Der Waldläufer
die er vernommen hatte, in Aufregung war, wurde nicht böse über die augenblickliche Ruhe; er hoffte nämlich, der gewesene Grenzjäger werde sie benützen, um seine verwirrt gegebenen Aufschlüsse zu vervollständigen, da er ja doch behauptete, einem Ereignis nicht fremd geblieben zu sein, von dem Fabian bis jetzt nur einen dunklen Begriff hatte.
Aber der spanische Jäger schwieg. Der Anblick desjenigen, der durch sein Zutun verwaist und seiner Güter und seines Namens beraubt worden war, weckte Gewissensbisse auf, die zwanzig Jahre nicht hatten töten können. Pepe betrachtete beim Licht des anbrechenden Tages schweigend das Kind, das er einst an den sandigen Küsten Elanchoves hatte spielen sehen. Der Stolz, der rücksichtslose Blick seiner Mutter lebte in den Augen des Sohnes; seine Haltung, sein ausdrucksvolles, männliches Gesicht erinnerten an seinen Vater Don Juan de Mediana; aber eine rauhe, an Anstrengungen reiche Jugendzeit hatte einen Mann aus Fabian gemacht, der körperlich viel kräftiger war als derjenige, von dem er das Leben empfangen hatte.
Pepe entschloß sich endlich, das Schweigen, das bittere Erinnerungen ihn bewahren ließen, zu brechen. »Blickt immer so wie ich scharf auf den Fußpfad, der sich unter diesen Bäumen verliert«, sagte er, »und wendet den Kopf nicht ab. Bois-Rosé und ich, wir sprechen immer so miteinander in gefährlichen Augenblicken; hört aufmerksam auf meine Worte!«
»Ich höre«, antwortete Fabian, indem er den Anordnungen Pepes Folge leistete.
»Habt Ihr aus Eurer Kindheit nicht noch genauere Erinnerungen als diejenigen, die Ihr dem Kanadier mitgeteilt habt?« begann der alte Grenzjäger.
»Ich habe vergeblich mein Gedächtnis befragt, seit ich wußte, daß Marcos Arellanos nicht mein Vater war; und obgleich dies schon lange her ist, so erinnerte ich mich doch nicht einmal dessen, der meine erste Kindheit gepflegt hat.«
»Und der weiß nicht mehr als Ihr«, fuhr Pepe fort. »Ich kann Euch sagen, was Ihr nicht wißt.«
»So sprecht doch, um Gottes willen!« rief Fabian.
»Still! Nicht so laut! Diese Wälder, so einsam sie auch sind, umschließen doch ohne Zweifel die Feinde Eures Geschlechts; es sei denn, daß man es auf mich allein abgesehen hat. Da ich übrigens Euch nicht sogleich erkannt habe, so ist es möglich, daß er Euch ebensowenig erkannt hat.«
»Wer? Von wem sprecht Ihr?« fragte Fabian lebhaft.
»Vom Mörder Eurer Mutter; von dem, der Euch Eure Titel, Eure Würden, Eure Reichtümer und Euren Namen gestohlen hat.«
»Ich bin also edel geboren und reich?« fragte Fabian, dessen erster Gedanke sich auf Doña Rosarita richtete, gleichsam, um ihr mit einem Adel und einem Reichtum, die er nur deshalb schätzte, weil er sie ihr anbieten
Hier fehlen 3 Buchseiten. Diese werden ergänzt, sobald wir das Buch neu besorgen können. Re.
geschossen, ohne ihn zu treffen. Es waren aber noch vier andere Reiter bei ihm, und in dem einen habe ich den erkannt, der sich hier Don Estévan nennen läßt und der niemand anderer ist als ...«
»Ich habe lediglich den Mann mit der Lederweste gesehen«, unterbrach ihn Bois-Rosé, »und habe die Büchse bei mir, die er bei seinem Sturz hat fallen lassen. Aber bist du nicht verwundet?« wandte er sich lebhaft an Fabian.
»Nein, nein, mein Freund – mein Vater!« erwiderte Fabian und warf sich in die ausgebreiteten Arme des Kanadiers, der ihn mit nassen Augen an sein Herz drückte und ausrief, als ob er ihn zum erstenmal sähe: »Ach, wie groß er ist! Wie schön ist jetzt der kleine Fabian!«
Dann aber fielen ihm seine Blässe und seine feierliche Haltung auf, und er befragte sorgenvoll das Kind, das er eben wiedergefunden hatte.
»Pepe hat mir alles gesagt!« antwortete Fabian. »Ich weiß, daß sich unter jenen Männern der Mörder meiner Mutter befindet!«
»Ja«, sagte Pepe, »der Mann mit der Thunfischerei! Aber – bei der Heiligen Jungfrau von Atocha! – wollen wir ihn etwa entschlüpfen lassen?«
»Das wolle Gott nicht!« rief Fabian.
Schnell berieten sich die drei Freunde und faßten den Entschluß, so schnell wie möglich die hölzerne Brücke zu erreichen, die wir schon erwähnt haben, da dies der einzige Weg war, der nach Tubac führte.
26 Das Blut der Mediana
Nachdem Oroche und Baraja mehrmals ihre Büchsen erfolglos abgeschossen hatten, da die Entfernung zu groß war, als daß die Kugeln hätten gefährlich werden können, so beeilten sie sich, mit Cuchillo wieder zusammenzutreffen.
Der Bandit
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