Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Blick wanderte über Ethans Gesicht, als könnte er dessen Geheimnisse so problemlos entziffern wie ein Lesegerät den Strichkode auf einer Verpackung. »Ich dachte, ich sollte erst mal rausbekommen, ob er eine registrierte Waffe besitzt.«
    »Das hat ein Nachbar mir gesteckt«, log Ethan. »Er hat gesagt, dass Reynerd ein bisschen paranoid ist und seine Waffe deshalb meistens griffbereit hat.«
    Während Ethan die Fotos in den braunen Umschlag zurücksteckte, starrte Hazard ihn an.
    Zuerst schienen die Dinger nicht in den Umschlag zu passen, und dann war der Metallverschluss kurzfristig irgendwie zu groß für das Loch in der Klappe.
    »Da hast du aber einen zittrigen Umschlag«, sagte Hazard.
    »Zu viel Kaffee heute Morgen«, sagte Ethan. Um Hazards Blick auszuweichen, betrachtete er die voll besetzten Tische.
    Die von Stimmen gepeitschte Luft wogte durch das Restaurant und schlug an die Wände. Was beim zufälligen Hinhören wie ein festliches Dröhnen klang, wurde richtiggehend unheimlich, wenn man ihm aufmerksamer lauschte. Dann klang es abwechselnd wie die kaum unterdrückte Wut eines Mobs und wie die qualvollen Schreie unzähliger Menschen, die unter grausamer Unterdrückung litten.
    Ethan merkte, dass er die vielen Gesichter nach einem ganz bestimmten Gesicht absuchte. Irgendwie erwartete er, den in einer Toilette ersoffenen Dunny Whistler tot beim Mittagessen sitzen zu sehen.
    »Du hast deinen Lachs ja kaum angerührt«, sagte Hazard in einem Ton, der bei ihm als mütterliche Sorge durchgehen konnte.
    »Der ist verdorben«, sagte Ethan.
    »Wieso hast du ihn dann nicht zurückgehen lassen?«
    »Ich bin sowieso nicht besonders hungrig.«
    Hazard bediente sich seiner bereits reichlich benutzten Gabel, um ein Stück von dem Lachs zu probieren. »Der ist gar nicht verdorben.«
    »Er schmeckt verdorben, finde ich«, sagte Ethan.
    Die Kellnerin kam mit der Rechnung. Sie brachte eine durchsichtige, mit dem Signet des Restaurants geschmückte Plastiktragetasche mit an den Tisch, die mehrere rosafarbene Schachteln voller Walnusskekse enthielt.
    Während Ethan eine Kreditkarte aus seiner Brieftasche zog, stand die junge Frau wartend da. Ihr Gesicht verriet unmissverständlich, was sie dachte. Sie wollte noch ein bisschen mit Hazard flirten, sein imposanter Anblick schüchterte sie jedoch ein.
    Als Ethan ihr die Rechnung samt seiner American-Express-Karte zurückreichte, dankte sie ihm und warf dann wieder einen Blick auf Hazard, der sich mit dramatischem Vergnügen die Lippen leckte. Daraufhin huschte sie wie ein Kaninchen davon, das von den bewundernden Blicken des Fuchses so sehr geschmeichelt gewesen war, dass es sich fast zum Nachtmahl angeboten hätte, bevor sein Selbsterhaltungstrieb wieder Überhand gewann.
    »Danke für die Einladung«, sagte Hazard. »Jetzt kann ich sagen, dass der berühmte Chan mich zum Lunch ausgeführt hat. Wahrscheinlich werden die Kekse da das teuerste Gebäck sein, das ich je gegessen habe.«
    »Es war einfach ein nettes Mittagessen. Du bist mir zu nichts verpflichtet. Wie schon gesagt, wenn es nicht geht, dann geht es eben nicht. Reynerd ist mein Problem, nicht deines.«
    »Klar, aber du hast mich schon längst neugierig gemacht. Du flirtest besser als die Kellnerin.«
    Inmitten eines Wirrwarrs düsterer Gefühle überkam Ethan ein echtes Lächeln.
    Ein plötzlicher Wechsel der Windrichtung ließ wahre Wassermassen an die großen Fenster prasseln.
    Jenseits der überströmten Scheiben schienen Fußgänger und vorbeifahrende Autos wie in einem Fegefeuer aus flammenloser Hitze – in einem Schwall ätzender Säure – zu schmelzen.
    »Falls er einen Beutel mit Kartoffelchips, Erdnussflips oder Ähnlichem in der Hand hat«, sagte Ethan, »dann ist da womöglich nicht bloß Knabberzeug drin.«
    »Du willst mich wohl in Paranoia versetzen. Meinst du etwa, da ist die schussbereite Knarre drin?«
    »Hat man mir jedenfalls erzählt. Er versteckt die Waffe angeblich gern in Chipstüten und solchen Sachen, wo er danach greifen kann, ohne dass man merkt, was er vorhat.«
    Hazard starrte Ethan wortlos an.
    »Es könnte sich um eine Glock neun Millimeter handeln«, fügte Ethan hinzu.
    »Hat er womöglich auch eine Atombombe?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Wahrscheinlich bewahrt er die Bombe in einem Karton Salzbrezeln auf.«
    »Nimm einfach einen Beutel mit Walnusskeksen mit, dann wirst du mit allem fertig.«
    »Teufel, ja. Wenn man so einen Keks durch die Gegend schmeißt, kann man jemandem

Weitere Kostenlose Bücher