Der Wald der Könige
Onkels Edward, gewandt, der in London lebte. Er war ihr gern behilflich gewesen, und nun hatte sie seinen Brief in der Tasche. Der zweite Teil ihres Plans hatte mit dem braunen Papierpäckchen zu tun, das neben ihr auf dem Sitz in der Kutsche lag.
Als Oberst Albion am Abend nach Hause zurückkehrte, war er nachdenklicher Stimmung. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Tag in London so turbulent verlaufen würde. Gleich nach seiner Ankunft in Albion Park eilte er zu seiner Frau, um ihr die Nachricht zu überbringen.
»Gladstone ist zurückgetreten! Die Regierung ist gestürzt.«
Oberst Albion war zwar nicht unbedingt ein Anhänger von Gladstone, aber er wusste, welche Folgen sein Sturz für den New Forest haben konnte.
»Zweifellos wird er die Wahlen verlieren«, fuhr der Oberst fort. »Und dann schützt uns niemand mehr.«
Es war zwar eine juristische Haarspalterei, allerdings eine mit ernsten Konsequenzen. Die Resolution des Unterhauses, die die Einrichtung neuer Einhegungen verbot, war nur für das augenblickliche Parlament bindend. Wenn das Unterhaus nach den Wahlen wieder zusammentrat, würde es ein neues Parlament geben.
»Und du kannst sicher sein, dass die Waldbehörde das auch weiß«, meinte er mit finsterer Miene. »Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen.«
Allerdings war man im New Forest nicht untätig gewesen. Die Grundbesitzer, die dem Verband angehörten, hatten sich gewissenhaft vorbereitet. Auch die einfachen Leute hatten sich zu einer Vereinigung zusammengeschlossen, um ihre Sache publik zu machen.
»Wir werden uns wehren«, verkündete der Oberst.
Nach dem Abendessen holte seine Frau den Brief und das Päckchen herbei.
»Sieh«, meinte sie, »was mein Cousin Totton uns geschickt hat. Ich finde es sehr freundlich von ihm.« In dem Brief stand, ihr Cousin sei in einer Galerie auf ein Bild gestoßen. Da es nicht signiert gewesen sei, habe er den Namen des Künstlers nicht ermitteln können. Allerdings sei er sicher, dass das Gemälde eine Szene aus dem New Forest darstelle, und er habe gedacht, es werde ihnen sicher gefallen.
Oberst Albion brummte missmutig. Eigentlich interessierte er sich nicht für Malerei, doch Totton zuliebe war er bereit, das Bild zumindest in Augenschein zu nehmen.
»Das ist die Aussicht von Malwood Castle aus«, stellte er fest. »Und das ist die Kirche von Minstead.« Da er die Örtlichkeiten wieder erkannte, war sein Interesse geweckt, und er musterte das Bild ein wenig gründlicher. Nach einer Weile lächelte er. »Genauso sieht es dort aus«, sagte er. »Das Licht. Wie in Wirklichkeit.«
»Schön, dass es dir gefällt.«
»Ja, es ist tatsächlich verdammt gut. Wie nett von Totton. Ich werde ihm selbst schreiben.«
»Ich habe schon überlegt, wo ich es aufhängen soll.« Sie hielt inne. »Vielleicht in einem der Schlafzimmer.« Sie wartete ab.
»Ich hänge es in mein Büro«, meinte der Oberst, »falls du keine anderen Pläne damit hast.«
»In dein Arbeitszimmer? Warum nicht, Godwin? Ich bin so froh, dass es dir gefällt.«
Und so gelangte Oberst Albion, ohne es zu ahnen, erstmals in den Besitz eines Gemäldes aus der Werkstatt seines Schwiegersohnes.
Albion behielt Recht, was die Wahlen betraf. Premierminister William Gladstone unterlag seinen konservativen Widersachern. Im März 1874 trat ein neues Parlament zusammen. Schon wenige Wochen später fingen Cumberbatch und seine Männer an, im New Forest Holz zu fällen. George Pride wurde unfreiwillig Zeuge, wie eine alte Eiche unweit des Rufussteins umgehauen wurde.
»Das hat er nur getan, um uns zu zeigen, wer jetzt hier das Sagen hat«, meinte er bedrückt zu seiner Frau.
Seine Einhegungen waren gut in Schuss. Da eine davon in diesem Jahr ohnehin ausgedünnt werden musste, konnte er Cumberbatch mühelos eine Liste der zu fällenden Bäume vorlegen, als dieser ihn zu sich zitierte.
»Gut gemacht, Pride«, verkündete der Oberaufseher mit einem barschen Nicken. »Vielleicht bekommen Sie bald eine neue Anpflanzung zugeteilt. Mr. Grockleton hat vorgeschlagen, einige dieser Moore auszutrocknen und zu bepflanzen.«
»Jawohl, Sir«, erwiderte Pride.
Abgesehen davon verlief der Frühling ereignislos. Dorothy arbeitete gern bei den Furzeys. »Es ist ein komischer Haushalt«, erzählte sie ihrem Vater. Doch das Ehepaar behandelte sie gut, und Dorothy mochte die Kinder. »Sie sind nicht viel anders erzogen als die Kinder im Forest«, berichtete sie.
Mit Beatrice kam sie gut zurecht. »Man
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