Der Wald der Könige
aufgerufen und schilderte, wie er am Samstag und am Dienstag nach Moyles Court geritten sei. Dann jedoch geschah etwas Seltsames: Anstatt Dunne weiter zu befragen, verkündete der Ankläger plötzlich, er wolle, dass Richter Jeffreys den Mann persönlich verhöre. Betty sah Peter an, der verblüfft die Achseln zuckte.
Zunächst wirkte Richter Jeffreys recht milde. Er reckte sein breites, knochiges Gesicht nach vorn, nannte Dunne »meinen Freund« und erinnerte ihn daran, dass er auf keinen Fall von der Wahrheit abweichen dürfe. Dunne, in dessen wässrig blauen Augen Hoffnung aufglomm, setzte zu seinem Bericht an. Allerdings erhielt er nur Gelegenheit zu einem Satz.
Denn Richter Jeffreys fiel ihm sofort ins Wort: »Passt auf, mein Freund. Fangt noch einmal von vorne an. Wann, sagtet Ihr, seid Ihr zum ersten Mal losgeritten?« Schon zwei Sätze später folgte die nächste Unterbrechung. »Behauptet Ihr das wirklich? Ich weiß mehr, als Ihr meint. Wie habt Ihr Moyles Court gefunden?«
»Mit der Hilfe eines Führers namens Thomas.«
»Wo ist er? Zeigt ihn mir.«
Zu Bettys Erstaunen erhob sich William Furzey. Das war also der geheimnisvolle Thomas. Aber was hatte das zu bedeuten?
Nun war Richter Jeffreys richtig in Fahrt und ließ sich durch nichts mehr aufhalten. Er stellte Dunne Fragen, ohne ihm ausreichend Zeit für eine Antwort zu geben. Bald war Dunne völlig verwirrt. Da er Furzey nicht belasten wollte – denn er hatte noch nicht verstanden, dass er ihm seine Festnahme verdankte –, erwiderte er dummerweise, der Bauer habe ihn kein zweites Mal nach Moyles Court gebracht. Bald hatte er sich heillos in Widersprüche verwickelt.
»Meiner Treu!«, rief Jeffreys höhnisch aus. »Los, frischt Euer Gedächtnis ein wenig auf.« Während der Blick des bedauernswerten Bäckers immer verzweifelter wurde, hatte Betty den Eindruck, dass der Richter mit ihm spielte wie eine Katze mit einer Maus. Dunne, dessen Verstörung sichtlich zunahm, verhedderte sich in einer Kleinigkeit, die er zuvor anders dargestellt hatte.
Sofort schlug Jeffreys zu. »Lügner!«, brüllte er, dass der ganze Gerichtssaal erbebte. »Glaubt Ihr, der Allmächtige im Himmel wäre kein Gott der Wahrheit? Nur seiner Gnade habt Ihr es zu verdanken, dass er Euch nicht auf der Stelle in den Höllenschlund wirft!« Zwei volle Minuten lang starrte der mächtigste Richter Englands, der über Leben und Tod entscheiden konnte, den armen Bäcker finster an und beschimpfte ihn, bis dieser am ganzen Leibe zitterte. Vor lauter Angst bekam er keinen zusammenhängenden Satz mehr heraus.
Betty erbleichte. Sie sah Peter an.
Auch ihm stand vor Entsetzen der Mund offen. Doch er beugte sich zu ihr hinüber und flüsterte ihr ins Ohr: »Aber die Beweise reichen noch immer nicht für eine Verurteilung.«
Dann wurde Furzey aufgerufen, um zu berichten, was er gesehen hatte. Er wurde nur kurz vernommen, eine seiner Aussagen ließ Jeffreys allerdings aufmerken.
»Eurer Schilderung zufolge wollte Dame Alice von Dunne wissen, ob Ihr eingeweiht wäret?«
»Das ist richtig.«
Nun war erneut der arme Dunne an der Reihe, obwohl man das, was nun geschah, nur schwerlich als Verhör bezeichnen konnte. Denn der Bäcker war inzwischen so eingeschüchtert und verdattert, dass er nur noch stammelte. Was für eine Angelegenheit sei das gewesen?, fragte Jeffreys. Wie bitte? Verwirrung malte sich auf dem Gesicht des Bäckers. Wieder und wieder schrie der Richter ihn an und tobte. Dunne geriet ins Stottern und verstummte schließlich. Er stand da wie das Kaninchen vor der Schlange.
Mittlerweile dunkelte es draußen, in der großen Halle breitete sich Dämmerlicht aus. Ein Gerichtsdiener zündete eine Kerze an.
Schließlich fasste sich Dunne ein wenig. »Um welche Angelegenheit, Mylord?«
»Bei Gott, Schurke. Ja. Worum ging es?«
»Darum, dass Mr. Hicks ein Dissenter ist.«
»Um mehr nicht?«
»Nein, Mylord. Das war alles.«
Betty spürte, wie Peter sie am Arm berührte. »Unser Freund Dunne hat dem Richter ein Schnippchen geschlagen«, flüsterte er.
Doch dieser wollte offenbar nicht kampflos aufgeben.
»Lügner! Meint Ihr, Ihr könnt mich mit solchen Märchen abspeisen?« Er wandte sich an den Gerichts dienen »Bringt die Kerze und haltet sie ihm an sein freches Gesicht.«
Der arme Dunne begann wieder zu zittern und schrie: »Mylord, dann sagt mir, was Ihr hören wollt, denn ich kann Euch nicht mehr folgen.«
Entsetzt beobachtete Betty die Szene. Das war keine
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