Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
hören: › Helft mir , helft mir !‹, ganz leise,
    kaum laut genug, um es wahrnehmen zu können.«
    » Wer hat da was gemurmelt?«
    »Ich hab ihn ausfindig gemacht und ihm das Leichentuch vom Gesicht gezogen. Er ist gelähmt. Die Gesichtsmuskeln sind durch einen Schlaganfall verzerrt.«
    Stachlig wie ein Bündel trockener Zweige zum Feuer-machen rückte Roman näher und zwang Corky, ihm in die Augen zu schauen, so als glaubte er, sein grimmiger Blick könne die Botschaft vermitteln, an der seine Beredsamkeit gescheitert war.
    »Wahrscheinlich lag der arme Kerl im Koma, als man ihn hier reingeschafft hat, und ist später aus der Bewusstlosigkeit erwacht«, fuhr Corky unbekümmert fort. »Leider ist er furchtbar schwach.«
    Allmählich bekam Roman Castevets Panzer aus Skepsis leichte Risse. Er wandte sich ab und ließ den Blick über die Fächer schweifen. »Welcher ist es?«
    »Der da drüben«, sagte Corky fröhlich und deutete auf den hinteren Teil der Kammer, die vom Schein der Neon-leuchte an der Decke kaum erhellt wurde. Dort waren die ruhenden Toten nicht nur in weiße Baumwolltücher, sondern zusätzlich auch in Finsternis gehüllt. »Sieht fast so aus, als würde ich nicht nur deinen Job retten, indem ich dich auf den Burschen da aufmerksam mache. Zum Dank solltest du meine Bestellung eigentlich kostenlos ausführen.«
    Roman ging in die Richtung, die Corky ihm gewiesen hatte. »Welcher ist es genau?«, fragte er.
    »Auf der linken Seite, der zweite von unten«, sagte Corky, der dem Pathologen auf den Fersen folgte.
    Als Roman sich bückte, um der Leiche das Tuch vom Gesicht zu ziehen, hob Corky den rechten Arm. In der Hand, die er bisher im Ärmel des gelben Regenmantels verborgen gehalten hatte, blitzte ein Eispickel auf. Zielsicher, mit großer Wucht und völligem Selbstvertrauen hieb er ihn dem Pathologen in den Rücken.
    Genau platziert, konnte so ein Eispickel die Vorhöfe und Kammern des Herzens durchstoßen und den Herzmuskel in einen derartigen Schockzustand versetzen, dass die Pumpe sofort und für immer stehen blieb.
    Mit einem Kleiderrascheln und einem leisen Knacksen sich beugender Glieder brach Roman Castevet, ohne einen Schrei von sich zu geben, auf dem Boden zusammen.
    Den Puls seines Opfers brauchte Corky gar nicht erst zu fühlen. Der aufklaffende Mund, aus dem kein Atem trat, und die Augen, so starr wie die Glaskugeln im Meisterwerk eines Präparators, bestätigten ihm, wie genau er Maß genommen hatte.
    Eine gute Vorbereitung zahlte sich eben immer aus. Zu Hause hatte Corky mit demselben Eispickel an einer lebensgroßen Puppe, wie man sie bei Erste-Hilfe-Kursen einsetzte, geübt. Die Puppe hatte er aus den Räumen der medizinischen Fakultät seiner Hochschule entwendet.
    Hätte er den Pickel zweimal, dreimal oder gar viermal einsetzen müssen, oder hätte Romans Herz nur ein klein wenig länger geschlagen, dann wäre es womöglich zu einer Schweinerei gekommen. Aus keinem anderen Grund hatte sich Corky auch diesmal den abwaschbaren Regenmantel angezogen.
    Für den unwahrscheinlichen Fall, dass einer der fachgerecht gekühlten Bewohner der Kammer ein Leck bekam, war der gekachelte Boden mit einem großen Abfluss versehen. Neben der Tür hing ein zusammengerollter Kunststoffschlauch, der an einen Wasserhahn angeschlossen war.
    Von dieser Reinigungsvorrichtung wusste Corky aus den Artikeln, die er vor zwei Jahren gelesen hatte, als jener Rattenskandal in die Schlagzeilen gekommen war. Glücklicherweise brauchte er den Schlauch nicht zu benutzen.
    Er hievte Roman in eines der leeren Fächer an der Rückwand der Kammer, wo die Dunkelheit ihm zupass kam.
    Aus einer der geräumigen Innentaschen des Mantels zog er daraufhin das Laken, das er bei seinem Besuch im Einkaufszentrum im Kaufhaus erstanden hatte. Er drapierte es über Roman und zog es sorgsam zurecht, weil er ja nicht nur die Identität der Leiche verbergen musste, sondern auch die Tatsache, dass diese im Gegensatz zu ihren Genossen in voller Montur war.
    Weil der Tod sofort eingetreten und die Wunde winzig war, trat kein Blut aus. Deshalb entstand auch kein Fleck, der womöglich auf die Frische dieser Leiche aufmerksam gemacht hätte.
    In ein, zwei Tagen würde Roman wahrscheinlich von einem Angestellten entdeckt werden, der Inventur machen oder eine der Leichen für die längst überfällige Autopsie herausholen wollte. Dann gab es weitere Schlagzeilen über die ortsansässige gerichtsmedizinische Mannschaft.
    Corky fand es

Weitere Kostenlose Bücher