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Der Wald des Vergessens

Der Wald des Vergessens

Titel: Der Wald des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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floß, zwar nicht schnell, aber ihr Körper hatte sich so über den Graben verkeilt, daß die Regenjacke, die sie trug, eine Art Damm um ihr Gesicht bildete, der ausreichte, um ihr Luft zum Atmen zu verschaffen. Aber sie hatte einen Schädelbruch davongetragen und mehrere Stunden bei Temperaturen um den Nullpunkt dort gelegen, bevor ein Bauer, der auf seinem Traktor vorbeifuhr, nicht sie, sondern ihr Fahrrad bemerkte, das etwa zehn Meter weiter in hohem Bogen in die Hecke geflogen war. Sie hatte keine Papiere dabei, und erst als Annabel Jacklin zur Arbeit kam, erfuhr man, wer sie war.
    Ein Team der uniformierten Verkehrspolizei war am Tatort gewesen und hatte kategorisch erklärt, daß bei dem klaren Frostwetter und auf jener geraden, engen Straße, wer immer sie erwischt hatte, mitgekriegt haben mußte, was geschehen war.
    »Kommt sie durch?« fragte Dalziel.
    Der Arzt zuckte die Achseln, ungeduldig wie ein Profi, der sich von unmöglichen Fragen gestört fühlt.
    »Alle Systeme hatten ihre Funktion fast eingestellt, als sie eingeliefert wurde«, sagte er. »In etwa so wie bei einem Tier, das in Winterschlaf verfällt. Ob wir sie wieder in Gang kriegen, ist die große Frage. Und wenn uns das tatsächlich gelingen sollte, lautet die nächste Frage, ob wir es angesichts ihrer Schädelverletzungen und der möglicherweise unterbrochenen Sauerstoffversorgung des Gehirns überhaupt wollen.«
    Er war unbedarft genug, die letzte Bemerkung in Hörweite Cap Marvells zu machen.
    »Nun hören Sie mir mal gut zu, Sie kleiner ekliger Widerling«, zischte sie. »Es wäre besser für Sie, daß sie wieder zu Bewußtsein kommt. Tut sie das nicht, werde ich Sorge tragen, daß es zur gründlichsten Überprüfung der Wiederbelebungspraktiken auf dieser Station kommt, die Sie je erlebt haben. Haben Sie mich verstanden, Dr. Herrgott?«
    Dalziel sah mit der Bewunderung und Zustimmung eines Mitstreiters zu. Das war gute Technik, dachte er anerkennend. Da konnte man sich schon vor Bewunderung in die Hose machen.
    Als sich der Arzt zurückzog, mit einem Gesichtsausdruck, als wäre er soeben einem Bombenattentat entgangen, wandte sich Cap an Dalziel und sagte: »Und was treibst du dich noch hier rum, Andy? Kriegst du nicht gutes Geld vom Staat, um Wahnsinnige wie das Arschloch zu verhaften, die Leute wie Wendy als Beinaheleichen liegenlassen? Ludd Lane ist die erste Wahl für jeden von der Party in der Uni, der betrunken auf einer stillen Strecke in Richtung Westen nach Hause wollte. Du hast selbst mitgekriegt, welche Mengen ein paar der Leute sich hinter die Binde gegossen haben.«
    Diese Bemerkung von jemandem, der während seiner kurzen Anwesenheit auf der Party so viel Gin verkonsumiert hatte, daß es einen Fliegenden Holländer zum Abstürzen gebracht hätte, war ein bißchen happig. Und dann war da noch die Frage, daß ihm jemand beibringen wollte, wieviel eins und eins ist. Doch Dalziel sah, daß es wohl nicht der Zeitpunkt für eine kunstgerechte Debatte war, und so vermerkte er nur die Punkte auf der Bilanz, die er aufstellte, um eine Antwort auf die Frage zu finden, wohin der Weg mit Amanda Marvell führte.
    Er sagte: »Fahrerflucht. Wenn es jemand von hier ist, kriegen wir ihn. Wenn nicht …«
    Er hob die Schultern und ließ sie fallen. Sie erwiderte: »Willst du damit sagen, daß ihr dann einfach aufgebt?«
    »Ich will damit sagen, daß es dann schwerer ist. Sieh mal, meine Liebe, widerlich ist die Sache, ja, aber deshalb kommt der Fahrer noch lange nicht auf die Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher. Und ich versteh auch nicht, warum du dich so aufregst. Nach dem, was ich erlebt habe, warst du nicht gerade Wendy Walkers Busenfreundin.«
    Sie musterte ihn, als hätte sie ihn gerade unter einem Stein gefunden, doch als sie ihm antwortete, merkte er, daß sie über seine Frage nachgedacht hatte.
    »Vermutlich hat Schuld eine Menge damit zu tun«, sagte sie schließlich. »Die meiste Zeit war sie einfach zum Kotzen, immer hat sie gedrängelt, warum wir keine härtere Linie verfolgten, ein paar Pelzläden abfackelten, die Autos von Wissenschaftlern in der Forschung mit Bomben bestückten, solches Zeug. Ich habe ihr immer gesagt, wenn sie das will, muß sie sich eine andere Gruppe suchen, und sie sagte, sobald sie eine gefunden hätte, die sich mehr engagiert, würden wir sie nicht wiedersehen. Und ich habe gesagt, gut, mit ein bißchen Glück würde sie sich vielleicht ebenfalls in die Luft jagen und dann würde endlich ein wenig

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