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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Gerichtsverhandlung, sondern ein abgekartetes Spiel. Was würden die Richter als Nächstes tun? Den Bäcker öffentlich foltern? Sie warf einen Blick auf ihre Mutter.
    Erstaunt sah sie noch einmal hin.
    Alice war inmitten dieses Tumults eingeschlafen.
     
     
    Als Nächster wurde Oberst Penruddock aufgerufen. Seine Aussage war kurz und bündig, und er schilderte, wie er die Männer in ihren Verstecken aufgestöbert hatte. Außerdem erzählte er, Furzey habe ihm erklärt, laut Dunne handle es sich bei den Männern offenbar um Aufständische. Also wurde Dunne erneut in den Zeugenstand gezerrt und gefragt, was er damit gemeint habe. Doch er stammelte nur noch wirres Zeug.
    Dann holte man einen der Soldaten herbei, der die Verhaftungen im Haus vorgenommen hatte. Er verkündete, die Männer seien ganz offensichtlich Aufständische; aber seine Aussage war so wertlos, dass selbst der Richter ihn bald wegschickte.
    Dame Alice glaubte, dass sich ihr hier eine kleine Chance bot. Sie, die in Wahrheit gar nicht geschlafen hatte, sich aber ihre Angst nicht anmerken lassen wollte, starrte den Soldaten an und rief: »Aber, Mylord, das ist der Mann, der meine beste Bettwäsche gestohlen hat.«
    Jeffreys überging ihren Einwurf einfach und wandte sich rasch anderen Punkten zu. Schließlich wandte er sich Alice zu und fragte sie in verächtlichem Ton, was sie zu der Sache zu sagen habe.
    Sie erklärte – zweimal vom Richter unterbrochen –, dass sie sich zurzeit von Monmouths Aufstand in London aufgehalten habe. Sie sei dem König gegenüber keineswegs feindselig eingestellt. Der Richter tat das höhnisch ab. Außerdem, so fügte Alice hinzu, habe sie nicht geahnt, dass ihre Gäste an dem Aufstand beteiligt gewesen seien, und nannte sogar einen Zeugen, der unter Eid bestätigte, der vogelfreie Nelthorpe habe nicht einmal seinen Namen genannt.
    »Wir haben genug gehört!«, polterte Richter Jeffreys. »Entlasst diesen Zeugen.« Mit finsterer Miene drehte er sich wieder zu Alice um. »Wollt Ihr noch weitere Zeugen aufrufen?«
    »Nein, Mylord.«
    »Gut.« Er sprach die Geschworenen an: »Meine Herren Geschworenen«, begann er.
    »Mylord, es gibt noch einen gesetzlichen Einwand«, fiel Alice ihm nun ins Wort.
    »Ruhe!«, brüllte er. »Zu spät.«
    Ganz offensichtlich reichten die Beweise gegen Alice nicht. Doch das focht Richter Jeffreys nicht an. Er erinnerte die Geschworenen daran, dass die Lisles Königsmörder seien, die geborenen Verbrecher also. Dann hielt er ihnen die Gräuel von Monmouths Aufstand und die moralische Verkommenheit des Rädelsführers selbst vor Augen.
    Erst als er mit seiner Tirade zu Ende war, wagte ein Geschworener eine Frage: »Bitte, Mylord«, wollte er wissen, »ist es ein Verbrechen, dem Prediger Hicks Gastfreundschaft zu gewähren, obwohl er noch nicht wegen Hochverrats verurteilt wurde, sondern nur unter Verdacht stand?«
    »Ein wichtiger juristischer Einwand«, flüsterte Peter seiner Angebeteten zu.
    Tatsächlich handelte es sich bei dieser Frage um den Kernpunkt des Prozesses. Denn nach dem englischen Gesetz konnte man nicht wegen Mittäterschaft verurteilt werden, wenn die Person, der man geholfen hatte, lediglich einer Straftat verdächtigt wurde, aber noch nicht für schuldig befunden worden war. Sonst hätte es ja durchaus geschehen können, dass man jemanden als Komplizen bestrafte, während der ursprünglich Verdächtige freigesprochen wurde. Und da Hicks’ Prozess auch weiterhin ausstand, war er noch kein rechtskräftig verurteilter Hochverräter. Nun würde die Anklage gegen Alice, die ohnehin auf tönernen Füßen stand, wohl ganz sicher abgewiesen werden.
    Der oberste Richter erkannte die Falle. »Das macht keinen Unterschied«, verkündete er strikt. Und im Gerichtssaal herrschte Ruhe.
    »Er lügt«, zischte Peter. »Das verstößt gegen das Gesetz.«
    »Dann sag etwas«, erwiderte Betty.
    Aber Richter Jeffreys vier Beisitzer, die Anwälte und die Schreiber schwiegen.
    Eine halbe Stunde später kehrten die Geschworenen zurück. Ihr Urteil lautete »nicht schuldig«.
    Richter Jeffreys weigerte sich, diesen Schiedsspruch anzuerkennen, und schickte sie wieder hinaus. Als sie das zweite Mal hereinkamen, blieben sie bei »nicht schuldig«. Wieder schickte er sie fort. Auch beim dritten Mal beharrten sie auf ihrem Urteil.
    Richter Jeffreys war nicht bereit, sich das bieten zu lassen. »Verbrecherpack!«, brüllte er. »Ihr wagt es, dieses Gericht zu verhöhnen? Begreift ihr denn nicht, dass ich

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