Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
merkt sofort, dass sie eine Dame ist. Obwohl ich zugeben muss, dass sie nicht wie eine lebt.« Sie fand Minimus, ihren Gatten, zwar ein wenig seltsam, aber auch lustig und staunte über seine Bildung.
    »Das ist ja noch schlimmer als bei Vater und mir«, meinte George. Die beiden Prides gingen einander zwar noch immer aus dem Weg, aber sie sprachen wenigstens miteinander, wenn sie sich zufällig begegneten.
    Auf den Frühling folgte der Sommer. Im New Forest blieb es ruhig.
     
     
    Sie hatten sich um Mitternacht bei Nomansland verabredet, dem abgelegensten Weiler am Rande des New Forest. Dann waren sie – wie eine Schmugglerkarawane aus der guten, alten Zeit – im Licht der Sterne und einer schmalen Mondsichel auf ihren Ponys in Richtung Fritham geritten. Es waren etwa ein Dutzend alteingesessene Waldbewohner, angeführt von dem kräftigen Mann, der George in Lyndhurst angesprochen hatte.
    Bei Georges Einhegung angekommen, schnitten sie ein paar Ginsterbüsche und trockenen Farn ab und zündeten ein kleines Feuer an. Einige der Männer hatten mit Pech getränkte Fackeln bei sich. Andere schichteten rings um den Zaun leicht brennbares Reisig und Gestrüpp auf.
    »Jetzt machen wir ein Freudenfeuerchen«, meinte der kräftige Mann.
    »Was ist mit den Toren?«, fragte ein anderer.
    »Berty Puckle baut wirklich hübsche Tore«, erwiderte der Anführer. »Es wäre ein Verbrechen, die zu verbrennen.« Er kicherte über seinen eigenen Witz.
    »Findest du nicht auch, dass das ein Verbrechen wäre, John?« Einige Lacher hallten durch die Dunkelheit. »Wir nehmen ein paar davon mit. Die können wir gut gebrauchen.«
    Kurz darauf hatten sie einige der kleineren Tore ausgebaut.
    »Gut. Fangen wir an!«, rief der Anführer, und die Männer mit den Fackeln begannen, das Gestrüpp anzuzünden.
    Ein halber Kilometer Zaun brannte schon, als George Pride mit einem Gewehr erschien.
    Die Männer johlten und schrien.
    »Da kommt er. Jetzt gibt es Ärger. Hallo, George!«
    Aber Georges Miene war ernst.
    Auch der Anführer blickte finster drein.
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst im Bett bleiben!«, brüllte er.
    George schwieg.
    »Geh nach Hause, George«, riefen einige andere. »Wir haben nichts gegen dich.«
    Doch George schüttelte nur den Kopf.
    »Hört sofort auf damit!«, befahl er.
    »Wie willst du uns daran hindern, George?«, fragte der Anführer mit lauter Stimme. »Hast du vor, mich zu erschießen?«
    »Nein, ich erschieße dein Pony.«
    »Sei nicht albern, Junge«, sagte eine Stimme.
    »Und ich werde gleich mehrere Ponys erschießen«, fuhr George fort. »Dann müsst ihr nicht nur zu Fuß nach Hause gehen, sondern außerdem dem Oberaufseher erklären, wie eure Ponys hierher kommen.«
    »Du könntest danebenschießen und mich treffen, George«, ertönte eine andere Stimme aus der Dunkelheit.
    »Ganz richtig«, erwiderte der junge Pride.
    »Mir gefällt das gar nicht, George«, meinte der Anführer.
    »Kein Wunder«, entgegnete George.
    Schließlich trollten sich die Männer. George riss den brennenden Zaun nieder, und wie durch ein Wunder verlor er nur wenige Bäume.
    »Also wer waren sie?«, wollte Cumberbatch am nächsten Morgen wissen.
    »Sie sind davongeritten«, antwortete George.
    »Wir kennen den Rädelsführer, Pride. Sie müssen ihn gesehen haben. Sie brauchen nur seinen Namen zu nennen.«
    »Das kann ich nicht, Mr. Cumberbatch«, sagte George und sah seinen Vorgesetzten unverwandt an. »Dann müsste ich nämlich lügen, denn ich habe ihn nicht erkennen können. Als ich auftauchte, sind sie sofort geflohen.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Doch, Sir.«
    Cumberbatch musterte ihn argwöhnisch. Auf welcher Seite stand George Pride? Wenn er die Brandstifter wirklich unterstützte, hätte er bloß so zu tun brauchen, als hätte er den Zwischenfall verschlafen. Aber er hatte das Verbrechen verhindert.
    »Sie haben eine Stunde Zeit, um es sich anders zu überlegen«, sagte Cumberbatch und scheuchte seinen Mitarbeiter hinaus.
    Als George Pride eine Stunde später seine erste Aussage bekräftigte, schickte Cumberbatch ihn nach Hause.
    »Hättest du ihm nicht wenigstens einen der Namen verraten können?«, fragte seine Frau. Doch nicht einmal ihr schenkte er reinen Wein ein. Das Risiko war zu groß.
    Er musste ihr verschweigen, dass eine der Stimmen in der Dunkelheit die seines Vaters gewesen war.
    Am nächsten Tag wurde George Pride entlassen.
     
     
    Im Sommer 1875 trat eine Untersuchungskommission des Unterhauses

Weitere Kostenlose Bücher