Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
bleibe bis in die Nacht zusammen. Verbringe die meiste Zeit mit Beten und Fernsehen, also im Wohnzimmer. Farouk sei der Kopf der Gruppe, doch gebe es unübersehbare interne Spannungen. Vor allem Hamza provoziere ihn ständig.
» Aber was genau tun sie?«
» Hamza und Jamaal sitzen fast ununterbrochen vor dem Computer.«
» Dschihad-Sites?«
» Verschiedenes. Islamistische Seiten, Spiele, sogar auf einer muslimischen Datingseite sind sie gewesen. Die beiden machen allerdings keinen sehr professionellen Eindruck und scheinen ziemlich unorganisiert zu sein. Wir downloaden alles, was sie tun. Die Techniker gehen auch den verschlüsselten Dateien nach. Es gibt einige Mails von ausländischen IP -Adressen.«
Kampmann beugte sich über den Tisch. » Gibt es irgendwelche Hinweise zu einer Verbindung mit dem Bombenanschlag am Kongens Nytorv?« Er trommelte mit den Fingern auf die Dokumentenmappe. » Worüber unterhalten sie sich?«
Storm räusperte sich. » Den Kongens Nytorv haben sie noch kein einziges Mal erwähnt. Aber sie verbringen sehr viel Zeit damit, sich Märtyrervideos und Reden anzuhören, die mit den jüngsten Angriffen in Pakistan und Irak zu tun haben. Sie diskutieren darüber, wer die größten Krieger und größten Märtyrer sind.«
» Wir haben also nichts in der Hand!«
» Eine Operation wie diese hier erfordert viel Zeit. Der Glasvej-Fall hat über ein halbes Jahr gedauert.«
» Wir haben aber kein halbes Jahr Zeit.« Er stieß sich mit seinem Stuhl zurück und stand auf.
» Ich bin sicher, dass wir die richtigen Leute beobachten«, sagte Storm. » Alles deutet darauf hin. Ich bin mir sicher, dass sie bereits den nächsten Anschlag pl ane n.«
Kampmann sah ihn skeptisch an. » Beobachten wir noch andere Orte? Gibt es weitere Verdächtige?«
» Für den Anschlag am Kongens Nytorv? Nein. Nicht mehr. Die Ermittlungen konzentrieren sich ausschließlich auf Farouks Gruppe.«
Kampmann wischte sich den Schweiß von der Stirn. » Sie wissen um das Ausmaß der Katastrophe, wenn Sie sich irren?«
Storm nickte.
» Ausgezeichnet. Dann bleibt uns also nichts anderes übrig, als mit der begonnenen Arbeit fortzufahren.« Er streckte beide Hände aus, was man als eine Art Abschiedsgruß deuten konnte.
Storm stand auf und nahm die Dokumentenmappe vom Schreibtisch.
» Schönen Gruß übrigens von Palsby. Der war sehr erfreut über die Ausweisungen, die Sie ihm zugeleitet haben. Er verspricht, dass er unter diesen Banditen ordentlich aufräumen wird.«
Storm war versucht, Kampmann daran zu erinnern, dass diese Initiative seine eigene Idee war, verkniff sich aber einen Kommentar. » Schönen Gruß zurück.«
Kampmann grunzte und schüttelte den Kopf. » Was ist mit diesem radikalen Imam, den Sie vernommen haben? Hieß er nicht Ibrahim? Vielleicht sollte sich Palsby auch mal um den kümmern, oder gibt es einen Grund, warum er unter Ihrem besonderen Schutz steht?«
Storm war die Röte ins Gesicht gestiegen. Dass Kampmann überhaupt etwas von der Vernehmung wusste, konnte nur daran liegen, dass ihn jemand aus der Abteilung darüber informiert hatte. Und außer ihm selbst und Tom Schæfer gab es nur wenige, die darüber Bescheid wussten.
» Wie haben uns schon eingehend mit Ebrahim beschäftigt, der weder islamistische noch andere extremistische Ansichten vertritt. Hingegen ist er uns bei unseren Ermittlungen schon oft von Nutzen gewesen. Ich betrachte ihn als einen loyalen Verbindungsmann zum muslimischen Milieu.«
Kampmann grunzte. » Solange Sie sich daran erinnern, dass wir eine Null-Toleranz-Politik fahren …«
Storm nickte.
Es war 20 Uhr, als Storm aus dem Hauptquartier zurückkehrte. Er war in Kontakt mit Niels gewesen, der bis Mitternacht für die Überwachung Farouks verantwortlich sein würde. Die letzten Stunden hatten keine neuen Erkenntnisse gebracht. Doch er wusste, dass es keinen Zweck hatte, sich deswegen verrückt zu machen. Es konnten Wochen vergehen, bis brauchbare Ergebnisse vorlagen.
Er fuhr auf der Autobahn in Richtung Holte. Zwanzig Minuten später bog er auf die Elmeallé ab, wo die alten Villen dicht an dicht standen. Er steuerte das mondänste der Häuser an und parkte in der Einfahrt. Er blieb sitzen und blickte zu seinem Elternhaus empor. Es war ein riesiger, dreihundertfünfzig Quadratmeter großer Kasten im funktionalistischen Stil, den sein Vater entworfen hatte. Jetzt gehörten die Schulden sowie die undichten Fenster ihm, wie sein Vater lakonisch bemerkt hatte, als er ihm
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