Der wahre Hannibal Lecter
Strafvollzugsmaßnahmen gefügt, die England zu bieten hat.
Maudsley verändert sich von Tag zu Tag
Im Juli 1978 – vier Monate sind seit seiner Einlieferung in Wakefield vergangen – beginnt Maudsley, sich allmählich zu verändern. Noch immer genießt er die Vorzüge einer Gemeinschaftszelle. So ist er wenigstens nicht allein an den Abenden und an den schier nicht enden wollenden Wochenenden. Diese Tage ohne Arbeit erträgt er schwer. Robert Maudsley wirkt unruhig. Seine Zellengenossen haben dies längst bemerkt. Sie wissen seine Unruhe nicht einzuordnen. Sie vermuten, er habe vielleicht eine schlechte Nachricht vom Gericht erhalten.
Möglicherweise wird er in eine andere Anstalt verlegt, spekulieren sie.
Immer wieder bittet Maudsley die Beamten um psychologische Betreuung. Er schreibt seitenlange Briefe an die Psychologen, die ihn vor seiner Verurteilung untersucht haben.
Viele antworten ihm, aber ihre Hände sind gebunden ohne einen entsprechenden Auftrag des Gerichtes, das ihn verurteilt hat.
Er wendet sich mittels eines Formulars an die Gefängnisleitung. Die Gefängnisleitung verweist ebenfalls an das zuständige Gericht.
Er spricht mit Wärtern, doch die haben nur ein Lächeln für ihn übrig.
»Willst wohl in die Klapsmühle, wie viele hier«, geben sie ihm offen zu verstehen. »Gefällt dir wohl nicht mehr bei uns?
Ist das Essen oder der Service hier vielleicht zu schlecht?
Natürlich ist es in einer Klapsmühle schöner, aber das Gericht hat dich hierher zu uns geschickt. Das ist auch gut so. Du bist nicht geistig krank. Du bist voll zurechnungsfähig, haben die Psychologen gesagt. Also wirst du auch schön unser Gast bleiben«, ist ihre eindeutige Antwort.
Immer wieder bittet er darum, seelische Hilfe zu erhalten. Er glaubt, die Kontrolle über sich zu verlieren, befürchtet auszurasten. Wie er später erzählt, wurde ihm die Erfüllung seiner Bitte nie gewährt.
Seit Tagen schon redet er bei den täglichen Hofgängen nicht mehr mit seinen Mitgefangenen. Auch nicht in den Arbeits-pausen. Er zieht sich völlig zurück und ist davon überzeugt, dass ihm niemand helfen will. Dies versucht er einem leitenden Anstaltsbeamten klar zu machen. Der sieht Maudsley mit verächtlichen Blicken an. Der Kommentar dieses Mannes wirft ihn völlig aus der Bahn.
Der Beamte sagt ihm auf den Kopf zu: »Glaubst du, alle Menschen sind dafür da, dir, Robert John Maudsley, den Knast so schön wie möglich zu gestalten? Du bist hier, weil du Menschen getötet hast, und nicht zur Kur. Was glaubst du, wie die Opfer darüber denken würden? Vielleicht hat dir das noch keiner klar gemacht. Aber dafür brauchst du auch keinen Psychiater. Diese Menschen wollten leben. Und sie hatten ein Recht darauf, ihr Leben führen zu dürfen. Doch du hast es ihnen auf bestialische Weise genommen. Hast ihre Hilfeschreie nicht erhört. Aber jetzt, wo man dich zur Rechenschaft zieht, brauchst du Hilfe? Verdrück dich in die Zelle, und sei froh, dass du noch am Leben bist. Versuche nicht, bei mir Mitleid zu erwecken, du hattest es auch nicht bei deinen Opfern!« Wortlos beendet Maudsley seinen Hofgang und geht den langen Gang zurück zu seiner Zelle. Er hört nicht, was ihm die Mitgefangenen zurufen.
»Wolltest wohl Urlaub beim Chef beantragen. Hat er nicht genehmigt. Ach, wie gemein von ihm«, verhöhnen sie ihn.
Robert John Maudsley wird immer mehr zum Außenseiter dieser Anstalt. Viele glauben, er sei dem »Knastkoller«
erlegen. Der »Knastkoller« ist ein Syndrom, das sich bei vielen Gefangenen, vor allem bei Lebenslänglichen, von Zeit zu Zeit einstellt. Ihr Geist will nicht begreifen, dass ihre Lebensum-stände durch ein Gerichtsurteil bis zum Tod vorgezeichnet wurden. Häufig denken sie in ihrer Situation daran, sich das Leben zu nehmen. Doch nicht einmal dazu lässt man ihnen die Möglichkeit.
Salney Darwood, ebenfalls ein Lebenslänglicher, teilt seit einiger Zeit die Gemeinschaftszelle mit Robert. Er spricht perfekt Französisch und wundert sich nicht schlecht als ihn Robert eines Tages fragt: »Ich möchte gerne Französisch lernen, kannst du mir das beibringen?«
»Na klar«, antwortet Salney und muss dabei ein wenig schmunzeln. »Nicht einmal richtig Englisch können sie sprechen, diese Liverpooler, aber Französisch müssen sie lernen«, denkt er sich insgeheim. Doch er weiß, dafür gibt es Tabak, und dafür tut man im Gefängnis bekanntlich alles.
Bereits seit Wochen gibt Darwood ihm nun Unterricht in der
Weitere Kostenlose Bücher