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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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das steigerte ihre Hoffnungslosigkeit noch. Und dann war ihr schließlich Pride eingefallen.
    Es dauerte eine Weile, bis sie wieder zu sich kam. Kaum hatte sie die Augen aufgeschlagen, als sie auch schon losreiten wollte. »Auf diesem Pferd ist es unmöglich«, widersprach Pride.
    »Wenn es sein muss, gehe ich eben zu Fuß«, erwiderte sie. Lächelnd brachte er sie nach draußen. »Glaubt Ihr, Ihr könnt auf einem von diesen hier reiten?«
    Adela spürte die warme Spätnachmittagssonne auf ihrem Rücken, deren goldene Strahlen den einsamen Wald beschienen. Das kräftige kleine New-Forest-Pony war erstaunlich flink. Adela hatte gar nicht gewusst, wie sicher diese Tiere verglichen mit Vollblütern waren. Da die Ponys es gewöhnt waren, durchs Heidekraut zu laufen, trabten sie mühelos dahin.
    Pride ritt an ihrer Seite. Zuerst hatten sie es noch einmal in den Wäldern rings um Brockenhurst versucht, doch ein Bauer hatte ihnen gesagt, er habe auf der Heide im Osten Reiter gesehen. Und so geriet Adela an diesem späten Nachmittag in einen Teil des gewaltigen New Forest, den sie bisher noch nicht erkundet hatte.
    Es war eine baumlose, breite, leicht hügelige Küstenlandschaft. Im Süden, kaum fünfzehn Kilometer entfernt, sagten ihr die lang gezogenen, blaugrünen Umrisse der Insel Wight, dass sie sich unweit des Solent, der Zufahrt zum offenen Meer, befand. Vor ihr lag die im August violett schimmernde Heide, wo weniger Stechginster wuchs als auf der Westseite des New Forest. Die Heide erstreckte sich von Prides Weiler bis zum bewaldeten Sumpfland und den Wiesen, die die Küste bildeten. Ytene hatte man dieses Gebiet früher genannt, das Land, wohin die Juten von der Insel Wight übergesiedelt waren, um Landwirtschaft zu betreiben.
    Adela war froh, dass Pride sie begleitete. Auch wenn sie ihm den Grund ihrer Suche nicht verraten durfte, verlieh ihr seine Gelassenheit frischen Mut. Schließlich befand sich der König, wie sie sich vor Augen hielt, immer noch auf der Jagd. Gewiss schwebte Walter noch nicht in Gefahr. Und vielleicht hatte man den Anschlag ja sogar abgeblasen. Doch sie musste ihn aufspüren, solange es noch hell war, um ihm die Nachricht zu überbringen. Bis die Sonne über dem New Forest unterging, blieben noch einige Stunden Zeit.
    Möglicherweise lag es an ihrer Erschöpfung oder an der Hitze, dass ihr auf ihrem Weg über die Heide die Stille des Augustnachmittags mit einem Mal unwirklich erschien. Die Vögel, die hin und wieder über ihre Köpfe hinwegflogen, wirkten körperlos, als würden sie jeden Moment im endlosen blauen Himmel verschwinden oder sich im Meer aus violettem Heidekraut in Nichts auflösen.
    Wo mochten die Jäger bloß stecken? Kilometer um Kilometer ritten sie weiter, überquerten ein Moor und erreichten dann wieder die trockene Heide. In der Ferne sah Adela Gruppen von Stechpalmen und Eichen, aber immer noch keine Jäger. Nur den ewig selben blauen Himmel und violettes Heidekraut.
    »Es kommen eigentlich nur noch zwei Stellen in Frage«, meinte Pride schließlich. Er wies nach Osten, wo sie ein Waldstück erkannte. »Oder sie sind dort unten in den Marschen.« Sein Arm beschrieb eine ausladende Geste nach Süden. »Die Entscheidung liegt bei Euch.«
    Adela überlegte. Inzwischen war es ihr herzlich gleichgültig, ob sie Cola oder sogar dem König selbst begegnete. Doch wenn sie ihre Nachricht heute noch überbringen wollte, musste sie sich sputen. »Wir sollten uns trennen«, erwiderte sie.
    Da die Pfade durch die Eichenwälder an der Küste gefährlich waren, einigten sie sich rasch, dass Pride diesen Weg nehmen sollte, während Adela nach Osten ritt.
    »Und was soll ich tun, wenn ich Euren Vetter finde?«, fragte er.
    »Sagt ihm…« Sie hielt inne. Was sollte der Bauer ihm mitteilen? Falls sie selbst Walter zuerst aufspürte, würde es ihr – so sehr er sie auch verachten mochte – sicher gelingen, ihn beiseite zu nehmen und ihm soviel zu erzählen, dass er gewarnt war. Aber welche Botschaft konnte sie Pride mit auf den Weg geben, die sicherstellte, dass Walter ihn auch anhörte? Sie überlegte fieberhaft. Und dann kam ihr der zündende Gedanke. »Sag ihm, du kommst von Lady Maud. Sie werde ihm alles erklären, doch er müsse sich sofort unter einem Vorwand davonmachen und um sein Leben laufen.« Das sollte genügen. Kurz darauf ritten sie in verschiedene Richtungen davon. »Wie heißt der Ort, zu dem du willst?«, rief sie ihm noch nach.
    »Früher stand dort ein Bauernhof«,

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