Der Wald der Könige
Standort für das Signalfeuer ausgewählt worden. Albion hatte angeordnet, die Bäume auszudünnen, die in der Nähe des kleinen Erdwalls wuchsen, sodass man vom Erdwall aus die Südhälfte des New Forest bis zur Insel Wight überblicken konnte. Hier würde Nick seinen Wachdienst versehen.
Deshalb war er sehr stolz auf sich, als er mit Jane an jenem Abend zur mit Gras bewachsenen Befestigungsanlage von Malwood ging und ihr die Aussicht zeigte. »Hier wird das große Signalfeuer errichtet.« Er wies auf die Insel Wight. »Und da drüben« – er deutete auf die Stelle, wo Jane stand – »kommt nächste Woche unser Signalfeuer hin.«
Zu seiner Freude wirkte sie beeindruckt.
»Was, glaubst du, wird passieren, wenn die Spanier uns angreifen?«, fragte sie, ein wenig besorgt.
»Ich zünde mein Signalfeuer an, wir versammeln uns und dann gehen wir zum Strand, um sie zu bekämpfen.« Als er sie ansah, entdeckte er die Angst in ihren Augen. »Befürchtest du, mir könnte etwas zustoßen?«, meinte er, insgeheim zufrieden.
»Ich? Nein«, log sie achselzuckend. »Ich dachte nur an meinen Bruder.«
»Aha.« Er grinste in sich hinein. »Du brauchst keine Angst zu haben«, erwiderte er tapfer. »Wenn die Spanier uns sehen, werden sie wahrscheinlich ohnehin nicht wagen zu landen.«
Sie plauderten noch eine Weile über harmlose Dinge. Langsam ging die Sonne am Horizont unter. Der New Forest wurde in einen goldenen Schimmer getaucht, doch die Umrisse der Insel Wight in der Ferne nahmen eine blaugrüne Färbung an. Es war ganz still. Als Jane leicht erschauderte, legte er den Arm um sie. Dann blickten sie stumm gen Süden.
»Ich liebe den Blick über den New Forest«, sagte sie nach einer Weile.
»Ich auch.« Er wartete ab.
»Nun, Nick.« Sie lächelte ihn an. »Wenn die Spanier uns nicht umbringen, haben wir am Ende des Sommers sicher Grund zum Feiern.« Sie spähte wieder zur Insel hinüber.
Er wusste, dass das sein Stichwort war. Aber er griff es nicht auf. Wieder verstrichen einige Minuten.
»Ich glaube, ich gehe jetzt nach Hause«, verkündete sie schließlich.
Er merkte ihr die Enttäuschung an, schwieg aber weiter. Dann nickte er. »Ich begleite dich«, meinte er leise. Und fügte dann fröhlich hinzu: »Diesen Sommer werden wir uns über einiges Gedanken machen müssen.« Stolz auf seine Selbstbeherrschung kicherte er in sich hinein und brachte sie nach Brook zurück.
Lass sie warten. Soll sie in Ungewissheit schweben, dachte er. Nur noch bis übermorgen.
Zufrieden sah Nick Pride sich um. Der Nachmittagshimmel war hell und klar, und weiße Schäfchenwolken schwebten über die Kirche auf ihrem Hügel. Die Miliz setzte sich aus handverlesenen Männern des Kirchspiels und der umliegenden Weiler – auch Zehntschaften genannt – zusammen. Es waren insgesamt ein Dutzend Männer, von denen drei aus Brook und einer aus Lyndhurst stammte. Nick fand, dass sie einen sehr kriegerischen Anblick boten.
Von den zwölf Männern besaßen acht Bogen und waren – dank Albions strikter Anweisung – mit jeweils einem vollen Dutzend Pfeilen ausgestattet. Sechs der Männer waren mit langen, scharfen, funkelnden Spießen bewaffnet. Gott steh den Spaniern bei, die diesen Furcht erregenden Speeren zu nahe kamen, dachte Nick. Sein Vater hatte ihm einen Brustpanzer, ein Schwert und Metallschienen zum Schutz der Unterarme gegeben. Einer der Männer hatte sich beklagt, Nick brauche als Bewacher des Signalfeuers diese Bewaffnung gar nicht und müsse sie deshalb einem anderen zur Verfügung stellen. Doch Nick hatte protestiert: »Nachdem das Feuer angezündet ist, werde ich auch kämpfen.« Also hatte Albion entschieden, dass er seine Ausrüstung behalten dürfe. Niemand hatte eine Arkebuse, doch das war nicht weiter erstaunlich, denn nur wenige englische Bauern besaßen Schusswaffen.
Die Anweisungen für diesen Tag waren deutlich: Zuerst wurde bei der Kirche ein oder zwei Stunden lang exerziert, und danach würde man zum Dorfanger marschieren, um den Bewohnern Minsteads die Kampfbereitschaft dieser Einheit vorzuführen. Nach der Parade sollte es Erfrischungen geben. Und anschließend, dachte Nick erfreut, würde er seinen Plan ausführen. Er betrachtete die in der Sonne funkelnden Waffen und schmunzelte in sich hinein.
Clement Albion musterte seine Leute. Er hatte den jungen Männern Mut eingeflößt und ihnen gezeigt, wie man seine Position mit dem Speer verteidigte. Gewiss, sie würden niemals hervorragende Bogenschützen
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