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Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Titel: Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Tessendorf
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Autos, die nicht zu seinem Inventar gehörten. Sie hatten blinkende Blaulichter auf dem Dach. Olga starrte mit offenem Mund hinunter.Wie Ameisen liefen die Beamten hin und her und trugen stapelweise kleine weiße Kisten aus der Felswand unterhalb von Olga. Manche Polizisten standen herum und überwachten die Aktion. Robert Hunter selbst konnte sie nicht sehen.
    Sie blieb liegen und fischte ihr Handy aus ihrer Jeanstasche. Ines meldete sich beim dritten Klingeln. Ihre Stimme war umgeben von Kindergeplapper. Olga stieß ein lautes Stöhnen der Erleichterung aus.
    »Wo waren sie?«, fragte sie.
    »Ganz in der Nähe. Sie sind einem Reh nachgelaufen. Es ist nichts passiert.«
    »Aber hier ist was passiert.«
    »Wo bist du?«
    »Ich liege am Steinbruch und sehe zu, wie sie Roberts Lager ausräumen. Sieht nach Hehlerware aus.«
    »Ah! Jetzt kommt Bewegung in die Sache.«
    »Du wusstest also nichts davon?«, fragte Olga.
    »Nein, aber ich habe mir so was gedacht. Euer Robert war in seiner Branche bereits auffällig. Er hat gefälschte Markenartikel unter die Leute gebracht, in großem Stil.«
    Olga musste an Roberts Geschäftspartner aus Hamburg denken. Sie waren bestimmt nicht hier, um die Idylle des Waldes zu genießen und Bergischen Zwieback zu essen.
    »Könnte Juli davon gewusst haben?«, fragte Olga und hörte durch das Telefon, wie Viktor rief, dass er jetzt der Pirat und Marfa die Prinzessin sein solle, die er gleich erdrosseln würde.
    »Piraten entführen Prinzessinnen und ermorden sie nicht gleich«, rief Ines zu ihnen herüber. »So können sie den König erpressen und Lösegeld verlangen.«
    Plötzlich schoss es Olga durch den Kopf: »Produktpiraten! – Juli erzählte was von Produktpiraten. Als wiruns nachts, beim Klassentreffen am See unterhielten. Sie hat daran gearbeitet.«
    »Hm   … und du meinst, da ist sie mit Robert kollidiert? Hat ihn durch ihre Recherchen in Bedrängnis gebracht?«, fragte Ines.
    »Kann doch sein, dass Robert sie als Bedrohung empfunden hat. Du kennst doch Juli. Sie ist die klassische investigative Journalistin. Wenn sie einmal Witterung aufgenommen hat, dann bleibt sie dran.«
    Olga dachte über diese neue Möglichkeit nach. Dann merkte sie, dass sie gerade eben über Juliane gesprochen hatte, als wäre sie noch da, nur in einem Zwischenreich gefangen, das sie erst verlassen konnte, wenn ihr Mörder identifiziert war. Sie sah Juliane vor sich, wie sie sich auf dem Steg am See räkelte und zufrieden den Rauch der Zigarette in die Luft hauchte   … zufrieden mit sich und damit, die Dinge kontrollieren zu können.
    »Sie ist ihm vielleicht ohne Absicht zu nahe gekommen«, überlegte Ines. Sie hatte offensichtlich keine Argumente, diese neue Variante zu ignorieren.
    »Juliane tut nichts ohne Absicht«, entgegnete Olga.
    »Haben sie Robert denn schon verhaftet? Kannst du irgendetwas sehen?«, fragte Ines.
    »Ich sehe nur Polizisten, die seine Verstecke ausräumen. Der ganze Steinbruch ist durchlöchert wie ein Käse. Sie laufen überall herum und suchen. Aber Robert sehe ich nicht.«
    »Olga?«
    »Ja?«
    »Bitte   … Mach, dass du von dort wegkommst. Sofort. Wir sind auf dem Weg ins ›Luis‹.«
    Olga hatte aus lauter Sorge um die Kinder ihre eigene Angst total vergessen. Sie robbte rückwärts von derKante zurück und stand langsam auf. Sie hatte sich vorgenommen, nicht mehr allein und ohne Gewehr in den Wald zu gehen, und ihren Vorsatz bei erster Gelegenheit über den Haufen geworfen.
     
    Eigentlich hätte Olga sich freuen müssen, dass das »Luis« in diesem Sommer wieder die Funktion der alten Waldklause eingenommen hatte. Die Bar und die Hütte waren zum Treffpunkt aller geworden. Man brauchte gar keine Handys. War irgendetwas passiert oder brauchte man Informationen, so rannte man hinauf zur Hütte oder gleich ins »Luis«.
    Als Olga die große gläserne Flügeltür öffnete, lief Marfa ihr freudig entgegen, um sie zu begrüßen.
    »Hallo, kleine Prinzessin«, rief Olga. »Hast du dich wieder aus der Gewalt der Piraten befreit, oder hat der König dich freigekauft?«
    »Ich hab den Piraten mit Schokolade abgelenkt und bin schnell weggelaufen«, rief Marfa vergnügt.
    »Das ist gut«, sagte Olga im Hineingehen. »Man muss die Schwächen des Gegners nutzen.«
    Thorvald stand an der Bar und sah gerade zur Tür. Er rannte auf Olga zu und zeigte auf sein Handy.
    »Benno ist aufgewacht!«, rief er und umarmte Olga. Er freute sich wie ein Kind.
    Die schwere Last der Sorge fiel von

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