Der Wald des Vergessens
war was andres … als man uns ins Haus geholt hat und Cap losrannte … Ellie, ich brauch einfach jemanden, der mir zuhört … jemanden, der mir sagt, ob ich spinne oder was … und du hast gesagt, wenn was passiert, dann soll ich zu dir kommen. Oder war das nur so ’ne Bemerkung, die ihr Leute macht, um uns Leute bei Laune zu halten?«
»Wendy«, sagte Ellie mit gefährlichem Ton. »Die Scheiße von wegen ›ihr Leute‹ ist nur angesagt, wenn du in der Kampflinie stehst und ich dich mit einer Schar Zuschauer aus dem Hintergrund anfeure. Hier geht es um Freundschaft.«
»Ja, tut mir leid«, sagte Wendy. »Es ist halt nur, weil dein Mann bei der Kripo ist … er ist doch nicht etwa daheim? Ich bin noch nicht so weit …«
Als wolle sie die Frage beantworten, öffnete sich die Tür und Peter Pascoe erschien.
»Peter«, sagte Ellie fröhlich. »Du erinnerst dich an Wendy, nicht wahr? Wendy Walker, aus Burrthorpe?«
Burrthorpe. Wo er fast in einem Bergwerk umgekommen wäre. Und fast seine Frau an einen jungen Bergmann verloren hätte.
»Ja, natürlich. Hallo. Es geht gut, hoffe ich?«
»Ja«, sagte Wendy Walker. »He, es ist ja schon so spät. Ich mach mich lieber mal auf den Weg.«
Sie drückte ihre Zigarette in einem Unterteller aus und stand auf.
Peter Pascoe sagte schuldbewußt: »Nun gehen Sie doch nicht, nur meinetwegen.«
Sie sagte: »Nein, heute erwisch ich immer den falschen Moment. Ellie, bist du heute abend auf der Party? Wenn ja, dann würd’ ich hinterher gern eine Mitfahrgelegenheit abstauben. Die Busse fahren nur bis zehn, und das Fahrrad ist gefährlich, wenn man einen in der Krone hat.«
»Party?« fragte Peter Pascoe.
»Die Veranstaltung der Volkshochschule in der Uni.«
»Aber ich dachte …« Er änderte seine Meinung und sagte nichts.
Wendy bedachte ihn mit einem strahlenden Lächeln und sagte: »Tschüs dann« und ging an ihm vorbei in die Diele. Ellie holte sie auf der Schwelle ein.
»Du hast noch nicht gesagt, worüber du reden wolltest«, sagte sie.
»Wahrscheinlich alles nur Einbildung«, erwiderte Wendy wenig überzeugend. »Weißt du was, wir unterhalten uns auf der Party, O. K.? Du kommst doch, oder?«
Sie fixierte Ellie mit ihren hellen Augen, ohne zu zwinkern, wie ein hungriger Grubenhund, der nicht weiß, wie man bettelt.
»Ja«, sagte Ellie gedehnt. »Ich komme auf jeden Fall.«
Sie sah Wendy nach, wie sie auf das klapprige Mountainbike stieg, das ihr innerstädtisches Transportmittel war, sich auf die Pedalen stellte und davonradelte.
»Scheiße«, sagte Ellie.
Die Party, um die es ging, war im wesentlichen eine Feier anläßlich des 25. Jubiläums der Tagesseminare, die die Bergwerksgewerkschaft in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule veranstaltete. Ellie hatte eine Weile als Dozentin mitgearbeitet, und dort hatte die Beziehung, aus der so viel Leid erwachsen war, ihren Anfang genommen. Danach hatte sie sich nicht weiter in dem Fortbildungsprogramm für die Bergleute engagiert. Peter hatte sie darin bestärkt, zu der Party zu gehen, besonders da es nicht nur ein Jubiläum, sondern auch eine Leichenfeier war. Nach Weihnachten würde es in der Gewerkschaft nicht mehr genügend Bergleute geben, um die Veranstaltungsreihe fortzusetzen. Samson war in die Knie gezwungen worden. Dagon hatte triumphiert.
Doch obwohl ihr Mann sie gedrängt hatte, oder vielleicht gerade deswegen, hatte Ellie beschlossen, nicht hinzugehen. Und sie war noch in ihrer Entscheidung durch die Tatsache bestärkt worden, daß er an eben jenem Tag von Adas Beerdigung zurückkehren würde.
Nun war die Lage verändert, ohne daß sie sich erklären konnte, wie es dazu gekommen war.
Wäre es nicht nett, dachte sie, nur so ab und an wie die Gehirntoten mit den strahlenden Augen in den Werbespots im Fernsehen zu sein, die nie ein dringenderes Problem haben als das, welche Packung Chemoscheiße schneeweißer wäscht?
Aber das war ein Programm, das für sie wohl nicht vorgesehen war.
Sie ging zurück in die Diele und knallte mit dem Schienbein gegen Adas Sekretär.
»Du mich auch!« sagte Ellie Pascoe.
Zwölf
M ittag war schon vorbei, aber obwohl Wields Leute eine kleine Pumpe einsetzten, hatten sie noch immer nicht genügend Knochen aus dem Krater gefischt, um damit so recht etwas anfangen zu können. Wield leitete die Ausbeute an Longbottom weiter, der sie wie ein verhungernder Panther in Empfang nahm, der mit einem Mäuschen abgespeist wird.
Doch Longbottoms Beschwerden hatten wohl
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