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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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anderes Versteck im Sinn, denn sie hörte, dass Jack ihr noch immer unter wütendem Gebell auf den Fersen war. Plötzlich herrschte Schweigen.
    Jane wartete ab und rief dann nach ihm. Nichts rührte sich. Kein Geräusch weit und breit. Hatte sich die Katze endlich aus dem Staub gemacht? Doch in diesem Fall hätte Jack sicherlich gebellt. Also wartete Jane noch eine Weile und ging dann mit einem Seufzen in die Richtung, in die die beiden Tiere verschwunden waren.
    Nach etwa fünfzig Metern stieß sie auf eine Kate zwischen den Bäumen. Es war eine typische Waldhütte mit weißen Wänden und einem strohgedeckten Dach, allerdings ein wenig besser ausgestattet, denn ein Windloch dicht unter dem Giebel wies darauf hin, dass sich oben mindestens ein weiterer Raum befand. Auf der Lichtung ringsum sah sie einen kleinen Hof und einige Nebengebäude. Von der Katze und Jack war nichts zu sehen. Jane fragte sich schon, ob sie vielleicht in eine andere Richtung gelaufen waren, als sie den Hund bellen hörte. Das Geräusch kam eindeutig aus dem Inneren der Hütte.
    Sie ging zur Tür, stellte fest, dass diese einen Spalt weit offen stand, und klopfte. Keine Antwort. Sie versuchte, sich bemerkbar zu machen. Gewiss war jemand zu Hause. Doch wieder nichts. Dann rief sie nach Jack und hörte erneut sein Bellen irgendwo aus dem Haus. Aber er erschien nicht. Ob er wohl irgendwo eingeschlossen war? Immer noch zögerte sie, weil sie nicht uneingeladen ein fremdes Haus betreten wollte. Andererseits befürchtete sie, ihr Hund könne drinnen Schaden anrichten.
    Schließlich öffnete sie die Tür und trat ein.
    Es war eine Hütte wie viele andere. Die Tür führte in eine Stube mit niederer Decke, an deren einem Ende sich ein Herd mit darüber hängenden Kochtöpfen befand. In der anderen Ecke standen ein blank geschrubbter Tisch, ein paar Bänke und ein Möbelstück, bei dem es sich offenbar um ein Kinderbett handelte. Rechts hinter einer Tür, die sie nicht aufmachen wollte, lag ein weiterer Raum. Geradeaus gelangte man über eine schmale Treppe, kaum mehr als eine Leiter, ins Speichergeschoss.
    »Jack?«, rief sie leise. »Jack?« Sie hörte ein gedämpftes Bellen, das von oben kam. »Jack«, rief sie wieder. »Komm runter.« Hielt jemand den Hund oben fest? Sie sah nach, ob sie von draußen beobachtet wurde. Aber es war kein Mensch in Sicht. Also stieg sie die Treppe hinauf.
    Oben befanden sich zwei Zimmer. Links war ein offener Speicher, rechts eine Eichentür, die offenbar zugefallen war und die sie langsam öffnete.
    Das Zimmer war klein. Links drang durch ein niedriges Windloch in Kniehöhe Licht herein. Rechts von ihr stand eine alte Truhe an der Wand, auf der die Katze es sich bequem gemacht hatte. Das Tier starrte Jane an, als habe es sie erwartet. Doch noch sonderbarer war der Anblick, der sich ihr mitten im Raum bot.
    Der Großteil der Wand wurde von einem Eichenbett mit vier Pfosten eingenommen. Darüber befand sich ein schlichter Betthimmel aus Stoff, der fast das schräge Strohdach berührte. Es war kein großes Bett, vermutlich von vornherein für dieses Zimmer und für zwei nicht sehr hoch gewachsene Menschen gebaut. Das dunkle Eichenholz schimmerte fast schwarz und war mit Schnitzereien verziert. Noch nie hatte Jane eine so kunstvolle Arbeit gesehen: Hirschköpfe, fratzenähnliche menschliche Gesichter, Schlangen, Eichhörnchen blickten ihr von den vier dunklen, glänzenden Bettpfosten entgegen, die auch noch mit den Darstellungen von Eicheln, Pilzen und Blättern verziert waren. Und plötzlich fiel ihr ein, dass man ihr ein solches Bett schon einmal beschrieben hatte. »Das muss Puckles Haus sein«, murmelte sie.
    Das Bett war mit einer schlichten leinenen Überdecke versehen, auf der Jack saß. Überall waren deutlich die schwarzen Abdrücke seiner Pfoten zu erkennen. Der Hund wedelte mit dem Schwanz und machte keine Anstalten herunterzukommen oder die Katze zu jagen. Offenbar erwartete er, dass Jane sich an seine Seite setzte.
    »Oh, Jack. Was hast du bloß angestellt? Sofort runter vom Bett!«, rief sie und wollte ihn herunterzerren. Als er sich wehrte, begann sie ihn auszuschimpfen und ihn fester zu packen. Plötzlich hörte sie hinter sich eine raue Stimme. Mit einem Aufschrei fuhr sie herum.
    »Offenbar gefällt es ihm hier.«
    Puckle stand in der schmalen Tür. Jane erkannte ihn auf Anhieb. Sein schwarzer Bart war noch immer kurz gestutzt, aber damals war ihr gar nicht aufgefallen, wie hell seine Augen funkelten. Er

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