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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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von verschiedenen Anhöhen Ausschau. Schließlich machte er sich widerstrebend auf den Rückweg zum Tal, um noch einmal im Haus nachzusehen. Vielleicht, so sagte er sich, hatte er sich ja geirrt. Er nahm sich vor, andernfalls wieder in den New Forest zu reiten und weiterzusuchen.
     
     
    Vorsichtig näherte Adela sich Brockenhurst. Sie musste Walter unbedingt finden, ohne dabei Cola in die Arme zu laufen. Denn wie sollte sie dem alten Mann erklären, warum sie seinen Befehl missachtet hatte? Bestimmt würde er sie nach Hause schicken, ohne dass sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen konnte.
    Als die königliche Jagdhütte in Sicht kam, schien das Glück auf ihrer Seite zu sein. Denn sie entdeckte Puckle, der allein neben seinem Wagen stand. Als sie sich erkundigte, wohin die Jagdgesellschaft des Königs geritten sei, erwiderte er, nach Norden, irgendwo oberhalb von Lyndhurst.
    Das war wirklich eine gute Nachricht, denn Adela kannte sich in diesem Gebiet aus. Vielleicht konnte sie Walter nun unbemerkt abfangen. Nachdem sie Puckle gebeten hatte, diese Begegnung für sich zu behalten, ritt sie, ein wenig erleichtert, nach Norden.
     
     
    Ihr Mann war schon eine Weile fort, als Lady Maud sich von ihrem Bett im Wintergarten erhob. Aber als sie nicht nur Kleidung zum Ausgehen verlangte, sondern auch befahl, ihr Pferd zu satteln, versetzte sie die ganze Dienerschaft in Erstaunen.
    »Ihr wollt doch nicht etwa reiten, Mylady?«, fragte ihre Zofe besorgt.
    »Genau das will ich.«
    »Aber, Mylady, Ihr seid noch so schwach.«
    Es traf zwar zu, dass Lady Maud nach monatelanger Bettlägrigkeit nicht sehr sicher auf den Beinen war, doch trotz aller Einwände ihrer Zofe bestand sie auf ihren Willen. Die Dienstboten waren machtlos dagegen. Als ein mutiger Diener anmerkte, der Herr wäre damit gewiss nicht einverstanden, erntete er einen derart zornigen Blick, dass er entsetzt zurückfuhr.

»Das geht nur ihn und mich etwas an. Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten«, erwiderte sie kühl und gab Anweisung, das Pferd vor die Tür zu führen.
    Wenig später hielt der Stallbursche ihr die Zügel und half ihr in den Sattel.
    »Bitte, Mylady, Ihr könntet stürzen«, flehte der Stallbursche. »Darf ich Euch wenigstens begleiten?«
    »Nein.« Ruckartig wandte sie sich um und machte sich im Schritttempo auf den Weg. So ritt sie weiter, obwohl sie einige Male das Gleichgewicht zu verlieren drohte. Mit bleicher Miene starrte sie geradeaus, während die Dorfbewohner auf die Straße hinaustraten, um ihr nachzublicken. Lady Maud schlug den Weg ein, den ihr Mann genommen hatte. Auch wenn sie sich kaum im Sattel halten konnte, war sie nicht bereit aufzugeben.
    Ohne lange darüber nachzudenken, hatte sie beschlossen, ihm zu folgen. Wusste sie, dass sie seine Liebe verloren hatte? Sie ahnte es. War ihr klar, dass er sich mit einer anderen Frau traf? Sie hatte einen Verdacht. Und eine innere Stimme sagte ihr, dass sie gesund werden, ihm nachreiten und ihn zurückholen musste. Deshalb war sie an diesem Augusttag unterwegs und klammerte sich mit eisernem Willen an den Sattel. Oben auf der Anhöhe spornte sie ihr Pferd zum Trab an. Und die, die sie von unten beobachteten, schnappten nach Luft und murmelten: »Mein Gott, sie wird sich umbringen.«
     
     
    In fröhlicher Stimmung war die königliche Jagdgesellschaft, begleitet von Cola, aus Brockenhurst aufgebrochen.
    »Mein treuer Jäger, ich kann mich stets auf Eure vollkommene Planung verlassen.« Rufus war aufgeräumter Stimmung. Aus scharfen Augen musterte er den alten Angelsachsen und lachte dann auf. »Heute will ich die Hirsche nicht in Eure große Falle treiben, mein Freund. Ich will im Wald jagen.«
    Man hatte Hunde herbeigeschafft. Spürhunde, die die Witterung der Hirsche aufnahmen und sie aus dem dichten Gebüsch scheuchten, und Jagdhunde, welche heute nur die Aufgabe hatten, die Hirsche zu töten, die verwundet waren und zu fliehen versuchten.
    Das erste Ziel war der Wald unterhalb von Brockenhurst. Doch nachdem sie eine Weile dort gejagt hatten, bestand der König darauf, über eine große Heide nach Osten zu reiten. »Dort werdet Ihr nur ein paar Rothirsche finden, Sire. Kaum Damhirsche«, warnte ihn Cola.
    Zur Mittagszeit befahl der König eine Rast und verlangte Erfrischungen. Als der Nachmittag anbrach, erklärte er sich einverstanden, sich von Cola ein besseres Jagdgebiet zeigen zu lassen.
    Allerdings schien er noch immer keine Eile zu haben. »Vorwärts, Tyrrell!«, rief er.

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