Der Wald: Roman

Badeanzugs bedeckt waren, während man die glatten Wölbungen der Seiten deutlich sehen konnte. Sie waren wunderschön, bis auf die Blutergüsse. Beim Anblick der blauen Flecken wurde Benny übel. Er wünschte, sie wären verheilt.
    Der schwarze Badeanzug klebte an Karen wie eine zweite Haut und ließ die Bögen ihrer Rippen, den flachen Bauch und sogar die leichte Senke des Nabels frei. Der Stoff ließ die Hüftknochen unbedeckt und fiel in spitzem Winkel zur Scham ab. Benny starrte auf die sanften Mulden, wo die Beine in den Unterleib mündeten. Eine dieser Mulden verschwand, als sie ein Knie anhob.
    Benny wusste, wenn er noch länger hinblickte, würde er die Beherrschung verlieren, deshalb wandte er sich ab. Er verschob einen Sessel, so dass er weiterhin freie Sicht auf Karen hatte, und setzte sich. Jetzt konnte er sie nicht mehr so deutlich sehen, aber er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sie heimlich beobachtete und dabei auch noch erregt war. Er verschaffte sich etwas Luft im Schritt, indem er ein Bein über das andere legte. Dann schlug er das Buch auf.
    Was für ein Glück, dass sich die Bibliothekarin an den Titel erinnert hatte. Er hatte sie von Anfang an nett gefunden, aber sie musste schon ein ganz besonderer Mensch sein, dass sie das Buch für ihn heraufgeholt hatte, obwohl er hinausgerannt und so ein Durcheinander hinterlassen hatte.
    Er musste daran denken, wie die Hand ihn gepackt hatte. Sein Penis schrumpfte, als wollte er sich verstecken. Als die Angst nachließ, zwang er sich, die Titelseite zu lesen.
    Hexensprüche und Zaubertränke: Ein Handbuch für Hexen und Zauberer von Jean Du Champes. Er blätterte zum Inhaltsverzeichnis weiter und überflog die Kapitelüberschriften:
1. Entstehung der Schwarzen Künste
2. Der Beginn der Reise
3. Handwerkszeug
4. Rutengehen
5. Liebeszauber
6. Verwünschungen
7. Gegenzauber
8. Hexenzirkel
Anhang 1 – Sternenkonstellationen
Anhang 2 – Glo ssar
Index
    Kapitel sieben über Gegenzauber klang, als wäre es das, wonach er suchte. Aber vielleicht sollte er trotzdem am Anfang beginnen und sich langsam vorarbeiten. Benny blätterte schnell durch die Seiten und erhaschte einen Blick auf seltsame Diagramme und Tabellen, ein merkwürdiges Bild, das wohl eine Baumfrau zeigte, Rezepte sowie alle möglichen Gedichte und Lieder. Er schlug die Seite mit der Baumfrau auf. Sie wurde als MANDRAGORA bezeichnet. Ein blättriger Busch schien aus ihrem Kopf zu wachsen. Ihr Körper, mit ausgestreckten Armen und Beinen, wurde vom Stamm gebildet. Benny betrachtete die grob gezeichneten Brüste und die Vagina. Dann blickte er durch die Glastür zu Karen und versuchte sich vorzustellen, wie sie ohne den Badeanzug aussehen würde. Ein paarmal hatte er Julie versehentlich nackt gesehen. Aber das war etwas anderes, sie war seine Schwester. Karen so zu sehen … Er zwang sich, den Blick abzuwenden, und blätterte bis zum Ende des Buchs. Es hatte 264 Seiten.
    Er war kein schneller Leser. Bei ungefähr fünfundzwanzig Seiten in der Stunde würde er mindestens zehn Stunden brauchen, um das ganze Buch durchzulesen. Er sollte besser mit dem wichtigen Kapitel beginnen. Später, wenn er Zeit hatte, könnte er den Rest lesen. Den Teil über die Liebeszauber. Vielleicht könnte er … Nein! Das ist böses Zeug. Es ist falsch, damit herumzuspielen. Und gefährlich. Es ist in Ordnung, mit Hilfe von Magie einen Fluch zu bekämpfen, aber Karen mit einem Zauberspruch … Er fand den Gedanken aufregend, aber zugleich rief er eine starke Abscheu in ihm hervor.
    Das tue ich nicht! Auf keinen Fall!
    Er blätterte zurück zum Inhaltsverzeichnis, suchte die Seitenzahl des Kapitels über Gegenzauber heraus und schlug es auf. Es war dreißig Seiten lang. Mit einem Seufzer begann er zu lesen:
Vorsicht! Wenn Sie die dunklen Pforten der Magie durchschreiten, werden Sie sich zwangsläufig früher oder später die Feindschaft derer zuziehen, die Ihrer Kunst ablehnend gegenüberstehen und ihre Kräfte nutzen, um Ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Sollte es Sie unvorbereitet treffen, sind Sie der Gnade Ihrer Widersacher völlig ausgeliefert und schutzlos gegenüber mächtigen Angriffen, die Unfälle oder gar den Tod hervorrufen können. Um Ihre Sicherheit zu gewährleisten, müssen Sie Vorkehrungen treffen, die einen schützenden Vorhang um Sie, Ihre Lieben und Ihr Heim legen.
    Um diesen Schutzzauber durchzuführen, müsste er in einer Neumondnacht mit einem Kelch gereinigten Wassers um das Haus