Der wahre Hannibal Lecter
Mal kämmt er sich die Haare. Nun fühlt er sich fit für das Frühstück. Kaum hat er den Kamm aus der Hand gelegt, öffnet sich mit einem lauten Krach die Luke der Zellentür.
»Frühstück, meine Herren«, schreit der »Hausel« in die Zelle. »Wollen die Herren die Eier weich gekocht oder etwas härter?«
»Nein, lieber gestreichelt«, antwortet Darwood. Doch der Witz ist alt. Robert nimmt als Erster den Blechnapf mit Kaffee entgegen, greift hungrig nach dem Blechteller mit zwei Scheiben Brot, Margarine und etwas Marmelade.
»Saufraß«, ist sein täglicher Kommentar, obwohl er »draußen« froh über solch ein Frühstück gewesen wäre.
»Für dich gibt’s morgen ein Champagnerfrühstück, Maudsley. Ist das recht so?«, ruft der begleitende Wachbeamte zurück und kann dabei noch immer herzhaft lachen.
Noch immer hängt der Toilettengeruch in der Luft, als das Trio wie jeden Tag sein Frühstück einnimmt. Sie sind gut gelaunt, denn anschließend dürfen sie zur Arbeit. Eine will-kommene Abwechslung. Man ist nicht in der kleinen Zelle eingesperrt, sondern unter seinesgleichen in einer größeren Gruppe beisammen. Aber die Arbeit ist hart. Wenn ein Gefangener das Soll nicht erreicht, bekommt er weniger Lohn, und der ist sowieso nicht sehr üppig. Also hält man sich ran.
Viele Experten sagen: »Wenn die Leute draußen auch so viel gearbeitet hätten wie hier, wären die meisten noch in Freiheit.
Viele entwickeln sich hier zu Spitzenkräften. Hätten sie sich in Freiheit so viel Mühe gegeben, wäre ihnen sicher viel erspart geblieben.«
Robert Maudsley ist an diesem Tage besonders fleißig. Er ist in einem Metall verarbeitenden Betrieb tätig, und der Werkmeister ist voll des Lobes. Dabei sehnt Maudsley den Feierabend gerade an diesem Tag herbei. Er hofft ständig, dass Darwood die Kartons nicht vergessen hat.
»Schluss für heute«, ruft der Werkbeamte den Gefangenen zu. Wie jeden Tag stellen sie sich vor dem Ausgang des Werk-raumes in Zweierreihen auf. Jeder einzelne wird am ganzen Körper abgetastet. Es wird geprüft, ob nicht irgendjemand ein Werkzeug mitgenommen hat. Eisensägen und Feilen sind aus einleuchtendem Grund unter den Gefangenen sehr begehrt. Sie sind der Schlüssel zur ersehnten Freiheit.
Doch noch keinem der Gefangenen ist es bisher gelungen, das vergitterte Fenster zu überwinden. Viele haben daran gesägt und gefeilt. Entweder wurden sie durch neidische Mitgefangene verpfiffen, oder einer der Beamten bemerkte die Manipulationen an den Eisenstäben. Die Wärter, die fast täglich die Zellen kontrollieren, können, wenn sie mit einem Hammer an die Eisen schlagen, leicht überprüfen, ob daran gesägt wurde.
Angeführt von drei Beamten, verlassen die Häftlinge in Zweierreihen die Werkstatt. Sie gehen die wenigen Meter über den Gefängnishof bis zum Eingang des Zellenbaues. Noch einmal erhaschen ihre Blicke die Weite des freien Himmels.
Sie blicken stumm zu den unüberwindbaren, endlos überein-ander getürmten Steinen, die mit meterhohem Stacheldraht gekrönt sind.
Der leitende Werkbeamte schließt die schwere Tür zum Zellentrakt auf. Wie Soldaten treten sie in den endlosen Gang und stellen sich routiniert auf. Die zweite Leibesvisitation beginnt. Die drei Beamten durchsuchen alle Taschen und tasten jeden Gefangenen noch einmal ab. Die Gefangenen machen Witze, als man ihnen wie jeden Tag zwischen die Beine greift.
Dabei ist es das beliebteste Versteck für unerlaubte Mit-bringsel. Doch wie an den meisten Tagen findet man auch heute nichts.
Nun werden stichprobenartig drei Gefangene zur »Generaluntersuchung« ausgewählt. Eine unangenehme Prozedur beginnt. Während die restlichen Gefangenen zu ihren Zellen gebracht werden, kommen die drei in eine Einzelzelle. Dort müssen sie sich völlig nackt ausziehen. Die Beamten ziehen Gummihandschuhe an. Die Häftlinge müssen sich bücken. Nun wird der Darm untersucht. Doch auch hier wird man nicht fündig. Diese unangenehme Tätigkeit hassen selbst die Beamten. Doch der Schmuggel von Rauschgift soll dadurch verhindert beziehungsweise minimiert werden. Welch hohen Rauschgiftkonsum es in den Strafanstalten gibt, kann man oft genug in den Zeitungen lesen.
Die Werkstätten werden fast täglich mit Material von draußen beliefert, und die fertig gestellte Arbeit abgeholt.
Manchmal gelingt es den Gefangenen, die Fahrer mit Geld zu bestechen und sie zu Kurierfahrten zu überreden. Viel Geld ist im Umlauf und im Besitz der Gefangenen in allen
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