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Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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schwimmen.«
    »Wenn wir rechtzeitig am Lake Wilson ankommen, probier ich es aus.«
    Sie trotteten schweigend weiter. Als Nick hinaufblickte, konnte er das Ende des Hangs sehen. Es schien nicht mehr weit über ihnen zu liegen, aber ihm war bewusst, dass der Anblick trügen konnte. Das, was von hier wie der Gipfel aussah, könnte sich als ein Schelf herausstellen, und der Rest des Berges könnte weiter hinten außer Sichtweite liegen. Er versuchte, sich nicht zu viele Hoffnungen zu machen.
    Julie und er waren noch ein Stück unterhalb des Gipfels, als der Weg, anstatt eine weitere Kehre einzuschlagen, geradeaus um den Berg herumführte. Ein starker, kühler Wind blies Nick entgegen. Julie blieb stehen. Er trat neben sie. Sie lächelte ihn an. »Sieh mal einer an«, sagte sie.
    »Ich dachte nicht, dass wir es jemals schaffen würden.«
    Vor ihnen wand sich der Pfad über eine karge Ebene zwischen zwei Steilwänden. Dahinter fiel er ab und war nicht mehr einsehbar. In der Ferne sah Nick wolkenverhangene Gipfel. Nach ein paar Minuten hatten sie die Ebene hinter sich gelassen. Sie legten ihr Gepäck ab und setzten sich auf einen Granitblock. Von diesem Punkt aus führte der Weg allmählich entlang eines schmalen Grats nach unten. Auf der rechten Seite des Grats öffnete sich eine tiefe Schlucht. Zur Linken befand sich ein flaches Tal mit zwei Seen. Der untere See, der nicht mehr als dreißig Meter unterhalb ihres Standpunkts lag, war größer als der andere und von steinigen Hängen umgeben. Nur am Westufer stand ein kleines Pinienwäldchen. Der obere See lag südwestlich des anderen und schien baumlos und noch trostloser zu sein.
    »Das müssen die Mesquites sein«, sagte Nick.
    »Der Ranger hatte Recht. Das sind die letzten Löcher.«
    »Ich kann da unten niemanden sehen.«
    »Meinst du die Verrückte?«, fragte Julie. »Die ist bestimmt weitergezogen. Wer will da schon campen? Sieht aus wie die Rückseite des Mondes.«
    »Hoffentlich ist der Lake Wilson besser.«
    »Der Ranger hat gesagt, es sei schön dort. Außerdem liegt er ungefähr dreihundert Meter tiefer.«
    »Wie weit ist es wohl noch, vier oder fünf Kilometer?«
    »So was in der Art.«
    Nick ließ den Blick den Weg entlangschweifen. Der Pfad führte oberhalb des Lower Mesquite vorbei und verschwand dann hinter einer steilen Granitwand. »Wenigstens geht es bergab«, sagte er.
    »Manchmal ist das sogar noch schlimmer.«
    »Es geht auf die Zehen.«
    »Und auf alles andere.«
    Scott und Karen kamen an. Sie nahmen ihre Rucksäcke ab und ließen sich auf einem Stein in der Nähe nieder. Karen verknotete wie vorher beim Mittagessen die Bluse vor dem Bauch. »Ah«, sagte sie, »der Wind ist herrlich.«
    »Mir gefallen diese Wolken nicht«, meinte Scott.
    Die Wolken um die fernen Gipfel waren dick und grau. Nick schätzte, dass sie mindestens zehn Kilometer entfernt waren.
    »Ein bisschen Regen würde mir nichts ausmachen«, sagte Karen.
    »Er würde uns das Abendessen vermiesen.«
    »Vielleicht zieht es vorbei«, sagte Julie.
    Scott schüttelte den Kopf. »Sieht so aus, als ob die Wolken sich in unsere Richtung bewegen. Aber die Gewitter in den Bergen sind unberechenbar. Es könnte uns richtig erwischen. Oder es fällt kein Tropfen, und die Wolken wandern einfach weiter.«
    »Das Wandern ist des Müllers Lust«, sagte Karen.
    »Und der Fersen Frust«, fügte Scott hinzu.
    »Wie Benny«, sagte Julie. »Der erledigt jede Ferse.«
    Scott sah sie genervt an. »Warum hörst du nicht mal damit auf? Benny fühlt sich auch so schon schlecht genug.«
    »Er ist ja nicht hier.«
    Scott ignorierte den Einwand und blickte in die Ferne über das Tal hinweg. Karen lehnte sich an ihren Rucksack. Sie verschränkte die Hände hinter dem Kopf und zerknüllte dabei die weiche Krone ihres Huts. »Ich frage mich«, sagte sie, »ob es Heather bis zum Lake Wilson schafft.«

16
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    Ettie blickte verzweifelt durch eine Felsspalte. Das Glück hatte sie verlassen. Vielleicht präsentierte der Meister nun seine Strafe und zahlte ihnen heim, dass Merle über die beiden Camper hergefallen war und anschließend behauptet hatte, in Seinem Auftrag gehandelt zu haben, obwohl er doch nur den eigenen Bedürfnissen gefolgt war.
    Dann überlegte Ettie, ob sie die Dinge nicht falsch beurteilte. Es könnte eine Prüfung sein. Vielleicht sogar eine Gabe. Sie musste es herausfinden, damit sie wusste, was zu tun war.
    Eine Sache stand fest: Die Camper bereiteten sich auf einen längeren Aufenthalt vor.

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