick von ihm, als jemand sie von hinten zu sich zog.
    « Jenny hat heute Geburtstag! », Kassandra, eine von Jennys Freundinnen zwei Klassen über ihr, fiel ihr lachend um den Hals. « Alles, alles, alles Gute! »
    Genau in dem Moment, als Jenny Rene den Rücken zuwandte, ging er an ihr vorbei und tauchte in der Masse seiner Mitschüler unter.
    Ganz toll!
    Jennys Augen streiften suchend über die Schülergruppen an den oberen Stufen, da hatte sie ihn auch schon wieder im Visier. Was für ein Glück die Leute hatten, die nah bei ihm standen. Rene unterhielt sich mit einem Jungen, den Jenny noch nie gesehen hatte. Seine Statur war beeindruckend. Er war größer als Rene und auffallend durchtrainiert. Er trug Jeans und einen schwarzen Mantel bis über die Knie. Er sah nicht nur gut aus, sondern auch geheimnisvoll. Es wunderte sie nicht, dass Yvonne und Nicole aus Renes Klasse, die ständig an irgendwelchen Jungs rumbaggerten, wie Fliegen um den Neuen kreisten. Jenny musste unbedingt wissen, wer der Typ war. Rene schien ihn zu mögen, und deshalb musste sie ihn schnellstmöglich kennenlernen. Plötzlich bildete sich, wie ein bläuliches Gewand, ein nebelartiger Schleier um den Neuen.
    Oh nein, bitte nicht jetzt!
    Jenny senkte den Kopf und blinzelte irritiert mit den Augen.
    « Was ist los, Sweety? » Nina legte Jenny die Hand auf die Schulter.
    « Ach nichts, nur wieder diese blöden Sehstörungen », antwortete Jenny. Schon seit einiger Zeit plagten sie Sehstörungen. Doch das Schlimmste waren die Kopfschmerzen, die darauf folgten.
    « Warst du denn nun endlich mal beim Arzt? »
    « Ja klar! Wenn meine Mutter glaubt, dass eine von uns krank ist, dreht sie durch. Der Augenarzt hat nichts gefunden und der Neurologe meint, die Sehstörungen wären eine Aura ? »
    « Eine was? », Nina sah sie stirnrunzelnd an.
    « Eine A-u-r-a », wiederholte Jenny. « Das ist der Vorbote von einem Migräneanfall. »
    « Na, Kopfschmerzen hast du ja öfters. Aber ich wusste gar nicht, dass sie so schlimm sind. Ich dachte bei Migräne müsste man kotzen und so. »
    « Nina, du hast wirklich eine unvergleichlich mitfühlende Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen », seufzte Jenny und beide lachten. « Naja, die Kopfschmerzen sind in letzter Zeit schon stärker und vor allem häufiger. Echt nervtötend! Dummerweise habe ich heute die Tabletten zu Hause vergessen, die ich einnehmen soll, sobald es losgeht. Dann werden die Kopfschmerzen nicht so schlimm. »
    Nina stöhnte. « Toll! Du Nase! »
    « Versuch’s doch mal mit Pilzen », mischte Karl sich ein, der mit Ninas Cousine Eva in eine Klasse ging. Er stand neben ihnen und hatte alles mitgehört. « Da ist dir dann egal, was du siehst », erläuterte er.
    Niemand ging auf Karls Witz ein. Wahrscheinlich, weil keiner wusste, ob es wirklich nur ein Scherz gewesen war. Bei Karl wusste man das nie so genau. « Wie wirken die sich denn aus, deine Sehstörungen? », wollte er wissen.
    « Manche Leute sehen für mich dann so aus, als würden sie dampfen. So farbig verschleiert. Und nach einer Weile ist alles wieder normal. » Jenny machte ausladende Handbewegungen, um anzuzeigen, wie weit die Schleier reichten.
    « Farbige Schleier? Und Dampf? Das klingt aber ziemlich nach Pilzen, wenn ihr mich fragt », meinte Karl und diesmal lachten Jenny und Nina mit.

    Bis

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