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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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widerfahren war.
    Auch Dankbarkeitsbekundungen über das mitgebrachte Geschenk tauchten immer wieder auf. Peter hielt sie jedoch für kreative Voraussagen und suchte nach Worten, um ihr zu erklären, warum Väter nach einer so kurzen Abwesenheit und aus solch traurigem Anlaß mit leeren Händen nach Hause kommen, als ihm aufging, daß der Dank nicht für ein erwartetes, sondern für ein erhaltenes Geschenk war.
    Er warf Ellie einen kurzen Blick zu, und sie formte lautlos die Worte mit den Lippen: »Der Sekretär.«
    »Äh?«
    »Rosie hat den Sekretär im Flur gesehen und hat mich gefragt, ob du ihn mitgebracht hast, damit sie etwas hat, worin sie ihre Sachen aufbewahren kann, und ich habe zu ihr gesagt, das könnte durchaus der Fall sein.«
    Als Ellie und ihre Tochter sich vor kurzem über den Zustand des Kinderzimmers ideologisch sehr angreifbar in die Wolle gekriegt hatten, hatte Peter seine väterliche Autorität in die Waagschale geworfen und seiner Frau einen großen Gin Tonic und seiner Tochter eine große Kiste versprochen. Er hatte zwar an etwas aus purem Plastik gedacht, aber der gute Geschmack seiner Tochter war manchmal mindestens so überraschend wie ihre Ausdrucksweise.
    »Er gefällt dir doch, oder?« sagte Peter Pascoe.
    »O ja. Ich finde ihn verdammt geil«, sagte sie ganz ernst.
    Wieder fing er Ellies Blick auf, und sie schien zu sagen: keine Ahnung, woher sie das hat. Seit Rosie eingeschult war, hatte sie, wie Caliban, sprachlich Fortschritte gemacht. Ihr Zugewinn bestand darin, daß sie nun fluchen konnte. Das Problem war, sie davon abzubringen, ohne ihr zu verraten, was sie da eigentlich konnte.
    Peter Pascoe sagte: »Er hat Oma Pascoe gehört, und sie wollte, daß du ihn bekommst.«
    »Die Oma, die tot ist?«
    »Richtig.«
    »Ist sie jetzt ein Gespenst?«
    »Du weißt doch, daß es keine Gespenster gibt, also kann sie kein Gespenst sein, oder?« sagte Ellie forsch.
    »Ja«, entgegnete Rosie, ohne rechte Überzeugung.
    Peter legte seinen Mund an ihr Ohr und flüsterte: »Und wenn sie eins ist, dann unten in Warwickshire, weil schließlich jeder weiß, daß Gespenster da umgehen müssen, wo sie gestorben sind.«
    Das kleine Mädchen sah sehr erleichtert aus, aber Pascoe merkte, wie Ellie das Gesicht verzog, weil er die Prinzipien der Vernunft verraten hatte. Aber sie war genauso erfreut wie er über die Lösung des Problems, wo man Adas Sekretär hinstellen sollte.
    »Hab ich nicht gesagt, daß er sein Plätzchen finden würde?«, sagte sie, außer Atem auf Rosies Bett fallend, nachdem sie das Möbel nach oben geschleppt hatten.
    »Ganz schön schlau von dir«, sagte er grinsend, und der Waffenstillstand hätte mit mehr als nur einem liebevollen Kuß besiegelt werden können, wenn Rosie nicht verlangt hätte, daß die Eltern mit Hand anlegten, Puppen, Spielzeug und sonstigen Kram in ihrem neuen Schrank zu verstauen.
    Um sieben, als dann auch Rosie sicher verstaut war, Ellie sich für die Party fertigmachte und Peter sich in der Küche ein Bier einschenkte, ging die Türklingel. Er hörte Ellies Schritte auf der Treppe und ihre Stimme: »Ich mach auf.«
    Noch einmal Wendy Walker? fragte er sich. Nein. Sie hatte doch gesagt, daß sie eine Mitfahrgelegenheit nach Hause wollte. Oder vielleicht war es diesmal tatsächlich der Dicke, der sich selbst überzeugen wollte, ob er sicher wieder daheim war. Mistkerl!
    Doch als Ellie in die Küche kam, machte sie kein Weltuntergangsgesicht. Sie trug allerdings ein Seidenkleid, das ihm für die proletarische Festivität ein bißchen zu fein vorkam.
    »Jemand mit Namen Hilary Studholme möchte dich sprechen«, sagte sie.
    »Augenklappe, nur ein Arm und Humpeln?«
    »Graues Haar, eigene Zähne und ein nettes Lächeln«, sagte Ellie. »Könnten wir denselben meinen?«
    »Nicht vor Gericht, da gewiß nicht«, sagte Peter Pascoe. »Laß mich sehen.«
    Der Major stand am Kamin und machte einen verlegenen Eindruck.
    »Nett, Sie wiederzusehen«, sagte Peter Pascoe und erinnerte sich daran, ihm die Linke hinzustrecken. »Setzen Sie sich doch. Ich habe mir gerade etwas zu trinken geholt. Kann ich Ihnen etwas anbieten?«
    »Orangensaft, irgendetwas ohne Alkohol. Einige Ihrer Kollegen sind der Meinung, ich sollte eigentlich keinen Führerschein besitzen. Man muß der Polizei ja nicht immer entgegenkommen.«
    Er lächelte sein nettes Lächeln. Ellie, die an der Tür stand, sagte: »Ich hole Ihnen etwas zu trinken.«
    Pascoe setzte sich seinem Besuch gegenüber und fragte:

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