Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
waren, haben es zwei Agenten übernommen, Kristoffersen zum Gefängnis zu fahren. Exakt nach Vorschrift.«
Storm wandte sich an Kampmann. » Wenn Sie kein Vertrauen mehr in mich haben, dann nehme ich gerne meinen Abschied.«
Kampmann schnaubte. » Und mich allein mit der ganzen Scheiße zurücklassen? Das könnte Ihnen so passen! Sie finden gefälligst selbst einen Ausweg aus diesem Schlamassel – für uns alle.«
Einer der Leibwächter kam zu Kampmann. » Der Minister wird in drei Minuten eintreffen«, sagte er leise.
Kampmann verdrehte die Augen. » Halleluja«, brummte er und trat nach draußen.
Storm hörte der Rede des Pfarrers nur mit einem Ohr zu. Er hatte Angst, den Blicken der Angehörigen zu begegnen, und starrte unverwandt auf den Boden. Henriks Witwe Marianne war vor Beginn der Trauerfeier zu ihm gekommen und hatte ihn begrüßt. Hatte ihm dafür gedankt, dass er die gesamte Beerdigung organisiert hatte. Es war ihm unerträglich gewesen, ihr zuzuhören. Unerträglich, Henriks vierjährigen Sohn William zu sehen, der fein zurechtgemacht war, sein Spielzeugauto halb in den Mund gesteckt hatte und ihn anlächelte. Eines Tages wirst du mich hassen. Wenn du alt genug bist, um alles zu verstehen, dachte Storm, während er dem Jungen über die blonden Haare strich.
Nach der Zeremonie trugen Storm und fünf weitere Kollegen den Sarg zu dem wartenden Leichenwagen. Auf Mariannes Wunsch hin sollte Henrik eingeäschert werden. Die Würmer sollen ihn nicht kriegen, hatte sie gesagt. Storm spürte sie bereits unter seiner Haut. Während sich seine Hand um den Griff krampfte, fürchtete er, dass er den Sarg nie wieder loslassen würde.
Fünf Minuten später hatte sich der Leichenwagen in Bewegung gesetzt.
» Komm, du brauchst frische Luft.« Katrine wartete nicht auf Storms Entgegnung, sondern nahm einfach seinen Arm und führte ihn hinaus in Richtung Friedhof. Er ließ es mit sich geschehen.
Sie öffnete das Tor, dann gingen sie den Kiesweg entlang, fort von den übrigen Trauergästen. Katrine zündete sich eine Zigarette an und bot auch Storm eine an. Er schüttelte den Kopf.
» Ich wünschte, ich hätte deine Kompromisslosigkeit«, sagte er. » Dein Temperament.«
Sie sog das Nikotin in ihre Lunge und ließ eine große Rauchwolke in die Luft steigen. » Und müsstest bald in den Knast? Wir können gern tauschen.«
Der Wind kniff sie in die Wangen. Storm zog seine Jacke zu. » Kampmann hat recht. Der Tod von Henrik und Tom ist eine logische Folge einer Reihe von Fehlern und Irrtümern.«
» Kampmann ist ein Feigling. Ein schlechter Chef, der sich nicht traut, selbst die Verantwortung zu übernehmen. Der hat nicht genug Mumm, um sich vor seine Mitarbeiter zu stellen. Du hast ein bisschen mehr Format, Nikolaj, weil du die Verantwortung nicht auf andere abwälzt.«
» Das ist im Moment ziemlich unwichtig.«
» Hättest du nicht mit den Imamen zusammengearbeitet, wäre Faris’ Zelle nicht rechtzeitig entdeckt worden, und die Tragödie hätte noch viel größere Ausmaße angenommen.«
» Trotzdem sind sechsundzwanzig Menschen getötet worden, darunter zwei Kollegen von mir. Und dafür trage ich die Verantwortung. Wenn etwas Schlimmes geschieht, fühle ich mich manchmal so schrecklich hilflos. Dann habe ich das Gefühl, dass ich den gesamten Dienst schlecht vertrete.«
Katrine zuckte die Schultern. » Ich finde, dass wir mit unseren Ermittlungen schon sehr weit gekommen sind, aber solche Dinge brauchen eben viel Zeit.«
» Und manchmal bleiben sie unaufgeklärt. So wie der Søllerødgade-Fall. Jahrelang haben wir die Extremisten aus der linken wie rechten Szene beobachtet und unter Kontrolle gehabt. Aber als die Bombe explodierte, waren wir völlig machtlos.«
Mit zwei Fingern schnippte Katrine die Zigarette weg. » Ist es nicht noch zu früh, um aufzugeben?«
» Darum geht es doch gar nicht.« Er reckte die Arme in die Luft. » Es geht …«
Sie blieb mitten auf dem Weg stehen und sah ihm in die Augen. » Ich habe Tom nicht gemocht und Henrik kaum gekannt, aber das ändert nicht das Geringste an meiner Einstellung: Niemand, ganz gleich, wer er ist oder was für einer Organisation er angehört, darf ungestraft davonkommen, wenn er einen von uns tötet. Das steht über allem. Verstehst du, Nikolaj?«
Storm nickte. Ihre Entschlossenheit übertrug sich auf ihn. » Was schlägst du vor?«
» Dass wir uns die Angestellten von Valhal Securities näher ansehen. Bjarnes Angst war nicht vorgetäuscht,
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