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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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Mann schwieg und lächelte erfreut.
    An diesem Abend waren die Sterne zu sehen und die Menschen betrachteten sie, während jeder seinen Gedanken nachhing.
    Dann tranken sie die Erdbeerbrühe. Es gab nicht genügend Krüge, deshalb tranken sie der Reihe nach, aber niemand war verstimmt, sondern jeder beeilte sich auszutrinken, wobei sich einige sogar die Zunge verbrannten, nur damit diejenigen, die noch nicht getrunken hatten, schneller an die Reihe kamen.
    Schon gegen Mitternacht lagen alle um das erloschene Feuer herum und schliefen. Niemand fror, denn die Nachtluft war sommerlich warm. Einige Männer schnarchten, aber niemanden störte das. Der erste Schlaf im Neuen Gelobten Land war ein tiefer und fester Schlaf.
    Mit der Morgendämmerung ging das neue Leben weiter. Die Bauarbeiter griffen zu den Äxten und Sägen, man hörte es hämmern und klopfen, und auf den Hügeln entstanden lange, gerade Stallwände. Die ersten Ställe wurden für die Menschen, für die neuen Bewohner dieses Ortes, errichtet – schließlich wussten die Bauarbeiter noch keine Häuser zu bauen. Aber ist ein Kuhstall etwa kein Haus, wenn man Holzbänke darin aufstellt und einen Lehmofen einsetzt? War das etwa kein Haus? Indessen arbeiteten die Bauarbeiter hingebungsvoll und rekordverdächtig, ohne Pause und Schlaf, und auf diese Weise drei Tage lang, bis sie vier Ställe fertiggestellt hatten, von denen drei für die Menschen bestimmt waren und einer für das Vieh.
    Auch die Bauern saßen nicht untätig herum. Mithilfe der beiden Pferde der Rotarmisten sowie mit bloßen Händen begannen sie ein Feld umzupflügen, das bis zum Fuß des Hügels an den Friedhof heranreichte. Die Rotarmisten spitzten aus den Ästen der Haselsträucher Fischspeere und fischten damit im Fluss auf der anderen Seite des Hügels. Die gefangenen Fische brachten sie zum Feuer, wo einige Bäuerinnen diese zubereiteten. Und so aßen alle jungen Siedler des Neuen Gelobten Landes drei Tage lang köstliche, herzhafte Fischsuppe.
    Der Oberdeserteur sammelte im Wald hinter dem Fluss Pilze, von denen er viele fand und sogleich auf den Hügel brachte, wo er aus drei Zweigen eine Vorrichtung zum Trocknen anfertigte und sie dort auf eine Schnur gefädelt aufhängte.
    Archipka-Stepan streifte auf dem Hügel umher und dachte nach. Manchmal, wenn ihn die geistige Erschöpfung überwältigte, legte er sich ins Gras und döste, und niemand störte ihn dabei, denn alle wussten, dass, wenn es ihn nicht gegeben hätte, sie nicht hierhergekommen wären und dieses neue Leben voller Freude für sie nicht begonnen hätte.
    Der Engel versuchte, den Bauarbeitern zu helfen, sah aber schnell ein, dass er ihnen keine große Hilfe war. Er versuchte, mit dem Speer Fische zu fangen, aber das rief bei den geschickten ehemaligen Rotarmisten nur Gelächter hervor. Zu den Bauern ging er gleich gar nicht mehr, da er ahnte, dass man ihn auch dort auslachen würde. Deshalb half er ein wenig beim Feuer, auf dem die gemeinsamen Mahlzeiten gekocht wurden. Er trug Brennholz und Wasser, und nur dort spürte er dankbare Blicke auf sich, vielleicht auch nur aus Neugier, jedenfalls lag in diesen gutmütigen Blicken kein Spott.
    Der bucklige Buchhalter beschaffte sich von irgendwoher ein dickes Büroheft und einen Bleistift und ging umher, um die Namen der Siedler aufzuschreiben, ihren Beruf und Ähnliches. Als er alle aufgeschrieben hatte, was am zweiten Tag der Fall war, ging er daran zu überprüfen, woran wer arbeitete, und er behelligte die Siedler mit verschiedensten Fragen. Manchmal fragte er die Lehrerin Katja um Rat, die in der Sonne saß, ihre klugen Bücher las und darüber nachdachte, wie sie alle unterrichten würde. Er kam zu ihr, um sie etwas über die Natur zu fragen oder über die Wissenschaft der korrekten Berechnung, und er freute sich immer ganz außerordentlich über jede Antwort, sogar wenn er die Antwort nicht ganz verstehen konnte.
    Am vierten Tag begannen die Bauarbeiter, Bänke zusammenzunageln, und ein Bauer namens Sachar, ein erfahrener Ofensetzer und Räuchermeister, machte sich daran, Lehmöfen für die Ställe der Menschen herzustellen. Er ging mit drei Männern zum Fluss und zeigte ihnen, wo sie nach Lehm suchen sollten. Und tatsächlich – die Männer gruben ein- oder zweimal und stießen auf guten, bläulich schimmernden Lehm. Sie begannen ihn abzutragen, andere Männer brachten ihn auf den Hügel und Sachar modellierte daraus Öfen, und diese Arbeit ging ihm schnell von der Hand.

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