Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
zelten?, fragte er sich. Wir sind ein Haufen verfluchter Masochisten.
    Er stopfte die Schnürsenkel unter die Zunge der Schuhe. Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte sie nicht zubinden können, dafür zitterten seine Hände zu stark.
    Scott kroch zum Ausgang, doch dann erinnerte er sich an Karens Sweatshirt. Er warf einen Blick zu Benny. Noch nicht aufgewacht. Er griff in den warmen Schlafsack, zog das Sweatshirt heraus, schob es unter sein Hemd und robbte nach draußen.
    Er sah zu den beiden Schlafsäcken, die gute fünf Meter entfernt nebeneinander bei der Feuerstelle lagen. Sie schienen nicht mehr ganz so weit auseinander zu liegen wie in der ersten Nacht. Interessant. Von Julie konnte er nur die braune Kapuze des Jogginganzugs sehen. Schnell öffnete er seinen Rucksack, stopfte das Sweatshirt hinein und lief zwischen die Bäume hinter den Zelten.
    Als er zurückkehrte, ging es ihm schon viel besser. Wenn er jetzt noch ein Feuer anzünden könnte, würde er sich fantastisch fühlen. Aber dabei würde er mit Sicherheit Julie und Nick wecken.
    Ihre Schlafsäcke lagen höchstens einen Meter auseinander. Sehr interessant. Er war froh, dass Julie den Jungen zu mögen schien. So wie die Reise angefangen hatte, hatte er eine Katastrophe befürchtet. Doch seit sie Nick begegnet war, benahm sie sich anständig. Ihr Ärger über Karens Anwesenheit war kaum noch zu spüren. Dafür konnte er sich wohl bei Nick bedanken.
    Und auch dafür, dass er Julie insgesamt wieder aufbaute. Nachdem sie von diesem Idioten Clemens abserviert worden war, brauchte sie einen Freund.
    O’Toole, der Kuppler.
    Er nahm ein kleines Täschchen und ein Handtuch aus seinem Rucksack und ging leise am Zelt vorbei zum Bach. Ein Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.
    Julie würde ausflippen, wenn sie wüsste, dass er es so geplant hatte. Als Flash zum ersten Mal erwähnt hatte, dass er mit seiner Familie eine Woche lang in den Bergen wandern gehen würde, hatte Scott daran gedacht, allein mit Karen mitzufahren. Aber es wäre eine Schande gewesen, die Kinder zu Hause zu lassen. Vielleicht konnte ein Ausflug helfen, Julie aus ihrer Niedergeschlagenheit herauszuholen … Dann dachte er an Flashs Sohn, einen gut aussehenden, zuverlässigen Jungen, ziemlich zurückhaltend, aber nur ein Jahr älter als Julie. Wenn die beiden sich gut verstehen würden, könnte Julie diesen Mistkerl Clemens vergessen und das Leben wieder genießen. Deshalb schlug er Flash vor, sie sollten alle zusammen fahren, und Flash sprang darauf an.
    Anscheinend hatte sein kleiner Plan Erfolg gehabt.
    Die beiden kamen gut miteinander aus – sogar besser, als Scott erwartet hatte. Sie benahmen sich nicht, als wären sie verliebt, aber sie genossen es offensichtlich, zusammen zu sein, und wer wusste schon, was in ihren Köpfen vor sich ging? Vielleicht war es auch besser, das nicht zu wissen. Er sollte einfach froh sein, dass Julie wieder normal war.
    Am Bach entdeckte er eine Stelle, an der Sonnenlicht durch eine Lücke zwischen den Bäumen fiel. In der breiten Schneise, die zu einem Steinhaufen in der Nähe abfiel, tanzten Staubflocken in der Luft. Er stapfte durch die Büsche und trat auf die Steine. Lange Zeit stand er still da und ließ die Wärme in sich eindringen.
    Als er genügend aufgetaut war, zog er sein Hemd aus. Er ging in die Hocke und schöpfte sich kaltes Wasser in den Mund. Dann putzte er sich die Zähne. Mit einer biologisch abbaubaren Seife schäumte er sein Gesicht ein und begann, sich mit einem Rasiermesser zu rasieren.
    »Du bist eine schreckliche Enttäuschung.«
    Er blickte flussabwärts. Karen stand in Jogginghose und Parka auf einer Brücke aus Baumstämmen und sah ihn mit verschränkten Armen an. »Komm rüber, hier ist es warm«, rief Scott. Während sie zu ihm eilte, rasierte er sich weiter. Sie sprang auf einen flachen Stein neben ihm.
    »Ah, hier ist es besser.«
    »Und warum bin ich so eine Enttäuschung? Oder will ich das gar nicht wissen?«
    »Weil du ein Rasiermesser benutzt«, sagte sie in spöttischem Ton. »Ich dachte, ein Macho wie du würde sich mit einem stumpfen Fahrtenmesser rasieren.«
    »Das hab ich ein Mal probiert. Mit den Barthaaren ist mein halbes Gesicht dabei abgegangen. Das hier ist viel besser. Damit kann man sich schön sauber rasieren, ohne ein Blutbad anzurichten.« Er lächelte zu ihr auf und sagte: »Bist du auch gekommen, um dich zu rasieren?«
    Sie errötete. »Meine Beine, meinst du?«
    »Die auch, wenn du

Weitere Kostenlose Bücher