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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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anständigen.«
    »Ich bin sicher, dass sie selbst eine sittsame Frau war, Fanny. Sonst hätte Ihr Großvater, Mr. Totton, sie sicher nicht geheiratet.«
    »Glauben Sie« – Fanny runzelte die Stirn –, »dass Eduard und Louisa davon wissen?«
    Der Geistliche lächelte spöttisch. »Ich würde meinen, dass die Tottons über ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Albions sehr erfreut sind. Mehr kümmert sie nicht.«
    »Vielleicht die Seagulls…«
    »Seitdem ist viel Zeit vergangen, Fanny. Sie können also getrost davon ausgehen, dass außer uns beiden niemand im Bilde ist. Außerdem brauchen Sie sich nicht deshalb zu schämen, mein Kind.« Zum ersten Mal ertappte Fanny den Vikar bei einer Lüge.
    »Was soll ich jetzt unternehmen?«
    »Überhaupt nichts. Ich wollte es Ihnen nur mitteilen…«
    »Um mir eine peinliche Enthüllung, womöglich durch einen neugierigen Gemeindeschreiber, zu ersparen.« Sie nickte. »Danke, Mr. Gilpin.«
    »Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf darüber, Fanny. Es ist völlig unbedeutend.«
    »Einverstanden. Auf Wiedersehen. Und danke für den Ausflug nach Beaulieu.«
    Fanny ging nicht sofort ins Haus, sondern blickte der Kutsche nach, bis diese hinter einer Kurve der Auffahrt verschwand. Dann setzte sie sich auf eine Bank unter einen Baum und dachte eine Weile über diese neue Entdeckung nach.
    Sie fragte sich, was Mr. Martell, dessen adeliger Familienstammbaum keinen Makel aufwies, wohl davon halten würde, dass sie eng mit den gewöhnlichen Seagulls aus Lymington verwandt war.
     
     
    »Ich hege große Hoffnungen«, verkündete die Gründerin der Akademie für junge Frauen im Hochsommer, »dass sich unsere Lage bessern wird. Ich muss wirklich sagen, dass ich noch nie glücklicher gewesen bin, Mr. Grockleton.« Diese Feststellung löste bei ihrem Gatten eine böse Vorahnung aus, denn wenn Mrs. Grockleton sich für etwas begeisterte, war es angebracht, sich in Acht zu nehmen. »Und wenn man sich vorstellt«, fuhr sie fort, denn sie nahm in solchen Dingen kein Blatt vor den Mund, »dass wir das alles Louisa zu verdanken haben. In der Tat ein kluges Mädchen.«
    Obwohl der Zollinspektor sich nicht den geringsten Grund denken konnte, Louisa Totton dankbar zu sein, hüllte er sich in Schweigen. Er sah seine Gattin fragend an, was diese als Zustimmung zu werten schien, denn sie plapperte munter weiter.
    »Niemand kann mich davon abbringen, dass es Louisa war, die in Mr. Martell ein derartiges Interessse an Lymington geweckt hat. Nun hat er offenbar mit Sir Harry Burrard über seine Kandidatur fürs Parlament gesprochen.«
    »Das muss nicht unbedingt an Louisa liegen«, wandte ihr Mann ein.
    »Doch, doch, mein Schatz, muss es wohl. Ist es nicht Beweis genug, dass er Louisa und Edward zu sich nach Dorset eingeladen hat? Nächste Woche reisen sie ab. Also! Ich sage dir, Mr. Grockleton, er will sie ganz sicher heiraten.«
    »Da die Tottons ihn bei sich aufgenommen haben, ist es doch nur natürlich, wenn er ihre Gastfreundschaft erwidert«, entgegnete ihr Mann.
    »Oh, Mr. Grockleton, du verstehst einfach nichts von diesen Dingen!«, rief sie aus. »Ganz im Gegensatz zu mir. Aber sicher begreifst auch du, was das für uns bedeutet.«
    »Für uns, Mrs. Grockleton? Ich glaube, da komme ich nicht ganz mit.«
    »Aber, Mr. Grockleton, es ist ausgesprochen wichtig. Unsere gute, reizende Louisa, meine Lieblingsschülerin, mein begabtester Schützling, heiratet ein Mitglied des Parlaments, das darüber hinaus ein wohlhabender Großgrundbesitzer und ein enger Freund der Burrards ist.«
    »Und die Albions?«
    »Die Albions?« Sie starrte ihn verdattert an. »Was haben denn die Albions damit zu tun? Das sind doch nur die beiden alten Leute und…«
    »Fanny.«
    »Ja, natürlich, Fanny. Das arme Kind. Doch weiche jetzt nicht vom Thema ab. Fanny braucht uns nicht zu kümmern. Wenn Louisa und Mr. Martell unsere Freunde sind, werden wir bestimmt im Handumdrehen bei den Burrards ein und aus gehen. Alles wird sich« – sie strahlte ihn an – »wie von selbst ergeben.« Ihre Augen nahmen den Ausdruck eines Entdeckers an, der endlich das gelobte Land gefunden hat. »Wenn Mr. Martell das nächste Mal hier ist«, meinte sie nachdenklich, »veranstalte ich meinen Ball. Ganz gewiss werden die Burrards auch erscheinen.«
    »Dann sollte er besser vor dem Herbst kommen«, murmelte der Zollinspektor, aber seine Frau hörte ihn nicht.
    Doch selbst wenn, hätte sie wohl nicht gewusst, was ihr Mann mit dieser

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