Der Wald wirft schwarze Schatten
stellt den Motor ab.
«So viel Wald!»
«Das kann man wohl sagen. Komm, steig aus.»
Lukas löst den Sicherheitsgurt und hüpft in das welke Gras. Robert öffnet den Kofferraum, nimmt den Rucksack heraus und überprüft den Inhalt. Sie sind gut ausgerüstet. Der Einweggrill, ebenso ein Päckchen Würstchen, Kartoffelpfannkuchen, eine Rolle Klopapier, eine Tafel Schokolade, Brot, Tubenkäse, Marmelade und ein paar Äpfel. Saft und Wasser. Zelt und Schlafsäcke. Taschenlampe.
Er nimmt den Umschlag aus der Tasche und zieht die alte Karte heraus. Bis zum Kreuz – oder Lukas’ Schatz – scheint es ungefähr sechs Kilometer weit zu sein. Wenn es ihnen gelingt, gleich den Pfad zu finden und sich unterwegs nicht zu verlaufen, stehen die Chancen nicht schlecht, dass sie es bis dorthin und wieder zurück zum Auto schaffen, ehe es dunkel wird. Und dann ist die Expedition überstanden, und sie können weiterfahren, einen Abstecher über die Grenze machen und sich in Dalarna etwas Nettes zum Übernachten suchen.
«Ich hab Hunger», sagt Lukas.
«Hast du nichts mehr in deiner Brotdose?»
«Alles schon aufgegessen.»
«Was hältst du von einem Apfel? Und dann machen wir uns was Richtiges, wenn wir da sind.»
Es ist immer gut, noch etwas in der Hinterhand zu haben, um den Jungen weiterzulocken. Bei dem Gedanken an ein paar Grillwürstchen legt er sicher einen Zahn zu.
«Dann setz mal den Rucksack auf.»
Lukas zerrt den Rucksack von der Rückbank und hält ihn Robert hin, damit er ihm hilft.
«Der ist aber leicht», sagt Robert und macht ihn auf.
Die braunen Glasaugen von Lukas’ Kuschelhund schauen ihn an.
«Wo sind deine Anziehsachen geblieben? Das Regenzeug? Die Gummistiefel?»
Lukas glotzt ihn stumm an.
«Wo ist das alles?»
«Ich hab doch gesagt, dass Wolf mitmuss. Hab ich gesagt.»
«Und was willst du machen, wenn du frierst?»
«Ich friere nicht! Es ist total heiß.»
«
Jetzt
, ja. Aber nachher kühlt es ab.»
«Ich friere nie!»
«Dann nicht», seufzt Robert, schlägt den Kofferraumdeckel zu und setzt den Rucksack auf. Aber das hat auch sein Gutes. Die fehlenden Kleider sind ein noch besserer Grund, dass sie vor Einbruch der Dunkelheit und möglichem Nachtfrost wieder beim Auto sein müssen.
«Lass mich mal auf die Karte gucken, Papa!»
Er reicht Lukas das Papier.
«Hier müssen wir lang», ruf Lukas und zeigt auf die Karte. «Da!»
Robert sucht mit den Augen den Wegrand ab, er ist dicht bewachsen. Hohe Kiefern, Moos und Gestrüpp. Nirgendwo auch nur die Andeutung eines Steigs. In solchen Fällen ist er sogar ein bisschen dankbar, dass er bei den Pfadfindern gewesen ist. Kein Problem, sich mit Karte und Kompass zu behelfen, wenn man weiß, wo man ist. Kein Problem, aus dem Bach zu trinken, wenn man weiß, welches Wasser sich eignet. Vom Lagerfeuermachen mit nur einem Streichholz oder dem Lesen von Tierfährten ganz zu schweigen. All das wird er Lukas beibringen, der es aufsaugen wird wie ein Schwamm.
«Ist es weit, Papa?»
«Eine Stunde vielleicht, oder zwei.»
«Das ist weit. Aber das macht ja nichts. Wir übernachten ja.»
«Das glaube ich nicht.»
«Ich
will
aber übernachten!»
«Das ist mir schon klar.»
«Und das tun wir auch.»
Robert deutet in den Wald. «Sollen wir es da mal versuchen?»
«Durchs Gebüsch?», fragt Lukas. «Au ja, das sieht lustig aus!»
«Wenn du einen Weg entdeckst, sagst du Bescheid.»
Sie springen über den Graben am Wegrand, zwängen sich durch das Gestrüpp und erklimmen eine kleine Steigung.
«Sind wir so was Ähnliches wie Pfadfinder?»
«Nicht nur so ähnlich. Wir sind Pfadfinder.»
«Dann bin ich Indiana Jones.»
«Und ich muss dann wohl sein alter Vater sein.»
«Und dann kommen die Eingeborenen und schießen mit Giftpfeilen auf uns. Aber mich treffen sie nicht, nur dich.»
«Das ist ja ungerecht.»
«Und dann fällst du tot um. Und ich muss dich retten.»
«Wenn ich tot bin, kannst du mich schlecht retten.»
«Doch! Ich ziehe einfach den Giftpfeil aus deinem Hals und sauge das Gift aus der Wunde. Und dann wachst du wieder auf. Puff. Genau wie Schneewittchen.»
Lukas lässt sich auf ein Graskissen fallen.
«Besser, wir machen noch keine Pause», sagt Robert.
«Das sind Blaubeeren, Papa!»
«Die sehen alt und verschrumpelt aus.»
«Die sind lecker!»
Das Kind stopft sich Beeren in den Mund.
«Komm, steh auf. Wir müssen rechtzeitig ankommen, bevor es dunkel wird.»
«Das ist doch noch ewig hin.»
Er schaut zum Himmel. Ja,
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