Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman
Ehefrau alles zu erzählen?! Nachdem er ein paar Minuten hin und her überlegt hatte, entschloss sich der Volkskontrolleur dazu, vorsichtig nachzufragen:
„Nun, wie soll ich erzählen: der Reihe nach oder nur das Wichtigste?“
„Das Wichtigste“, nickte seine Frau und ihr Gesicht nahm in Erwartung der Erzählung einen ernsten Ausdruck an.
Dobrynin berichtete ihr ohne große Lust von den wichtigsten üblen Vorfällen, vom Tod des weißen Pferdes und der beiden Genossen während des Schneesturms, vom rätselhaften Verschwinden eines ganzen Volkes und von den verlässlichen Soldaten.
Seine Frau hörte ihm mit unverhohlenem Interesse zu. Während Dobrynin erzählte, zeigte ihr Gesicht einen so bewegten Ausdruck, dass Dobrynin daraus schloss, dass sie sich stark zurückhielt, ihren Mann nicht über Einzelheiten auszufragen. Aber sie unterbrach Dobrynin kein einziges Mal, und am Ende seiner Erzählung hob sie den Kopf von seiner Schulter und küsste den Volkskontrolleur auf die Schläfe.
„Du bist ein Held für mich!“, sagte sie mit zärtlicher, warmer Stimme.
Dobrynin wusste mit den Zärtlichkeiten seiner dienstlichen Ehefrau nichts anzufangen, und von dem Kuss auf seine Schläfe krampfte sich in ihm sogar alles zusammen und er spannte die Muskeln an, um das unerwünschte Verlangen zu unterdrücken. Aber die Worte dieser Frau, genauer gesagt das Wort „Held“, erwärmten Pawel Aleksandrowitsch das Herz und taten ihm wohl. Sogleich war er ihr gegenüber milder gestimmt. Er überwand seine verlegene Wortkargheit und fragte:
„Und du, Marija Ignatjewna, wo warst du?“
„Ich war auf Dienstreise“, antwortete seine dienstliche Ehefrau ruhig. „Ich habe den Soldaten geholfen …“
Als Dobrynin das hörte, wunderte er sich und begriff, dass er über seine dienstliche Frau überhaupt nichts wusste.
„Und zu welcher Einheit ging die Reise?“, brachte er noch eine Frage hervor.
„Ich bin schließlich Vorsitzende der Frauenkommission des Obersten Sowjet für Mutterschaft und glückliches Familienleben …“
Bei diesen Worten fühlte Dobrynin sich unwohl, ihm wurde schwindlig und er stand auf.
„Was ist mit dir, Pawluschka?!“, fragte Marija Ignatjewna besorgt.
„Mein Kopf …“
„Du bist wahrscheinlich erschöpft. Du hast so viel durchgemacht! Möchtest du vielleicht einen Wodka?“, flötete seine Frau erstaunlich zärtlich.
Pawel Aleksandrowitsch nickte.
„Setz dich, setz dich, Pawluschka, ich bin gleich wieder da!“ Und Marija Ignatjewna sprang auf und ging in die Küche.
Dobrynin setzte sich wieder auf das Sofa. In seinem Kopf herrschte ein Durcheinander.
Ins Zimmer zurückgekehrt reichte Marija Ignatjewna ihrem Mann ein Gläschen Wodka und eine kleine Salzgurke. Pawel Aleksandrowitsch trank den Wodka aus und aß die Gurke dazu. Danach fühlte er sich ein wenig besser.
„Ich kann dir von meiner Dienstreise erzählen!“, schlug die dienstliche Ehefrau vor und begann sogleich, ohne Dobrynins Zustimmung abzuwarten: „Ich war in Weißrussland und habe Militäreinheiten besucht. Auch bei der Grenzwache war ich. Achtzigtausend Liter Blut habe ich gesammelt …“
„Was?“, fragte ihr Mann erschrocken.
„Blut“, wiederholte Marija Ignatjewna und sah Dobrynin aufmerksam in die Augen. „Und du … kann es sein, dass du gar nichts davon weißt?! Du warst doch an einem Ort, an dem es weder Radio noch Zeitungen gibt … Natürlich weißt du nichts davon!“
„Wovon weiß ich nichts?“
„Na … von der landesweiten Blutspendeaktion.“
„Und wofür braucht man das Blut?“, fragte der Volkskontrolleur immer noch erstaunt.
„Für den Fall eines Krieges“, antwortete Marija Ignatjewna. „Die internationale Lage ist äußerst angespannt. Also hat sich das sowjetische Volk verpflichtet, dem Vaterland zehn Millionen Liter Blut zu spenden. Es spenden natürlich in erster Linie Personen des Militärs und Kommunisten. Mit ihnen gibt es keine Probleme. Aber die Kolchosbauern …“ Marija Ignatjewna schüttelte missbilligend den Kopf. „Sie verstehen es nicht … Sie haben das Besitzdenken noch nicht überwunden.“
„Und wie kann man einem Menschen Blut abnehmen?“, dachte der Volkskontrolleur laut nach. „Das ist doch schwierig …“
„Daran ist überhaupt nichts Schwieriges!“, überzeugte ihn seine dienstliche Frau. „Es ist sogar sehr leicht, es wird in einem medizinischen Verfahren aus der Vene entnommen. Eine spezielle, fünfzigtausend Mann starke Gruppe von
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