Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
er nämlich merken, dass Benjamin keine Zeit mehr gefunden hatte, sein Hemd zu bügeln.
» Herr Løvengren wäre nun bereit.«
Benjamin zuckte zusammen und blickte zur Empfangsdame auf, die vor ihm stand.
» Danke.«
Er folgte ihr zum Aufzug. Gemeinsam fuhren sie in den zweiten Stock, wo sie ihn zu einem Konferenzraum führte.
» Wir schön, dass Sie kommen konnten, Benjamin. Ich habe mich darauf gefreut, Sie kennenzulernen.«
Direktor Karl Løvengren hatte einen festen Händedruck. Er trug einen dunklen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte. Um das Handgelenk spannte sich eine goldene Uhr. Sein akkurater Schnurrbart und sein Bürstenhaarschnitt verliehen ihm ein militärisches Aussehen, doch sein Lächeln war warmherzig.
Benjamin stellte sich mit undeutlichem Murmeln vor.
Løvengren bat ihn, doch die Jacke abzulegen und Platz zu nehmen. Benjamin entledigte sich notgedrungen seiner Jacke und setzte sich auf einen der hohen weißen Lederstühle, die sich um einen dunklen Tisch mit Granitplatte gruppierten. Der Konferenzraum war nobel und stilvoll eingerichtet. An der hinteren Wand lief lautlos der Werbespot von Valhal Securities, den er bereits in der Empfangshalle gesehen hatte.
Løvengren fragte, ob er etwas zu trinken wolle, und zeigte auf ein Tablett mit verschiedenen Flaschen, das in der Mitte des Tisches stand. Benjamin lehnte dankend ab.
Løvengren stellte sich als Gründer und Direktor der Firma vor, die seit fast zehn Jahren existierte. » Wissen Sie, was wir hier tun, Benjamin?«
» Sicherheit und so etwas«, antwortete er unsicher. Er hätte sich vorher über die Firma informieren sollen. Doch seit er mit L. T. telefoniert hatte, waren die Tage wie im Flug vergangen.
Løvengren schüttelte leicht den Kopf, ehe er sich an die Stirnseite des Tisches setzte. Die Helligkeit des Flachbildfernsehers in seinem Rücken verlieh ihm eine leuchtende Aura. » Valhal Securities widmet sich verschiedensten Sicherheitsaspekten. Von gewöhnlichem Wachdienst für Privatpersonen und Firmen in Dänemark bis hin zu Aufgaben in Übersee.« Er lehnte sich zurück. » Im Ausland schulen wir Mitarbeiter von Firmen, die in Hochrisikobereichen tätig sind. Das kann im Nahen Osten sein, aber auch in Afrika, Südamerika oder in den Staaten des ehemaligen Ostblocks. Wir bringen den Mitarbeitern bei, wie sie sich unauffällig verhalten und gefährliche Situationen vermeiden können. Manchmal leisten unsere Leute aber auch direkten Personenschutz.«
Løvengren beugte sich vor und schenkte sich ein Glas Wasser ein, ehe er weitersprach.
» Darüber hinaus erstellen wir Sicherheitsanalysen für Unternehmen. Wir nehmen Kontakt zu den lokalen Obrigkeiten auf, seien es nun irgendwelche Stammesführer oder offizielle Behörden. Wo immer in der Welt unsere Klienten zu tun haben, so können sie sich jederzeit so sicher fühlen wie in der dänischen Provinz«, sagte er lächelnd. » Sogar in Afghanistan.«
Benjamin schaute ihn überrascht an. » Ich wusste gar nicht, dass es in Afghanistan dänische Sicherheitsfirmen gibt.«
» Wir sind die einzige!«, entgegnete Løvengren mit stolzem Lächeln. » Erst letzten Monat haben wir uns der Delegation des Außenministeriums angenommen, die zu Besuch in Kabul war.«
» Wow«, entwich es Benjamin.
» Wow«, wiederholte Løvengren lächelnd. » Woher kennen Sie eigentlich Toft?«
Die Frage überraschte ihn. Er dachte, dass L. T. Løvengren informiert hatte. Er erzählte, sie wären sich in der Stadt und später auch im Fitnesscenter begegnet, in dem sie beide Mitglied seien. » Bjarne Kristoffersen kenne ich auch«, fügte er rasch hinzu.
Bjarnes Name löste ein Stirnrunzeln auf Løvengrens Stirn aus. » Toft ist ein geschätzter Mitarbeiter«, sagte er. » Erzählen Sie mir von Ihrer Zeit beim Militär.« Løvengren öffnete eine Mappe, in denen sich Kopien von Benjamins Bewerbungsunterlagen befanden. » Sie gehörten zu den Pioniertruppen?«
» Ja«, antwortete Benjamin. » Vor dem Auslandseinsatz war ich eineinhalb Jahre in der Skive-Kaserne und danach für vier Monate auf Bornholm.« Das alles schien ihm ewig her zu sein. » In Helmand war ich im Camp Armadillo.«
» Vorposten, wie interessant«, sagte Løvengren.
» Ja«, entgegnete er schnell. In Wahrheit hasste er es, von seiner Zeit in Helmand zu erzählen, doch konnte er gut verstehen, dass Løvengren Bescheid wissen wollte.
» Was haben Sie da unten getan?«
Benjamin rutschte auf seinem Stuhl hin und her. » Das Übliche.
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