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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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lassen. Kurz darauf standen sie, den Wilderern gegenüber, vor dem Haus. Bruder Matthew hatte befohlen, die Tür zu verriegeln. Und als Martell trotzig den Fuß dazwischen stellte, war es Bruder Matthew zu bunt geworden. Er hatte nach einem Stab gegriffen, der an der Wand lehnte, und wollte sich auf Martell stürzen.
    Luke hatte nicht vorgehabt, Bruder Matthew zu verletzen. Ganz im Gegenteil. In diesem Augenblick leitete ihn nur ein Gedanke: Wenn der Mönch Martell angriff, würde der junge Heißsporn ihn sicher töten. Für weitere Überlegungen hatte die Zeit nicht gereicht. Neben dem Stab lehnte ein Spaten, ein schweres, hölzernes, mit Eisen verstärktes Gerät. Luke hatte den Spaten genommen, um Bruder Matthew den Stab aus der Hand zu schlagen, als dieser gerade ausholte.
    Doch der Schlag war zu heftig gewesen. Krachend zerbarst der Stab, und die Kante des Spatens traf mit einem abscheulich dumpfen Geräusch den Kopf des Mönches. Dann brach die Hölle los. Die anderen Laienbrüder stürmten auf Luke zu, um ihn festzuhalten. Martell und Will stürzten sich auf die Laienbrüder. Und in dem Getümmel ließ Luke den Spaten fallen, er riss sich los und rannte um sein Leben.
    Eines war gewiss. Ganz gleich, welche Erklärung er auch vorbrachte, man würde ihm die Schuld geben. Schließlich hatte er die Wilderer beherbergt. Er hatte Bruder Matthew geschlagen. Der Prior hasste ihn ohnehin. Wenn ihm sein Leben lieb war, musste er fliehen und sich verstecken. Sicher würde man bald die Verfolgung aufnehmen. Er überlegte, wohin er sich flüchten sollte.
     
     
    Maria blickte von dem Topf auf, den sie gerade schrubbte, und schüttelte den Kopf.
    Eigentlich war die Frage ganz leicht zu beantworten. So sagte sie sich wenigstens. Das Pony war schuld.
    John Pride betrachtete es als sein Eigentum. Und Tom Furzey behauptete das Gegenteil. So einfach war das. Natürlich ließ sich noch mehr dazu sagen, und nach einer Woche waren bereits einige Gerüchte im Umlauf. Allerdings änderte das nichts an den Tatsachen: Pride und Furzey erhoben beide Anspruch auf das Tier.
    Für einen unbeteiligten Beobachter gab es jedoch jede Menge Raum für Zweifel. Wenn ein Pony draußen im New Forest ein Fohlen zur Welt brachte, waren die Eigentumsverhältnisse geklärt, solange das Jungtier bei seiner Mutter blieb. Starb die Mutter aber und das Fohlen irrte allein umher – und solche Dinge geschahen eben manchmal –, dann konnte es durchaus vorkommen, dass jemand auf das herrenlose Tier stieß. Pride hatte das Fohlen gefunden. Das behauptete er wenigstens.
    Es war ein hübsches Tier, was die Sache nicht erleichterte. Obwohl klein und gedrungen und mit einem kräftigen Hals wie alle Ponys im New Forest, hatte sein Gesicht etwas Zartes, fast Zierliches, und es schritt anmutig dahin. Sein Fell war kastanienbraun, Schweif und Mähne waren ein wenig dunkler.
    »Das hübscheste kleine Pony, das ich je gesehen habe«, sagte ihr Bruder, und Maria war mit ihm einer Ansicht.
    Der Altersunterschied zwischen Maria und John Pride betrug nur ein Jahr. Ihre ganze Kindheit lang hatten sie zusammen gespielt. Und niemand konnte mit den dunkelhaarigen, hübschen, schlanken Wildfängen mithalten, wenn sie zusammen durch den New Forest tollten. Nur für ihren verträumten kleinen Bruder waren sie bereit, ein wenig langsamer zu laufen. Als Maria eines Tages Tom Furzey geheiratet hatte, war John leicht enttäuscht gewesen. Doch sie kannte ihn schon seit ihrer Kindheit, denn sie hatten ihr ganzes Leben in Oakley verbracht.
    Und sie war mehr oder weniger glücklich mit ihm geworden. Viermal war sie schwanger gewesen und hatte nun drei gesunde Kinder. Inzwischen war sie ein wenig fülliger, doch ihre dunkelblauen Augen funkelten noch so lebhaft wie früher. Auch wenn ihr Mann zuweilen mürrisch und auch nicht besonders anregend war – es spielte keine Rolle, wenn man mit seiner ganzen Familie im New Forest lebte.
    Bis die Sache mit dem Pony geschehen war. Nun sprachen John Pride und Tom Furzey schon seit drei Wochen nicht mehr miteinander. Und der Streit betraf nicht nur sie beide, denn man konnte eine derartige Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen lassen. Harte Worte waren gefallen und weitergetratscht worden. Und jetzt wechselten im ganzen New Forest die Mitglieder der Familie Pride – und das waren nicht wenige – kein Wort mehr mit den nicht minder zahlreichen Furzeys. Nur der Himmel wusste, wie lange das noch dauern sollte.
    Mittlerweile stand das Pony in

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