Der Wald des Vergessens
Schublade zu und ging hinüber zu Dr. Batty an der Tür. Beim Hinaufgehen sagte dieser: »Es klang, als wären Sie auf etwas Interessantes gestoßen, von dem Sie sich nicht so leicht erholen.«
»Nur ein Name. Komisch, wie einem ein Name über den Weg läuft, den man noch nie gehört hatte, und, schwuppdiwupp, schon taucht er fast unmittelbar danach noch einmal auf.«
»Und wie lautet dieser Name?«
Sie waren in der hinteren Diele mit dem Steinfußboden angekommen, von der aus die Treppe in den Keller führte. Ein Lichtstrahl fiel durch ein hohes Fenster, und Pascoe stellte sich darunter wie ein Bergmann unter die Dusche.
»Grindal«, sagte er. »Arthur Grindal. Ihr Urgroßvater, glaube ich.«
»Der alte Arthur. Ach ja, Sie haben gestern mit meinem Vater gesprochen, nicht wahr? Und Sie sind in den Akten wieder auf Arthurs Namen gestoßen? Interessant, wenngleich angesichts der Umstände nicht allzu überraschend.«
»Sie meinen, daß Wanwood Arthur Grindal gehörte, bevor es ein Krankenhaus wurde? Das haben Sie aber niemandem gegenüber erwähnt, habe ich den Eindruck. Und Ihr Vater hat es gestern absolut sicher mit keinem Wort erwähnt.« Batty faßte Pascoes Arm und schob ihn aus der Diele in den renovierten Teil des Hauses.
»Was mich betrifft, hatte ich keine Veranlassung, davon zu sprechen, warum sollte ich? Es ist von keinerlei Bedeutung, oder? Und was Vater anlangt, so gehört er zu jener in Yorkshire besonders verbreiteten alten Schule, die Zurückhaltung auf ihre Fahnen schreibt, besonders in Sachen Familie.«
»Tatsächlich? Er hat ziemlich offen über seine Familie gesprochen, wenn ich mich recht entsinne.«
»Nur über die Dinge, vermute ich, die er Ihnen unbeschadet erzählen konnte«, sagte Batty mit einem glucksenden Lachen, als er die Tür zu seinem Büro aufstieß. »Nehmen Sie Platz. Wollen Sie einen Kaffee? Oder teilen Sie die Präferenzen ihres Chefs?«
Er wedelte mit einer Flasche Glenmorangie.
»Nein, danke. Nichts für mich. Und was könnte es schaden, mir von der Verbindung der Familie zu diesem Haus zu erzählen?«
»Nichts, zumindest nicht unmittelbar. Aber die Geschichte gereicht der Familie nicht unbedingt zur Ehre. Wenn Sie Zeit und Lust haben, erzähle ich Sie Ihnen. Natürlich leugne ich jedes Wort, sollte mein Vater jemals Wind von meiner Indiskretion bekommen.«
Er setzte sich und schenkte sich einen kleinen Whisky ein.
»Sie haben hoffentlich nichts dagegen, aber eine gute Geschichte verdient es, gut erzählt zu werden. Und wenn Sie Ihre Meinung ändern, bitte sagen. Prost.«
Er schüttete das Glas hinunter und lächelte. Er war, dachte Peter Pascoe, ziemlich attraktiv, und man konnte sich auch gut mit ihm unterhalten, wenn man ihm erst einmal klargemacht hatte, daß man nicht dazu da war, herumkommandiert zu werden. Er sah nicht schlecht aus und war sehr aufgeschlossen. Und doch war da etwas, an das er sich auch von seinen früheren Begegnungen mit ihm erinnerte. Es löste bei ihm ein gewisses Unbehagen aus, wie bei einem Hund, der spürt, daß ein Gewitter in der Luft liegt.
»Also. Legen wir los. Sind Sie sicher, daß Sie die Geschichte hören wollen? O. K. Es war der alte Arthur, der den Grundstock zum Vermögen der Familie legte, und zwar mit Hilfe der alten Spezialität Yorkshires, der Wolle. Sie werden gestern in Kirkton die Reste der alten Fabrik gesehen haben.«
»Ja, und Ihr Vater hat mir auch erzählt, wie sich die beiden Interessen der Familie fanden, die medizinischen Neuerungen der Battys und das Unternehmertum der Grindals.«
»O ja, typisch. Für ein bißchen Angeberei ist er sich nie zu schade. Aber es gibt da einiges, worüber er sich bestimmt nicht ausgelassen hat. Der alte Arthur war einer von denen, die davon ausgehen, daß man alles kaufen kann, solange man über das nötige Kleingeld verfügt. Er hat Gut Wanwood gekauft und brüstete sich dann, seinen Einsatz gleich wieder eingespielt zu haben. Er hatte nämlich alles, was noch von dem alten Forst Wanwood übriggeblieben war, niedermachen lassen und erst das Holz und dann das gerodete Land verhökert. Nur den Wald unmittelbar um das Haus herum hat er stehenlassen. Das alte Herrenhaus aus elisabethanischen Zeiten bedurfte einer gründlichen Sanierung, also ließ er es ebenfalls dem Erdboden gleichmachen und baute sich seinen eigenen freiherrlichen Landsitz. Nach getaner Tat lehnte er sich zurück und wartete darauf, daß die Einheimischen sich anschickten, ihn so zu behandeln wie die alte
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