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Der waghalsige Reisende: Johann Gottfried Seume und das ungeschützte Leben (German Edition)

Der waghalsige Reisende: Johann Gottfried Seume und das ungeschützte Leben (German Edition)

Titel: Der waghalsige Reisende: Johann Gottfried Seume und das ungeschützte Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Preisendörfer
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war allen peinlich.
    Auch die Freundschaft zwischen Seume und Münchhausen war zärtlich auf weite Distanz. Auf diese Weise blieb sie dauerhaft, trotz des einen, missglückten Besuchs Seumes bei Münchhausen, und obwohl sie nahezu ein Vierteljahrhundert nach Seumes Tod doch noch zerbrach, als Münchhausen mit erstaunlicher Verzögerung Mein Leben las. Geschlossen in Halifax, wurde der Freundschaftsbund zwischen den beiden bekräftigt durch die 1797 in den Rückerinnerungen dokumentierte lyrische Zwiesprache. Das Bändchen eröffnet mit einer Vorrede Münchhausens: »Mein Leser! Hier hast Du ein Büchlein. Es enthält einige Harfenschläge der Freundschaft von mir und meinem Freunde Seume. Kannst Du irgend eine gute, biedere Seele Dein nennen; weißt Du, was echte, wahre Freundschaft ist, und wie wohl sie dem Herzen tut, so lies es; wo nicht [so stehle Dich weinend aus diesem Bund?], so lege es wieder hin.«
    Nachdem der Leser in die Freundesrunde aufgenommen ist, folgt ein Gedicht Münchhausens, dessen erstes Wort »Seume!« lautet, Seume mit vorwurfsvollem Ausrufezeichen. Dann folgen Fragen (»Wars Gelübde der Freundschaft, oder was war er, der Schwur?«) und Zweifel (»Schweige, Gefühl der Liebe; verstumme, Stimme der Freundschaft; Denn der Schwärmer verlernte diese vertrauliche Sprache.«).
    Seume antwortet mit Meinem Münchhausen zum Denkmal . Das lyrische Ich, der fingierte Sprecher des Gedichts ist nicht einfach mit Seume identisch, sondern von diesem erfunden und an ein Dichtergrab gestellt, und zwar mit ästhetischer Wirkungsabsicht an dasjenige Gellerts, dessen Lyrik Seume mit Münchhausen in Halifax gelesen hatte:
»So wahr ich lebe, Freund, und hier am Staube
Des großen Menschenfreundes steh,
Und froh in Sternenregionen seh,
So wahr ich an den Wert der Tugend glaube:

Mein Herz zwar hart und arm, doch gut und bieder,
War einst so folgsam, als du mir
Am Felsen riefst, und sendet jetzo Dir
Dein Echo aus der tiefsten Falte wieder.«
    Der Band enthält insgesamt sechs Gedichte, gerecht verteilt zwischen den beiden Autoren. Das wichtigste und sicher auch wertvollste von ihnen ist Seumes Abschiedsschreiben mit seinen Freundschaftsbeteuerungen, denen dann – »Jetzt lebe wohl und höre von dem Freunde,/Als ob er scheidend dir im Arme weinte,/Ein Wort, das meine Seele spricht« – eine lyrische Strophenkette voller Ermahnungen folgt. Das Gedicht stand ursprünglich im Zusammenhang mit Seumes Entscheidung von 1792, gegen Münchhausens Ratschlag in russischen Militärdienst zu treten und Abschied vom »Vaterland« wie vom Freund zu nehmen.
    Sechs Jahre später, Seume ist längst wieder in Leipzig und inzwischen kein ganz unbekannter Autor mehr, schreibt er an Münchhausen:
»Ich weiß wohl, dass ich in der Welt nicht viel tauge, dass ich für die meisten Lagen des Lebens etwas verstimmt bin; aber das weiß ich doch auch, dass ich wahrhaft Ihr Freund bin und es zu sein verdiene. Wenn ich nicht immer so bin, wie Sie mich haben wollen, so kann ich nicht dafür. Unsere Individualität ist fast nie in unserer Gewalt; am allerwenigsten, wenn ihr ganzer Stempel schon geschlagen ist.«
    Dann erklärt er, noch nicht zu wissen, was er aus sich oder das Schicksal aus ihm machen werde, und kommt auf Gleim und die Rückerinnerungen zu sprechen:
»Gleim lässt Sie grüßen. Er hat von ungefähr unsere Rückerinnerungen gesehen, und schrieb mir eine ganze Seite voll Erkundigungen nach Ihnen in seinem letzten Briefe. Wenn Sie nicht weiter von mir wären als der Alte Patriarch Gleim, so würde ich längst einmal zu Ihnen geflogen sein.«
    Gleim wunderte sich in der Tat darüber, »wie’s möglich ist, dass Ihr Amerikaner Euch in Europa noch nicht gesehen habt!«. Seume erklärte es ihm:
»Dass wir, Münchhausen und ich, uns in der alten Welt noch nicht gesehen haben, daran sind wohl nur unsere Lagen und im geringsten nicht unsere Gesinnungen schuld. [In Mein Leben wird Seume das glatte Gegenteil behaupten.] Wir sind 50 Meilen von einander entfernt, und in seinen und meinen Verhältnissen kann man nicht so viel Zeit ersparen, um eine solche Ausflucht zu machen. Ich bin aber gesonnen, sobald als möglich ihn eben so zu überraschen, wie ich glaube, dass ich den Vater Gleim überrascht habe.«
    Diese Überraschung ist Seume auf dem Rückweg von Syrakus wirklich gelungen. Im Oktober 1802 schreibt er darüber an Sophie von La Roche:
»Er erkannte mich nicht, und erst, nachdem ich ihm mein Introduktionsschreiben, einen Ring mit

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