Der Waisenstern.
regte.
»Hallo, Bisondenbit.«
Vom physiologischen Standpunkt aus war die Vorstellung, daß dem Thranx die Augen aus dem Kopf traten, unvernünftig, dennoch hatte Flinx den Eindruck. Bisondenbits Antennen zitterten so heftig, daß Flinx Angst hatte, sie könnten abbrechen, und der Thranx starrte schreckerfüllt Pip an.
»Die Handtasche«, wiederholte Flinx mit leiser Stimme, »und beruhigen Sie sich, ehe Sie sich weh tun.«
»I-I-ja -«, stotterte Bisondenbit. Interessant! Flinx hatte noch nie zuvor einen Thranx stottern hören. Bisondenbit wandte sich der alten Frau zu, griff in eine besonders tiefe b-Thoraxtasche und entnahm ihr eine kleine sechseckige Tasche aus gewebtem, goldfarbenem Metall.
»Sie haben das gerade fallen lassen, Königinmutter«, murmelte er widerstrebend und benutzte die formelle Höflichkeitsform. »Die Haken haben sich alle gelöst... Sehen Sie?« Die Matrone griff sich mit einer Fußhand an den Leib und mit der Echthand nach der Tasche.
»Ich verstehe nicht. Ich war ganz sicher, daß sie befestigt...« Sie unterbrach sich, zuckte mit dem Kopf und vollführte mit Schädel und Antennen eine Bewegung, die in der Körpersprache der Thranx ein Höchstmaß an Dankbarkeit ausdrückte, und fügte noch hinzu: »Meinen verbindlichsten Dank, Kriegsherr.«
Flinx mußte an sich halten, als sie Bisondenbit das unverdiente Kompliment machte.
Die höfliche Pose dieses würdigen Vertreters seiner Art hielt an, bis die Matrone außer Hörweite war. Dann musterte er Flinx nervös. »Ich wollte nicht, daß Sie getötet werden... ich wollte nicht, daß irgend jemand getötet wird«, stammelte er, »die haben mir nichts von einem Mord gesagt. Ich sollte Sie bloß nach... «
»Beruhigen Sie sich«, riet ihm Flinx. »Und hören Sie auf, vom Tod zu jammern. Es hat schon viel zu viele Tote gegeben.«
»Oh, da bin ich ganz Ihrer Meinung«, gestand der Thranx, und seine Spannung löste sich langsam. »Aber ich habe damit nichts zu tun.« Plötzlich gewann die Neugierde in ihm die Oberhand.
»Wie ist es Ihnen denn gelungen, aus dem Turm zu entkommen und das Plateau zu verlassen? Ich habe gehört, daß viele nach Ihnen Ausschau hielten, aber niemand hat Sie gesehen.«
»Ich bin heruntergeflogen«, sagte Flinx, »aber vorher habe ich mich natürlich unsichtbar gemacht.«
Bisondenbit sah ihn unsicher an, fing zu lachen an, hielt inne und starrte ihn dann wieder an. »Sie sind ein höchst ungewöhnlicher Bursche, selbst für einen Menschen. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen glauben soll oder nicht.« Plötzlich sah er sich in der geschäftigen Abflughalle um und wurde wieder nervös. »Mächtige Leute aus Challis' Umgebung wollen wissen, wo Sie sich aufhalten. Es heißt, es sei eine große Belohnung ausgesetzt. Aber der einzige Hinweis auf Ihre Flucht liegt bei einer Frau, die sich in einem Krankenhaus befindet. Sie ist immer noch nicht vernehmungsfähig.«
»Das tut mir leid«, murmelte Flinx aufrichtig.
»Es ist nicht gut für mich, wenn man mich mit Ihnen sieht - Sie sind jetzt eine... äh... gesuchte Persönlichkeit.«
»Es ist immer nett, wenn man beliebt ist«, erwiderte Flinx, ohne sich um Bisondenbits Angst zu kümmern. »Übrigens, ich wußte gar nicht, daß die Thranx auch den Taschendiebstahl zu ihren Talenten zählen.«
»Vom digitalen Standpunkt aus waren wir stets geschickt. Viele Menschen haben ähnlich... äh... nützliche Fähigkeiten von uns gelernt.«
»Das kann ich mir vorstellen«, grinste Flinx. »Ich lebe zufälligerweise in einer Stadt, in der es von Meistern dieser Kunst wimmelt. Aber ich habe jetzt keine Zeit, mich mit Ihnen über die Moral des Kulturaustausches zu unterhalten. Sagen Sie mir bloß, wo ich Conda Challis finden kann.«
Bisondenbit sah den Jungen an, als wäre ihm plötzlich ein zweites Paar Hände gewachsen. »Er hätte Sie fast getötet. Mir scheint, er wartet auf eine neue Gelegenheit. Ich kann es einfach nicht glauben, daß Sie weiterhin einen solch mächtigen Feind suchen. Ich dachte immer, ich könnte Menschen beurteilen. Sie scheinen nicht von Rachegefühlen motiviert.«
»Das bin ich auch nicht«, gestand Flinx etwas unsicher, weil ihm bewußt war, daß auch Small Symm angenommen hatte, er folge Challis aus diesem Grunde. Die Leute bestanden darauf, ihm Motive zuzuschreiben, die er gar nicht besaß.
»Wenn nicht aus Rache, weshalb folgen Sie ihm dann? - Nicht, daß ich es bedauerte, wenn ein Wesen vom Rufe eines Challis etwas in die Enge getrieben wird. Selbst
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