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Der wahre Hannibal Lecter

Titel: Der wahre Hannibal Lecter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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verschuldet hatte.
    Doch damit festigte er seine Außenseiterrolle nur, in den Heimen, in der Schule, überall.
    Gehänselt und verlacht wegen seines Lispelns, gedemütigt von Kindern wie von Erwachsenen, so lebte er tagaus, tagein.
    Sein Vater hatte immer nur Geld für Spirituosen, nie für seine Kinder. Seine Mutter duldete dies – und das wirft er ihr heute noch leise vor. Immer wieder hört er voller Entsetzen das Knarren seiner Kinderzimmertür. Nachts, als alle schliefen, der Vater sich wieder einmal durch die Tür in sein Leben schlich und sich mit keuchendem, ja hechelndem Atem auf seinen kleinen Körper warf, der sich schließlich unter Tränen und Schmerzen der Macht und Stärke des Vaters ergab.

In Broadmoor

    Robert Maudsley, gerade einmal 20 Jahre alt, bescheinigt man, an einer unbehandelbaren Persönlichkeitsstörung zu leiden.
    Hätten die Psychologen festgestellt, dass er auf psychiatrische Hilfe angewiesen sei, so wäre er nach den geltenden Gesetzen von 1983 in einem Krankenhaus untergebracht worden. Aber nach dieser Diagnose muss er mit seiner Krankheit alleine fertig werden. Alle befragten Psychiater sind sich einig. Daher beschließt das Gericht, ihm eine verminderte Zurechnungsfähigkeit zu attestieren. Doch das Gericht schiebt Maudsley nicht einfach in ein Gefängnis ab. Entgegen aller Ratschläge von Seiten der Psychiater und des Staatsanwalts gibt man ihm noch einmal eine Chance. Zur Überraschung aller weist das Gericht ihn in die Abteilung für psychisch kranke Straftäter im Gefängnis von Broadmoor ein. Hier fühlt er sich als Patient und nicht als Häftling, wird er später einmal schreiben.
    Die Länge seiner Haftzeit wird allein durch sein Verhalten in diesem Haus bestimmt. Die Richter halten das zu verbüßende Strafmaß offen. Man will diesem jungen Menschen trotz allem nicht seine gesamte Zukunft verbauen. Psychologen sollen dabei helfen, ihn wieder in die Gesellschaft einzugliedern.
    Bei Mord sind die Bedingungen für eine vorzeitige Haft-entlassung sehr hoch gesteckt. Im Sicherheitskrankenhaus von Broadmoor obliegt die Beurteilung des Patienten allein der Anstaltsleitung sowie den Psychologen, die täglich mit ihm zu tun haben, oder zumindest zu tun haben sollten. Denn glaubt man Robert John Maudsley, so hat er seinen Psychologen nur alle drei Monate gesehen, und dann nur für ein kurzes Gespräch. In seinem ersten Gutachten beschreibt ihn dieser Psychologe als »harmlos, weich wirkend und doch hoch intelligent«.
    Im Gegensatz zu den meisten hier einsitzenden Gefangenen befindet Robert sich zum ersten Mal in einer Strafvollzugsanstalt. Auf die meisten Mithäftlinge macht er einen eher zurückhaltenden Eindruck. Seine Tat siedelt ihn davon unabhängig weit oben in der Gefängnishierarchie an. Davon hat Robert allerdings keine Ahnung. Man achtet ihn, gerade weil er ein so scheußliches Verbrechen begangen hat.
    Doch durch seine Tat ist er in eine Hierarchie aufgestiegen, von der er noch nichts ahnt. Man verehrt ihn als den »Schwulen-Killer«. Homosexuelle gelten in diesen Kreisen wenig. Man verhöhnt, ja bespuckt diese »Schwuchteln und Tunten«, vergewaltigt sie unter der Dusche.
    »Man hat eigentlich gar nichts davon, es macht nur Spaß, sie vor allen zu erniedrigen. Sie haben es doch nicht anders verdient, diese Kinderschänder.« So lautet der Kommentar eines Lebenslänglichen.
    Alle, die nicht hart zu sich selbst oder gegen andere sind, werden als »Memmen« oder »Tunten« bezeichnet Dieser Einstellung verdankt Robert die zahlreichen Sympathie-bekundungen. Denn er hat nicht irgendeinen Menschen umgebracht, sondern einen, der innerhalb der Gefängnis-gesellschaft zur untersten Kaste gehört, einen angeblichen Kindesverführer. Ob dies den Tatsachen entspricht, weiß niemand. Es reicht, dass alle sich dessen sicher sind.
    Robert Maudsley muss nicht im geringsten Sorge dafür tragen, dass man ihn anerkennt. Die Medien haben ihm diese Arbeit längst abgenommen. Je grausamer die Details des Verbrechens sind, die sie so genüsslich ausbreiten, desto höher steigt er in der Rangordnung des Gefängnisses. Hinzu kommen seine Größe und sein Aussehen.
    Robert flößt Furcht ein. Und die zum Teil noch sehr jungen Häftlinge suchen einen Leitwolf. Diebe werden verachtet, gesucht werden Gefangene wie Robert, Männer, die einen anderen Menschen mit bloßen Händen getötet haben. Anfangs bekommt der einfältige Maudsley seine Sonderposition jedoch gar nicht mit. Man spricht über ihn

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