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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Klostermauern angezogen fühlten. Männer wie Luke.
    Und ausgerechnet ihm hatte das passieren müssen. Sie waren in der Nacht zuvor erschienen. Zu acht. Mit Bogen und Hunden. Roger Martell war dabei gewesen, ein ungebärdiger junger Adeliger. Außerdem noch vier seiner Freunde, dazu Dorfbewohner, einfache Männer, wie er selbst einer war. Einer von ihnen war sein Verwandter Will atte Wood. Luke seufzte. Im New Forest war nun einmal jeder mit jedem verwandt.
    Wenn er nur nicht die Aufsicht geführt hätte! Natürlich hatte Bruder Matthew ihm einen Gefallen erweisen wollen, indem er ihm diese Pflicht übertrug. Sowley war ein wichtiges Gut, das außer den üblichen Kornfeldern und Milchvieh auch noch über einen kleinen Fischteich verfügte. Außerdem gehörte das Hirschreservat im nahe gelegenen Througham ebenfalls zur Abtei.
    Bruder Matthew wusste, dass der Prior Luke nicht leiden konnte. Und deshalb hatte er ihm Gelegenheit geben wollen, Grockleton seine Zuverlässigkeit zu beweisen. Doch als der junge Martell mit seinen Kumpanen eingetroffen war und eine Unterkunft für die Nacht gefordert hatte, war es für einen einfachen Mann wie Luke nicht leicht gewesen, sich zu weigern.
    Natürlich hatten diese Männer gewildert. Sie hatten sogar einen Hirsch bei sich. Das war ein schweres Verbrechen. Zwar wurde es nicht mehr mit dem Tod oder dem Abhacken eines Arms oder Beins bestraft, doch die Geldbußen konnten empfindlich sein. Und wer ihnen eine Unterkunft zur Verfügung stellte, machte sich der Mittäterschaft schuldig. Warum hatte er es also getan? Hatten sie ihn bedroht? Martell zumindest hatte ihn beschimpft und ihm finstere Blicke zugeworfen. Aber der eigentliche Grund war, dass Will ihn angestoßen und geflüstert hatte: »Zier dich nicht so, Luke. Ich habe ihnen gesagt, dass du mein Vetter bist. Willst du mich jetzt vor ihnen blamieren?«
    Sie hatten sämtliches Brot und einen ganzen Käse verzehrt. Das Bier hatte sie nicht begeistern können. Schließlich wurden das beste Bier und der beste Wein für die Gäste in der Abtei, nicht draußen auf einem Landgut aufbewahrt. Gegen Morgen waren sie wieder aufgebrochen.
    Außer Luke arbeitete nur ein halbes Dutzend Laienbrüder auf dem Gut. Doch denen brauchte er die Lage nicht eigens zu erklären. Sie hatten verstanden, niemand würde die ungebetenen Gäste auch nur mit einer Silbe erwähnen.
    »Wie sollen wir erklären, dass Käse und Bier fehlen?«, fragte einer von ihnen.
    »Wir öffnen das Fass ein bisschen, verschütten ein wenig Bier auf den Boden und sagen nichts. Wenn es jemandem auffällt, werden alle denken, das Fass wäre ausgelaufen. Und was den Käse angeht, behaupte ich einfach, er wäre gestohlen worden.«
    Vielleicht wäre dieser Plan niemals entdeckt worden, hätte Bruder Matthew nicht so scharfe Augen gehabt. Außerdem war er nur zwei Tage nach seinem letzten Besuch wieder auf dem Gut aufgetaucht. Kurz nach der Mittagszeit kam er hereingeeilt und machte sich sofort daran, alles in Augenschein zu nehmen. Als er das ausgelaufene Bier bemerkte, zitierte er Luke zu sich.
    »Gewiss ist seit gestern etwas ausgelaufen«, begann Luke, aber er kam nicht weit.
    »Unsinn. Das Fass war voll. Der Hahn hat nur getropft. Und als ich vorgestern fort bin, war es noch fest versiegelt. Jemand hat davon getrunken.« Er blickte sich um. »Darüber hinaus fehlt ein ganzer Käse.«
    »Sicher ist er gestohlen worden.« Doch es nützte nichts. Luke war kein guter Lügner, und Bruder Matthew hatte ihn gleich durchschaut. Der Mönch betrachtete seinen Untergebenen tadelnd. Wer weiß, was für eine aberwitzige Geschichte Luke als Nächstes zum Besten gegeben hätte, wenn es in diesem Augenblick nicht heftig an der Tür geklopft hätte.
    Es war Martell. Er nickte den Laienbrüdern zu. »Wir sind zurückgekommen, Luke, und brauchen wieder deine Hilfe.« Dann sah er Bruder Matthew, den er bis jetzt nicht bemerkt hatte. »Und wer zum Teufel seid Ihr?«
    Luke schlug die Hände vors Gesicht, als er sich erinnerte, wie es dann weitergegangen war. Welche Schande! Sein strenger Befehl an die Wilderer, sofort zu verschwinden, ihre hochmütige Weigerung. Und dann…
    Wenn Bruder Matthew nur nicht die Beherrschung verloren hätte. Zuerst hatte er Luke beschimpft, er stecke mit den Verbrechern unter einer Decke. Bei Gott, natürlich war dieser Verdacht nur zu nahe liegend. Er hatte, und zwar im Beisein der anderen Laienbrüder, gedroht, den Prior zu rufen und Luke aus dem Kloster werfen zu

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