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Der wahre Hannibal Lecter

Titel: Der wahre Hannibal Lecter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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normal einen ›Koffer‹ extra. Aber wenn du schon meine Abfälle entsorgst, will ich mal nicht so sein. Da bekommst du mein Meisterwerk natürlich umsonst.«
    »Das will ich dir auch für die Zukunft geraten haben. Nun gib mir eine Tüte für die Haare«, befiehlt Robert.
    »Ach ja, natürlich«, sagt Bill und holt aus einer Schublade seine einzige große Plastiktüte hervor. Eigentlich mindestens zwei »Koffer« wert. Doch Bill zieht es vor, den Mund zu halten. Er geht zur Ecke der Zelle, füllt die Tüte und übergibt sie Robert. Wie eine wertvolle Beute betrachtet Robert sie und verlässt die Zelle des Friseurs.
    »Na, Gott sei Dank. Bin ich froh, dass der nicht mehr so schnell meinen Laden betritt«, seufzt Bill und gießt sich eine Tasse Kaffee ein.
    Robert geht zu seiner Zellentür zurück und wartet auf einen Beamten, der ihm öffnet. Mindestens zwanzig Minuten dauert es, bis endlich einer der Wärter kommt.
    »Bitte schließen Sie meine Zelle auf. Ich war beim Friseur«, sagt er zu dem Beamten.

    »Was haben Sie denn in dem Beutel?«, will dieser wissen.
    »Das ist der Haarabfall vom Friseur, damit will ich mein Kopfkissen auffüllen.«
    »So, so, Haarabfall vom Friseur«, wiederholt der Wärter argwöhnisch und betrachtet den Inhalt der Tüte. »Na, da wird ja wohl niemand etwas dagegen haben«, stellt er fest und öffnet die Tür.
    Als Robert die Zelle betritt, ruft ihm William zu: »Ganz schön kurz, deine Haarpracht! Willst wohl freiwillig zur Armee gehen? Das Sturmgepäck hast du wohl auch gleich mitbekommen?«
    Robert antwortet nicht. Er geht stumm zu seiner Pritsche, unter der er seinen mitgebrachten Beutel verstaut. Dann wendet er sich Darwood zu: »Darwood, du arbeitest doch in der Druckerei, kannst du mir morgen einige leere Kartons mitbringen?«
    »Natürlich, wir haben jede Menge davon«, antwortet Darwood. »Aber du musst den ›Wachteln‹ schon erklären, für was du die brauchst. Sonst kann ich sie dir nicht besorgen.«
    »Ich will mir zwei große Behälter bauen, die ich unter mein Bett stellen kann. Für das ganze Zeug, das sich so angesammelt hat. Ein wenig Leim zu organisieren dürfte doch wohl auch kein Problem für dich sein. Oder?«
    »Nein, die Beamten sind ja froh, wenn alles sauber aufgeräumt ist in der Zelle. Das geht, glaube ich, schon in Ordnung. Morgen hast du alles.«
    Darwood ist froh, dass Roberts gespannte Stimmung offensichtlich verflogen ist. Er wundert sich zwar, woher die plötzliche Ordnungsliebe bei Robert herrührt, aber er will darüber besser gar nicht nachdenken. Robert hat sich inzwischen mit an den Tisch gesetzt. Wortlos verfolgt er das Kartenspiel der beiden. Ab und zu lächelt er und blickt zum vergitterten Zellenfenster.
    »Aus diesem Fenster werde ich eines Tages euren Geist und eure Seele entweichen sehen«, sagt er plötzlich leise vor sich hin.
    »Wieder mal zu viel in der Bibel studiert, was?« Als er dies sagt, schaut Darwood nicht einmal hoch.
    »Kann ich mich darauf verlassen, dass du mir morgen einige große Kartons mitbringst?«, fragt Robert seinen Zellengenossen.
    »Ja, hab’ ich dir doch versprochen«, ist die mürrische Antwort.

Der nächste Morgen

    Maudsley ist als Erster wach und beginnt mit der Morgentoilette. Er blickt in den matten Spiegel und bemerkt zum ersten Mal, wie kurz ihm Bill die Haare geschnitten hat.
    »Das nächste Mal schneide ich ihm die Haare, aber woanders«, murmelt er vor sich hin. »Zahnpasta ist auch keine mehr da«, stellt er wütend fest.
    Verschlafen klettern die beiden anderen aus ihren Betten.
    Nacheinander benutzen sie die Toilette. Die Toilettenschüssel ist nur mit einer kleinen Sichtblende vom übrigen Raum abgetrennt. Jeder im Raum vernimmt die Geräusche und die Gerüche, die täglich Anlass zu Flüchen und Beschimpfungen der übelsten Art geben.
    »Vergiss ja nicht meine Kartons«, erinnert Robert noch einmal Darwood und gibt den einzigen Waschplatz der Zelle frei. Darwood geht zu seinem Regal und nimmt sich seine Seife und eine Creme hervor. Jeden Tag dasselbe Ritual: Nach einer peinlich genauen Nassrasur folgt die Reinigung des ganzen Körpers. Ein Haarwasser mit Parfüm rundet die morgendliche Toilette ab. Robert beobachtet ihn an diesem Tag genau. Er schüttelt den Kopf. Er kann nicht verstehen, wie man sich so pflegen kann. Und das im Knast.

    Fein säuberlich reinigt Darwood das Waschbecken. Er nimmt zwei Hände voll Wasser, benetzt damit sein Gesicht und die Prozedur hat ein Ende. Noch ein letztes

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