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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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erfolgreich durch das Dickicht dessen zu wühlen, was ihm an diesem denkwürdigen Tag widerfahren war, dann musste er jeden Aberglauben von sich fern halten und logisch denken.
    Kaum starrte er nicht mehr auf das Lämpchen von Anschluss 24, betrachtete er unverwandt die drei Silberglöckchen, die auf dem Schreibtisch lagen, und schaffte es kaum, den Blick abzuwenden.
    Der letzte Punkt in Mrs. McBees Mitteilung galt einer Zeitschrift, die sie beigelegt hatte, der neuesten Ausgabe von Vanity Fair .
    Dieses Exemplar , schrieb sie, kam wie einige andere Zeitschriften am Samstag mit der Post und wurde , wie üblich , auf dem dafür vorgesehenen Tisch in der Bibliothek deponiert . Heute Morgen , kurz nachdem der junge Herr die Bibliothek verlassen hatte , stellte ich fest , dass die von mir gekennzeichnete Seite aufgeschlagen war . Diese Entdeckung hatte wesentlichen Einfluss auf meine Entscheidung , den Ratschlag zu überdenken , den ich Ihnen bezüglich des Weihnachtsgeschenks gegeben hatte .
    Zwischen die zweite und dritte Seite eines Artikels über Fredericka Nielander, Frics Mutter, hatte Mrs. McBee einen gelben Klebezettel platziert. Ein Abschnitt des Textes war von ihr mit Kugelschreiber markiert worden.
    Ethan las den Artikel von Anfang an. Oben auf der zweiten Seite fand er etwas über Aelfric. Freddie hatte der Interviewerin gesagt, sie und ihr Sohn seien »die dicksten Freunde«. An welchen Ort auf der Welt ihr anstrengender Beruf sie auch hinführe, sie halte den Kontakt zu Fric aufrecht – »mit langen vertraulichen Gesprächen, bei denen wir wie zwei Schulkameraden schwatzen, uns gegenseitig unsere Träume erzählen und mehr Geheimnisse miteinander teilen als zwei Agenten, die gegen die ganze Welt kämpfen«.
    Die ganze Telefonbeziehung war sogar so geheim, dass selbst Fric keine Ahnung davon hatte.
    Freddie beschrieb ihren Sohn als »ausgelassenen, selbstsicheren Jungen – wie sein Vater ist er sehr athletisch, kann wundervoll mit Pferden umgehen und ist ein toller Reiter«.
    Pferde?
    Ethan hätte ein ganzes Jahresgehalt darauf gewettet, dass die einzigen Pferde, mit denen Fric jemals zu tun gehabt hatte, nie Äpfel fallen ließen und mit einem Flügel-paar ausgerüstet waren.
    Indem sie diesen falschen Fric erfand, gab Freddie deutlich zu erkennen, dass die wahren Eigenschaften ihres Sohnes ihr entweder nicht imponierten oder vielleicht sogar peinlich waren.
    Fric war clever und feinfühlig genug, um genau diesen Schluss zu ziehen.
    Die Vorstellung, dass der Junge dieses verletzende Gefasel gelesen hatte, brachte Ethan dazu, die Zeitschrift nicht in den Papierkorb neben seinem Schreibtisch zu werfen, sondern sie wütend in Richtung des Kamins zu schleudern, um sie dort später zu verbrennen.
    Freddie hätte wahrscheinlich argumentiert, in einem Interview für Vanity Fair müsse sie jede Aussage so kalkulieren, dass sie ihrem Image nutzte. Wie super konnte ein Supermodel sein, wenn ihrem Schoß etwas anderes als ein superber Supersohn entsprungen war?
    Die Seiten einer Zeitschrift zu verbrennen, die Fotografien von Freddie enthielt, würde besonders zufrieden stellend sein. Wie eine Art Voodoozauber.
    Anschluss Nummer 24 war noch immer besetzt.
    Ethan warf einen Blick auf den Bildschirm, wo weiterhin die Anrufliste zu sehen war. Auch dieser Anruf stammte offenbar von einem Anschluss, bei dem die Rufnummernanzeige blockiert war.
    Weil die Verbindung nicht unterbrochen worden war, tickten die Sekunden in der Spalte mit der Überschrift GESPRÄCHSLÄNGE weiter. Nun waren es schon mehr als vier Minuten.
    Wenn es sich um einen Vertreter oder jemand handelte, der sich verwählt hatte, dann war die Nachricht, die er auf dem Anrufbeantworter hinterließ, ausgesprochen lang. Merkwürdig.
    Das Lämpchen ging aus.

44
    Als Fric erwachte, sah er eine Vielzahl von Vätern, die ihn auf allen Seiten umgaben, eine Schutztruppe, deren Soldaten alle dasselbe Gesicht hatten.
    Er lag auf dem Rücken, aber nicht im Bett. Beklommen rührte er sich nicht und drückte sich nur mit einer Art Verzweiflung an die harte, glatte Unterlage, während seine wirren Gedanken gemächlich vor sich hin kreisten.
    Riesig waren sie, diese Väter, teils in voller Größe aufragende Gestalten, teils nur körperlose Köpfe, aber auch die waren riesengroß wie Pappmachéhäupter beim Karnevalsumzug.
    Fric hatte den Eindruck, dass er aus Luftmangel ohnmächtig geworden war, was auf einen schlimmen Asthmaanfall hinwies. Als er vorsichtig einatmete,

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