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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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gebracht, dann hatte sie, ihn selig anlächelnd, gemurmelt: »Verdammt geil, Paps«, und war eingeschlafen.
    »Ellie, wir müssen etwas gegen Rosies Fluchen unternehmen«, sagte er, als er wieder unten war.
    »Ich habe morgen einen Termin bei Ms Martindale«, sagte Ellie.
    Ms Martindale war Rosies Rektorin, eine bezaubernde, immer lächelnde junge Frau, die sehr kooperativ und versöhnlich wirkte, bis man auf ihren eisernen Willen stieß.
    »Viel Glück«, sagte Peter.
    »Und wie war dein Tag?«
    »Das erzähl ich dir beim Essen.«
    Vergnügt hatte er begonnen und Ellie zum Lachen gebracht, als er von seinem Treffen mit Poll Pollinger erzählte. Doch als er versuchte, seinen Besuch in Kirkton in derselben Stimmung zu schildern, scheiterte er kläglich.
    »Damit ich das richtig verstehe«, sagte Ellie. »Dein Urgroßvater Peter war mit Alice Clark verheiratet, beide aus Kirkton.«
    »Ja.«
    »Ebenfalls in Kirkton wohnte sein Vetter Stephen Pascoe, der mit Mary Quiggins verheiratet war.«
    »Ja.«
    »Und dieser Stephen trieb es mit Alice, und nachdem Peter wegen Feigheit an der Westfront hingerichtet worden war, ließ Stephen Frau und Kind sitzen und brannte mit Alice durch.«
    »Das behauptet die alte Quiggins. Die andere ist zu jung, um es selbst erlebt zu haben, aber sie bestätigt, daß man es immer in dieser Version in der Familie erzählt habe.«
    »Hat Ada jemals etwas davon gesagt, daß sie einen neuen Papa hatte? Oder einen Onkel mit Namen Stephen?«
    »Nicht, daß ich es mitgekriegt hätte.«
    »Und warum ist sie mit dem Namen Clark groß geworden, dem Mädchennamen ihrer Mutter? Wenn Alice sich mit einem Mann zusammengetan hat, der denselben Namen wie ihr Ehemann hatte, wäre es da nicht einfacher gewesen, als Mrs. Pascoe weiterzumachen?«
    »Darüber hatte ich schon nachgedacht, bevor das alles rauskam. Meine Theorie war, daß sie aus Schock und Scham ihre Heimat verlassen und ihren Namen geändert hat. Nach dem, was ich von Kirkton gesehen habe, kann es nicht gerade ein Vergnügen gewesen sein, dort zu leben, nachdem herausgekommen war, daß der Mann von den eigenen Leuten wegen Feigheit erschossen worden war. Aber wenn sie mit Stephen abgehauen ist, hatte sie vielleicht gleich zwei Gründe, den Namen zu ändern, die Schande und die Polizei.«
    »Warum die Polizei?« fragte Ellie verdutzt.
    »Weil die Quiggins Stephen einen Deserteur genannt hat. Von Studholme weiß ich, daß er während des Ypern-Feldzuges von 1917 verletzt wurde. Wenn er ausreichend wiederhergestellt war, um im Spätherbst eine Affäre mit Alice zu haben, war er auch ausreichend wiederhergestellt, um an die Front zurückzukehren. Vielleicht hatte er keine Lust dazu.«
    »Langsam«, sagte Ellie, »bevor du alle Pascoes zu schwarzen Schafen machst. Studholme hat nichts davon gesagt, daß dieser Stephen ein Deserteur war?«
    »Nein.«
    »Glaubst du nicht, daß er es erwähnt hätte? Vielleicht ist Stephen ja mit Alice durchgebrannt, hat ein paar Tage mit ihr verbracht, und dann, als er sich zurückmelden mußte, ist er wie ein braver kleiner Soldat an die Front gefahren und gefallen.«
    »Warum sagst du das?«
    »Weil er eindeutig nicht zu Frau und Familie zurückgekehrt ist, und ebenso eindeutig, wenn Adas Schweigen etwas zu sagen hat, ist er auch nicht zu Alice zurückgekehrt. Wenn man mal ausschließt, daß er ein richtiges Schwein war und seine Liebste wie seine Frau behandelt hat, ist es wahrscheinlich, daß er es nicht geschafft hat.«
    »Ja, vielleicht.«
    Pascoe strich sich mit der Hand über das Gesicht, als wollte er etwas wegreiben. Es war eine Geste müder Niedergeschlagenheit, die Ellie wiedererkannte und bedauerte. Es bedeutete, daß er, in ihren Augen völlig unnötig, die alten Geschichten viel zu nah an sich herankommen ließ. Verdammte Ada, dachte sie. Was für ein Recht hat sie, ihrem Enkel die Obsessionen ihres Lebens zu vermachen?
    An diesem Punkt war Peter bereit gewesen, von seinem Besuch bei Pottle zu erzählen, doch bevor er anfangen konnte, hatte sich Ellie entschuldigt, war in die Küche gegangen und einen Moment später mit einer offenen Flasche Nuits-St-Georges zurückgekommen, die sie neben den halbleeren ungarischen Chardonnay gestellt hatte.
    Pascoe hob eine Augenbraue und fragte: »Durstig?«
    »Könnte man sagen. Du weißt doch, wie ein großer Roter meine Räder schmiert.«
    »Ich muß gestehen, ich habe sie nicht quietschen hören.«
    »Das ist nur, weil du noch nicht nahe genug bei mir bist«, sagte sie

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