Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
Vom Netzwerk:
beinahe selbst ihr Schicksal geteilt hätte.
    Genosse Kalinin hörte den Erzählungen des Volkskontrolleurs aufmerksam zu und unterbrach ihn kein einziges Mal. Gegen Ende bemerkte Pawel Aleksandrowitsch in Kalinins Blick gerechten Zorn.
    Da klopfte jemand an die Zimmertür. Ein Rotarmist brachte einen Teekessel, zwei Gläser in Glashaltern und eine Blechdose mit Würfelzucker. Er stellte alles auf den Tisch, salutierte und ging wieder hinaus.
    „Ja“, brachte Kalinin traurig hervor. „Trinken wir Tee. Leider hab ich nichts zum Tee dazu … Die Zeiten sind schwer bei uns.“
    „Ich habe Kekse dabei“, erwiderte Dobrynin und beugte sich zu seinem Reisesack hinunter, um die Schachtel „Auf dem Posten“ hervorzuholen.
    Er legte die Kekse auf den Tisch und schenkte dann Tee in die Gläser.
    „Die Kekse sind gut!“, bemerkte Kalinin. „Hast du sie im Norden gekauft?“
    „Nein, hier in Moskau, in einem Geschäft im Zentrum.“
    „Na, dann steht es noch nicht ganz schlecht. Ich weiß selbst nicht genau, wie es dort außerhalb der Kremlmauern zugeht. Ich hab nicht einmal Zeit zum Schlafen, geschweige denn, um in die Stadt zu gehen! Na, und die Aktentasche, von der du gesprochen hast, hast du sie dabei?“
    „Ja, hier.“ Dobrynin beugte sich wieder über seine Tasche und holte die gelbe Aktentasche und das Pelzporträt von Kriwizkij heraus.
    „Was für ein Unmensch!“ Kalinin schüttelte den Kopf, als er das Porträt an sich genommen hatte. „Wie hat man nur so jemanden aussuchen können?! Damit wird man sich ernsthaft auseinandersetzen müssen! Ich übergebe das dem Zuständigen und du, Pascha, mach dir keine Sorgen. Wir werden die Kontrolleure rächen!“
    Schweigend tranken sie Tee und kauten Zucker und Kekse dazu.
    Dobrynin erinnerte sich an den Urku-Jemzen.
    „Genosse Kalinin“, unterbrach er das Schweigen. „Wie kann ich diesen Einheimischen, der mich gerettet hat, zu meinem Gehilfen machen? Sodass er mit mir unterwegs sein kann …“
    „Vertraust du ihm voll und ganz?“, fragte Kalinin streng.
    „Ja.“
    „Na, dann ist alles in Ordnung. Wir stellen ihm eine Vollmacht aus. Wie heißt er?“
    „Dmitrij Waplachow.“
    „Und sein Vatername?“
    „Den kenne ich nicht“, gestand Dobrynin.
    „Na, dann nehmen wir Iwanowitsch!“, murmelte Genosse Kalinin, während er alles auf einem Blatt Papier notierte.
    „Einverstanden“, stimmte der Volkskontrolleur ihm zu.
    Sobald die notwendige Mitschrift verfasst war, legte Kalinin das Papier auf seinen Arbeitstisch und blickte wieder Dobrynin an.
    „Pascha“, sagte er. „Ich wollte dich um deinen Rat fragen …“
    „Wirklich?!“ Dobrynin war aufrichtig verwundert.
    „Ja. Du bist doch so etwas wie ein Vertreter des Volkes. Man hat mir vom Obersten Sowjet ein Schreiben von den Bewohnern der Stadt Twer geschickt, das ist so eine Stadt nicht weit von hier … Nun, sie bitten mich also, dass ich zu Ehren ihrer Stadt meinen Namen ändere …“
    „Wie ist das gemeint?“ Dobrynin verstand nicht.
    „Nun, sie bitten mich, den Nachnamen Twerin anzunehmen … Es ist eine gute Stadt, der Fünfjahresplan wurde zwei Jahre früher erfüllt, aber ich weiß es einfach nicht …“
    „Also, wenn es eine gute Stadt ist, warum nicht?“ Nachdem Dobrynin ein wenig über das Problem nachgedacht hatte, begann er bereits überzeugter zu sprechen: „Ja, und es klingt auch gut, sehr russisch: Twerin! Das ist immerhin nicht Brodskij! Und auch nicht Kriwizkij!“
    „Ja?!“, entgegnete Kalinin nachdenklich. „Na, vielleicht hast du recht … Also gut. Lass mir die Aktentasche und das Porträt hier und ich werde gleich den Befehl geben, die Angelegenheit zu untersuchen. Man wird dich jetzt nach Hause bringen, und du bleib bitte in der Wohnung. Wenn irgendetwas ist, dann wirst du abgeholt. Weißt du, solche Angelegenheiten sind nicht meine Stärke, aber bei uns gibt es Tschekisten, die sind gut in all diesen Sachen. Es kann sein, dass du ihnen alles noch einmal erzählen musst. In Ordnung?“
    „Natürlich“, antwortete Dobrynin und stand vom Tisch auf.
    „Entschuldige mich, ich muss arbeiten.“ Kalinin stand ebenfalls auf. „Aber wir werden bald wieder gemeinsam Tee trinken!“
    Genosse Kalinin führte den Volkskontrolleur auf den Korridor hinaus und rief einen Rotarmisten herbei, der in der Nähe Wache stand, damit er Dobrynin aus dem Gebäude begleite.
    Draußen war das Wetter etwas besser geworden, aber die Sonne schien immer noch nicht. Anstelle der schwarzen

Weitere Kostenlose Bücher