Der Wald: Roman
kämmte, entdeckte sie eine zu kurze Strähne.
Ich habe euer Blut und euer Haar.
Die Schlampe hatte keinen Witz gemacht.
Karen hob das Glas. Die Kohlensäure kitzelte sie beim Trinken in der Nase. Danach zog sie die schmutzigen Kleider aus. Viele der Flecken an ihrem Hals, den Schultern und Brüsten hatten die Form von Zahnabdrücken.
Wunderbar. Das hatte der weibliche Deputy gesagt, als sie die Verletzungen inspiziert hatte. Karen war errötet, und auch jetzt bei der Erinnerung daran wurde sie wieder rot. Durch das aufsteigende Blut verschlimmerte sich das Pochen in ihrem Kopf.
»Wunderbar?«, hatte sie gemurmelt.
»Der Typ wäre der Traum jedes Kieferorthopäden. Die Spuren sind fast so gut wie Fingerabdrücke.« Dann hatte die Polizistin eine endlose Serie von Fotos geknipst – erst aus der Distanz, dann Nahaufnahmen jeder einzelnen Verletzung. »Und Sie sind sicher, dass er nicht ejakuliert hat?«, fragte sie, als sie fertig war.
»Spielt das eine Rolle?«
»Jein. Wenn er ohne Ihre Zustimmung eingedrungen ist, ist es in jedem Fall eine Vergewaltigung. Aber falls er Spermien hinterlassen hätte, könnte man sie untersuchen und daraus vielleicht seine Blutgruppe bestimmen. Das wäre ein guter Beweis vor Gericht.«
»Er hat nicht ejakuliert.« Aber Scott hatte ejakuliert. Wenn noch Spuren vorhanden waren, würde eine Samenprobe die Situation nur verkomplizieren.
Der Deputy zuckte die Achseln. »Wir können auch ohne leben.«
»Wir können auch ohne leben«, sagte Karen zu dem zerschundenen Gesicht im Spiegel. »Mein Gott.« Dann wandte sie sich ab. Das Pochen in ihrem Kopf nahm weiter zu, als sie sich über die Badewanne beugte und die Hähne aufdrehte. Sie wartete, bis das Wasser heiß war, legte den Hebel um und schaltete die Dusche ein. Dann stieg sie in die Wanne und zog den Plastikvorhang zu.
Es war ein herrliches Gefühl, als das Wasser auf sie herunterplätscherte, das Haar durchnässte, in ihr Gesicht sprühte und heiß an ihr herabfloss. Sie drehte sich langsam und seufzte, während der Strahl ihren Hinterkopf, den Nacken und die wunden Schultern traf. Mit sanftem Druck massierte er sie und linderte den Kopfschmerz. Sie wurde von einer Trägheit erfasst, die schon das Waschen als zu anstrengend erscheinen ließ.
Schließlich zwang sie sich, die Haare einzushampoonieren. Ihre Arme schmerzten, als sie den Schaum in die Kopfhaut rieb. Nachdem sie das Haar ausgespült hatte, stand sie reglos da und ließ die Arme schlaff herunterhängen, während das Wasser auf sie herabregnete und heiß über ihren Körper strömte. Sie wollte sich nicht bewegen, wollte sich nur noch in der einlullenden Wärme hinlegen. Aber zuerst musste sie sich säubern, den Staub der Wege, ihren Schweiß, den Dreck des Mannes, der sie mit seinen Berührungen beschmutzt hatte, abwaschen.
Sie trat aus dem Strahl, so dass das Wasser nur noch ihre Waden traf, und begann, sich mit einem Stück Seife einzuschäumen. Außer einer kleinen Stelle in der Mitte des Rückens, die sie nicht erreichen konnte, seifte sie sich von Kopf bis Fuß ein. Sie legte die Seife zurück in die Schale. Der Schaum umschloss sie wie ein glitschiger, enger Anzug. Mit einem nassen Waschlappen rieb sie sich ab. Trotz des Schmerzes, der aufflackerte, wenn sie ihre Verletzungen berührte, scheuerte sie fest über die Haut. Sie ging in die Hocke und rieb sich zwischen den Beinen, während der Strahl auf ihren Rücken plätscherte. Morgen, dachte sie, fahre ich beim Thrifty vorbei und kaufe mir eine Spülung. Sie wünschte, sie müsste nicht so lange warten, aber sie hatte keine Wahl, denn das Geschäft war bereits geschlossen.
Sie stand auf, spülte sich ab, wusch Gesicht und Ohren und war fertig.
Karen bückte sich und drückte den Stöpsel in den Abfluss. Mit einem Mal veränderte sich das Geräusch der Dusche; es wurde lauter, dumpf und prasselnd, nicht unähnlich dem Trommeln des Regens auf dem Zelt.
Es hatte nicht geregnet, als der Mann ins Zelt gekommen war. Geregnet hatte es erst, als sie wieder aufwachte. Während Scott sie geliebt hatte, hatte der Lärm des Regens auf der Zeltwand sie umgeben, war Teil des Ganzen gewesen, so nah wie das Klopfen ihrer Herzen und ihr schnaufender Atem.
Das war eine gute Erinnerung.
Karen setzte sich in die Wasserlache und rutschte nach hinten, bis sich nur noch ihre Beine außerhalb des Strahls befanden. Sie zog sie an und schlang die Arme um die Knie. So saß sie zusammengekauert unter der heißen Dusche,
Weitere Kostenlose Bücher