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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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furchtlose alte Dame und Mrs. Pride auf die hundert Kilometer weite Reise nach Bath. Wenn sie die Fernstraßen nahmen und regelmäßig die Pferde wechselten, würden sie in zwei Tagen da sein.
     
     
    Mrs. Grockleton tobte, als man Fanny ins Gefängnis sperrte. Doch alle Bemühungen der wackeren Dame waren vergebens. Aus irgendeinem Grund – vielleicht hatte er etwas Schlechtes gegessen, oder möglicherweise lag es auch nur daran, dass der Richter in Kürze erwartet wurde – hatte der Magistrat angeordnet, Fanny ins Stadtgefängnis zu bringen. Nicht einmal Mrs. Grockletons Drohungen, sie werde sein Haus von Zollbeamten durchsuchen lassen, konnten ihn erweichen.
    Man hatte es Fanny in dem kleinen Gefängnis so bequem wie möglich gemacht. Sie hatte eine Zelle für sich allein und bekam genügend zu essen und auch sonst alles Notwendige. Außerdem wurde sie zuvorkommend behandelt, denn die Wärter hatten keine Lust, sich mit der großzügigen und gestrengen Mrs. Grockleton anzulegen, die ihren Schützling ständig besuchte. Währenddessen hatte sich Mr. Grockleton bereits die Dienste der größten Anwaltskanzlei von Bath gesichert, um Fanny zu verteidigen. Der Leiter der Kanzlei war schon dreimal persönlich bei der Verhafteten erschienen.
    Also würde es gewiss nicht lange dauern, bis diese bedauerliche Angelegenheit aufgeklärt und Fanny wieder auf freiem Fuß war. Jedenfalls theoretisch betrachtet. Dennoch kam der angesehene Anwalt nach jedem seiner Besuche kopfschüttelnd aus dem Gefängnis. »Ich kann sie nicht zu einer Aussage bewegen«, gab er zu.
    Deshalb sah sich Mr. Grockleton nach einer Weile zu einer Bemerkung bemüßigt, die ihm schon lange im Kopf herumging. »Was ist, wenn sie es doch war«, meinte er.
    Man musste seiner Gattin zugute halten, dass sie diese Worte mit Empörung aufnahm. »Wenn du so etwas noch einmal sagst, Mr. Grockleton, bekommst du eine Kopfnuss.«
    Und so schwieg Mr. Grockleton. Aber seine Zweifel blieben.
     
     
    Es war nur ein kleiner Laden, in dem es allerdings geschäftig zuging. Man handelte mit Knöpfen, Schleifen, Bändern und feiner Spitze; die Kundschaft bestand aus Damen, Näherinnen und anderen Leuten, die sich mit den für das Leben in Bath lebenswichtigen Kleinigkeiten eindeckten.
    Es war ein ruhiger, ereignisloser Tag gewesen, und obwohl es noch Nachmittag war, hatte es schon gedämmert, als hätte jemand einen Rollladen heruntergelassen. Fanny Albion war in Richtung Tür geschlendert. Sie hielt sich schon eine Weile im Laden auf, strich gelangweilt um die Theken und sah sich die Seidenstoffe und das andere modische Zubehör an. Eigentlich wollte sie gar nichts kaufen und war nur in den Laden gekommen, weil ihr die Kraft und der Antrieb fehlten, den Hügel hinauf und nach Hause zu gehen. Traurig grübelte sie vor sich hin. Beim Herumbummeln hatte sich die Tasche geöffnet, die an ihrem Arm hing. Etwa zwanzig Minuten später stand Fanny geistesabwesend an einem runden Tisch, auf dem verschiedene Stücke Spitze lagen. Sie griff nach einem, schloss ruhig ihre Handtasche und näherte sich der Tür.
    Die Verkäuferin, die sie bereits beobachtet hatte, stürzte ihr nach und fing sie noch auf der Schwelle ab. Kurz darauf erhielt sie Unterstützung vom Geschäftsführer. Man hatte Fanny gezwungen, ihre Tasche zu öffnen, und wirklich hatte ein ordentlich gefaltetes Stück Spitze im Wert von zehn Shilling darin gelegen. Passanten waren als Zeugen herbeigerufen worden. Fanny war zurück in den Laden geschleppt worden. Dann hatte man den Polizeidiener geholt.
    Alle hatten bemerkt, dass Fanny wie benommen wirkte und kein Wort gesagt hatte.
    »Aber mein liebes Kind, was soll das heißen?«
    Trotz der langen Reise hatte Tante Adelaide darauf bestanden, sofort nach ihrer Ankunft im Haus der Grockletons zu Fanny gebracht zu werden. Obwohl sie in dieser seltsamen Umgebung sehr zerbrechlich wirkte, war ihr die eherne Entschlossenheit deutlich anzumerken. Nun fixierte die würdige alte Dame ihre Nichte.
    Doch auch das nützte nichts, denn Fanny saß nur da und schüttelte langsam den Kopf, während ihre Tante und Mrs. Pride sie ansahen.
    »Was soll das heißen, mein liebes Kind?« Tante Adelaide war – obwohl sie sich um Selbstbeherrschung bemühte – kurz davor, die Geduld zu verlieren. Nun erhob sie gereizt die Stimme. »Was soll das heißen, du weißt nicht, ob du es getan hast?«, rief sie aus.
     
     
    Das Abendessen bei den Burrards fand in festlichem Rahmen statt. Die Tottons

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