Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
Vom Netzwerk:
schon etwas leiser, vielleicht ließen aber einfach die Rentierfelle, mit denen er zugedeckt war, sein dröhnendes Schnarchen nicht so laut hindurch. Und Dobrynin genoss seinen Zustand.
    „Ahuu … ahuu!“, konnte der Volkskontrolleur hören. Da zerrte der Alte auch schon einen verschlafenen Hund in den Balagan, der keine große Lust hatte hineinzukommen und sich träge mit den Pfoten dagegenstemmte. „Ahu-ahu“ befahl ihm der Alte und zog ihn dabei am Nackenfell zu seinem Gast.
    Schließlich hatte er es geschafft und setzte den Köter zwischen Dobrynin und sich und sprach mit dem Hund auf Russisch, indem er auf den Volkskontrolleur zeigte:
    „Siehst du, weit gereister Gast ist gekommen, russischer Gast … du musst ‚wau! wau!‘ bellen.“
    Aber der Hund bewegte nur seine Schnauze zwischen seinem Herrn und Dobrynin hin und her; offensichtlich hatte er gar nicht vor zu bellen.
    „Ahuu-ahuhuu, siehst du, weit gereister Gast bittet, jetzt bell!“, bat der Herr seine Hund noch einmal, der indessen weiterhin schwieg. Da holte der Alte aus und zog ihm mit dem leeren Krug schwungvoll eins über den Rücken. Der Hund heulte auf und der Alte freute sich und wiederholte das Ganze. Sei es aus Schmerz oder vor Schreck – der Hund bellte klangvoll und wunderbar und Dobrynin schloss, von den heimatlich vertrauten Lauten entzückt, die Augen und glitt hinüber in einen sanften und warmen Frühlingstraum, in dem er auf einer von Löwenzahn bedeckten Lichtung lag, und neben ihm spielte und bellte sein geliebter Hund Mitka und wälzte sich auf dem Rücken.
    Der Alte schlug seinen Hund immer wieder, und der Hund bellte immer lauter und lauter, sodass der Komsomolze schließlich erwachte und unter den Rentierfellen hervorblickte.
    „Warum machst du solchen Lärm?“, fragte er unzufrieden, da ihn abgesehen von dem unangenehmen Lärm im Balagan auch noch Kopfschmerzen plagten.
    „Weit gereister Gast wollte, dass der Hund bellt“, erklärte der Alte und hörte auf, mit dem Krug auf den Hund einzuschlagen.
    Der Komsomolze warf Dobrynin einen unwilligen Blick zu, dann drehte er sich zu dem Alten um und sagte:
    „Er schläft doch! Jag den Hund hinaus!“
    Dobrynin hörte diese Worte und sie gefielen ihm ganz und gar nicht, aber ihm fehlte die Kraft, die Augen zu öffnen und zum Komsomolzen zu sagen: „Nein, ich schlafe nicht, ich höre dem Hund zu!“
    Also seufzte der Volkskontrolleur tief in seinem Traum. Da verstummte der Hund und es wurde plötzlich ganz still und schwermütig, und mit einem Mal verschwand auch der Frühlingstraum, in dem sich Pawel Aleksandrowitsch Dobrynin gerade noch befunden hatte, und anstelle dieses Traums erschien ein anderer, der kalt und unangenehm war, in dem der Volkskontrolleur durch die Schneewüste lief und hinter ihm jagte der Einheimische mit dem Namen Waplach in böser Absicht auf dem Propellerschlitten her.
    * * *
    Das Aufwachen war ziemlich mühevoll gewesen. Zum Frühstück aßen Dobrynin und Zybulnik dünne Streifen von getrocknetem Fleisch, das so stark gesalzen war, dass es nur mit Mühe den Hals hinunterrutschte. Dazu tranken sie säuerlichen Milchtee, bei dem unklar war, woraus ihn Abunajka zubereitet hatte.
    „Möge Russe Zybulnik zu Russe Kriwizkij sagen, dass Abunajka müde ist und nicht arbeiten kommt … Gut?“
    Der Komsomolze nickte.
    Als sie aus dem Balagan hinaustraten, stellte Dobrynin fest, dass die Polarnacht heller geworden war; sie war nun nicht mehr tiefblau, sondern von hellblauer Farbe. Mit Interesse sah er in den tief herabreichenden Himmel – die bunten, regenbogenfarbigen Schlieren des Polarlichts waren kaum zu sehen.
    „Ist es schon Morgen?“, fragte er Zybulnik. Zybulnik sah sich ebenfalls um und sein Blick war immer noch vernebelt.
    „Ja, sieht aus, als ob es hell werden würde …“, meinte er. „Die Eskimos schlafen noch, und wir sind schon auf dem Weg in die Arbeit …“
    In der Stimme des Komsomolzen lag so viel Schwermut, dass Dobrynin sofort an seine eigene kleine Heimat denken musste, an das Dorf Kroschkino.
    Sie gingen gemächlich in die Stadt, hielten vor der Tür zum Holzhaus des Vorsitzenden und traten ein.
    Kriwizkij saß am Tisch unterhalb seines Selbstporträts aus Pelz und las in irgendwelchen Dokumenten.
    Der Komsomolze räusperte sich und trat geräuschvoll von einem Bein aufs andere.
    „Aah.“ Der Vorsitzende von Chulajba riss sich schließlich von den Unterlagen los. „Guten Morgen! Und ich dachte, Sie schlafen noch!“
    Eine

Weitere Kostenlose Bücher