Der Wald: Roman
Schatten. Sie streckte den Arm aus und tätschelte seine Wange. »Uns wird nichts geschehen. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Wir bleiben einfach hier verborgen, bis sie verschwinden.«
Als Merle nach dem Fell griff, strich Ettie mit der Hand darüber und verschmierte das Blut.
»Scheiße!«, schrie er.
»Das ist nicht für deine Augen bestimmt.«
»Es hätte aber nicht geschadet«, schmollte er.
Ettie faltete das Fell zusammen. Sie drückte mit den Händen darauf und rieb die beiden Seiten fest aneinander.
»Du kannst mir wenigstens verraten, wie die Botschaft lautet«, beschwerte sich Merle. »Es muss doch mehr dabei herausgekommen sein als: ›Bleibt in der Höhle.‹«
»Das Blut hat nicht gesagt, dass wir in der Höhle bleiben sollen. Das war ich.«
»Und was hat das Blut gesagt?«
»Dass wir uns lieber nicht mit den Leuten da unten anlegen sollen. Sie haben den Tod mitgebracht.«
Merle war still. Er starrte eine Weile das Fell an, dann nahm er es, klappte es auseinander, bewegte es durch den Streifen Sonnenlicht und betrachtete die roten Flecken. »Hat es das wirklich gesagt?«, fragte er zweifelnd.
»Willst du sagen, dass ich lüge, mein Sohn?«
»Also, nein. Aber vielleicht hast du es nicht richtig gelesen.«
»Ich habe es richtig gelesen. Wenn du irgendein Bedürfnis nach diesen Frauen da unten verspürst, dann schlag es dir jetzt aus dem Kopf, sonst bist du schuld, dass wir beide getötet werden. Hast du das verstanden?«
»Ich glaub schon.«
»Das ist keine richtige Antwort, Merle.« Sie kroch über ihren Schlafsack zu dem schwach leuchtenden Spalt, der aus der Höhle führte. Dort setzte sie sich mit übergeschlagenen Beinen hin und blockierte den einzigen Ausgang.
»Das musst du nicht tun«, jammerte Merle.
»Ich mach’s aber trotzdem.«
17
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Mit einem rußigen Stein in jeder Hand ging Julie hinüber zur Feuerstelle. »Da hast du noch ein paar«, sagte sie zu Benny und ließ die Steine neben ihm fallen.
»Danke«, murmelte Benny, ohne aufzublicken. Er nahm einen der Steine und baute ihn in die niedrige runde Mauer ein.
»Zieh doch nicht so ein Gesicht«, sagte Julie.
»Es ist alles meine Schuld.«
»Das stimmt, du kleiner Spinner. Sieh es positiv, wenigstens hast du ihr nicht den Fuß gebrochen.«
»Danke. Du bist echt nett.«
»Ja, oder?« Während sie versuchte, sich den Ruß von den Händen zu wischen, ging sie zum Seeufer. Nick saß dort auf einem Stein neben seiner Schwester, die ihren linken Fuß ins Wasser hielt. »Wie geht’s?«, fragte Julie.
»Gut«, sagte Heather.
»Wir haben noch keine Wasserschlangen gesehen«, meinte Nick.
»Ein Glück. Und irgendwelche verrückten alten Frauen?«
»Keine einzige.«
»Super.« Sie trat auf einen flachen Felsen hinaus, hockte sich hin und wusch sich die Hände. Das Wasser war kalt, aber nicht so, dass es wehtat. »Willst du immer noch schwimmen gehen?«, fragte sie.
»Klar.«
»Kann ich mitkommen?«, wollte Heather wissen.
»Frag lieber Mum.«
Julie schüttelte sich das Wasser von den Händen und sprang zurück ans Ufer.
»Bin in ein paar Minuten wieder da«, rief sie über die Schulter.
Benny, der noch an der Feuerstelle kauerte, hob den Kopf, als Julie kam. Er rümpfte die Nase und entblößte die Schneidezähne wie ein knurrender Hund. Das war seine Art, die Brille am Rutschen zu hindern. Er schob sie mit dem Zeigefinger nach oben und stellte das Knurren ein.
»Wir gehen eine Runde schwimmen«, sagte Julie. »Willst du mitkommen?«
Er legte den Kopf schief und wirkte verblüfft. »Gehst du da rein?«
»So sieht’s aus.«
»Was ist mit den Wassermokassins?«
»Wenn du Angst hast, kannst du ja hierbleiben.« Vor dem Zelt griff sie in ihren Rucksack und zog das Handtuch heraus. Sie legte es sich über die Schulter und wühlte in ihrem Gepäck, bis sie ganz unten den Bikini fand.
Sie kroch ins Zelt. Es stand erst seit ein paar Minuten, doch die Luft darin war bereits stickig. Karens Schlafsack war ausgerollt. Er sah dick und weich aus. Wenn er irgendjemand anderem gehört hätte, hätte Julie sich zum Umkleiden daraufgesetzt. Aber in diesem Fall nahm sie mit dem Zeltboden vorlieb und zog sich auf dem harten Untergrund aus.
Sie lag nackt auf dem Rücken, die Beine in der Luft, und zog gerade die kleine weiße Bikinihose über die Füße, als sich die Zeltklappe öffnete. Sonnenlicht überflutete sie.
»Entschuldigung«, stieß Karen hervor. Die Klappe schlug zu und schloss das Licht aus.
»Scheiße«,
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