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Der wahre Hannibal Lecter

Titel: Der wahre Hannibal Lecter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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nur hinter vorgehaltener Hand. Aber langsam fällt es ihm auf, dass er von den »Hauseln«, wie die Hausarbeiter im Gefangenenjargon genannt werden, bei der Essenausgabe stets eine größere Portion als die anderen erhält.
    »Ich dachte, das hätten die wegen meiner Größe getan«, sagt er später.
    Doch selbst als sich immer mehr Günstlinge um ihn scharen, nimmt Maudsley die ihm aufgedrängte Chefrolle nicht an. Er zieht sich zurück, spricht fast mit niemandem mehr. Die Wärter sind sich sicher, dass er über seine Tat nachdenkt und ein neues Leben beginnen will. Viele glauben, dass er bald freigelassen wird.
    »Ich war überzeugt, dass er sein Fehlverhalten eingesehen hat. Dass er darüber nachdenkt, was er getan hatte«, sagt später ein Beamter, der damals in Roberts Zellentrakt Dienst tat. Und er fährt fort: »Einen Mord habe ich diesem jungen Kerl sowieso nicht zugetraut. Schon gar nicht einen so brutalen.«
    Solche Gedanken machen sich die Insassen nicht. Sie wollen sich an den Einzelheiten seines Verbrechens ergötzen, wollen mitfühlen, wie sich seine kräftigen Hände um den Hals seines Opfers schlossen.
    In Scharen belagern sie ihn bei den täglichen Hofgängen, stellen Fragen und bekommen doch keine Antwort Robert Maudsley will seine Ruhe und nicht ständig daran erinnert werden, warum er hier einsitzen muss. Er genießt es, im Krankenhaus seine Strafe abbüßen zu dürfen und nicht in einem der berüchtigten Hochsicherheitsgefängnisse der Insel.
    Psychologen wie Wachleute nehmen an, dass Robert Tag für Tag an Reife gewinnt, dass er sich darüber klar wird, wie er zu einem Mörder werden konnte. Doch während er seinem Vater die ganze Schuld gibt, nimmt er seine Mutter in Schutz. Dabei weiß er nur zu gut, dass keine Mutter der Welt die nächtlichen Vergewaltigungen überhören konnte. Auch sein verweintes Gesicht am Morgen musste ihr auffallen.

    Man fragt ihn: »Haben Sie nie mit Ihrer Mutter darüber gesprochen, was Ihnen Ihr Vater in den Nächten angetan hat?«
    Seine Antwort bleibt stets die gleiche: »Sie ist meine Mutter, was soll ich dazu sagen. Ich glaube, sie hat mich trotz alledem geliebt. Vielleicht hat sie es mir wegen der vielen Kinder nicht zeigen können. Vielleicht war es die Armut, in der wir aufgewachsen sind, ich weiß es nicht.«
    »Wissen Sie«, fügt er dann meistens noch an, »wirklich gut ist es mir erst in den verschiedenen Heimen ergangen. Hier wurde ich wenigstens nicht geschlagen. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich drei warme Mahlzeiten am Tag bekommen. Wir konnten uns alle richtig satt essen, bekamen im Winter warme Kleidung. Das kannten meine Geschwister und ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Früher war unsere Kleidung sommers wie winters die gleiche. Meist hatten wir nicht einmal Schuhe.«
    »Und doch.« Seine Stimme wird plötzlich sehr leise: »Ich sehnte mich nach einem Zuhause. In diesem Heim waren meist nur Kinder, die keine Eltern mehr hatten. Ich war mächtig stolz darauf, noch Eltern zu haben. Auch wenn sie mich im Augenblick nicht zu Hause haben konnten, ich bildete mir ein, weil sie einfach kein Geld hatten. Aber ich wusste, ich habe Eltern. Das machte mich mächtig stolz gegenüber den anderen Kindern im Heim.«

Schlechte Freunde

    Robert ist mit zwei weiteren Gefangenen in einer Zelle untergebracht David Francis und Bill (sein wahrer Name darf nicht veröffentlicht werden) verstehen sich gut mit ihm. Selten gibt es Streit. Höchstens mal beim Dart, jenem Wurfspiel, bei dem mit kleinen stumpfen Pfeilen von einem bestimmten Punkt aus auf eine runde Scheibe geworfen wird. Je näher man dabei dem Mittelpunkt kommt, umso höher ist die erreichte Punktzahl.
    Klar, dass jeder der drei gewinnen will, geht es doch jeweils um eine Zigarette pro Spiel. Mal wird die Abwurfgrenze überschritten, mal mogelt man an der Zielscheibe. Natürlich wird nicht mit Originalmaterial gespielt Gefangene mit Pfeilen auszustatten ist undenkbar. Bemalte Zettel mit einfachen Bleistiften zu bewerfen hält man dagegen für ungefährlich.
    David ist unter den dreien der König des Spiels, und seine Zellengenossen beneiden ihn darum.
    Aber Dart dient auch anderen Zwecken: Robert merkt, wie Bill mit ihm immer wieder über den Mord sprechen will. Er versucht ihn auszuquetschen, und das gefällt Robert zunächst überhaupt nicht. Doch Bill lässt nicht locker, will jede Einzelheit wissen. Robert braucht nicht einmal zu übertreiben.
    »Das werde ich auch einmal mit so einem Haufen

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